Augsburger Allgemeine (Land West)
Schritt für Schritt trauen sich die Giraffen ins Freie
Die Tiere, die in den vergangenen Monaten im Augsburger Zoo ein neues Zuhause gefunden haben, entdecken jetzt vorsichtig das Afrikapanorama. Dass sie so ängstlich sind, hat verschiedene Gründe
Die Wettervorhersage ist perfekt. Heiß soll es in den nächsten Tagen werden und vor allem eins: trocken. Das klingt vielversprechend für Besucher des Augsburger Zoos, denn dann können sie womöglich die drei Giraffen auf dem großen Afrikapanorama beobachten. Raus geht es nur, wenn es trocken ist, und vor allem nur, wenn es die Giraffen auch wirklich wollen, betont Zoo-Chefin Barbara Jantschke. Daran scheitert momentan noch der eine oder andere Besuch im Freien, denn die Giraffen sind sehr vorsichtig.
Ende April kamen die jungen Giraffendamen Zarafa aus Brünn (Tschechien) und Kimara aus Kronberg (Hessen) nach Augsburg. Beide sind etwa zweieinhalb Jahre alt. Giraffendame Gaya stieß wenig später dazu. Sie kam aus dem Pariser Zoo und ist mit ihren elf Jahren um einiges älter als ihre beiden Gefähr- tinnen. „Wir dachten, dass sie die Führungsrolle übernimmt. Das macht sie aber nicht“, sagt Barbara Jantschke. Während die beiden jungen Tiere bereits Ende Juni das erste Mal das Afrikapanorama inspizierten, traute sich Gaya erst vor wenigen Tagen hinaus. „Sie ziert sich. Sie hat lange gebraucht, bis sie überhaupt einen Huf auf das Grün gesetzt hat. Wahrscheinlich kennt sie es von Paris nicht“, vermutet Barbara Jantschke, warum Gaya so vorsichtig ist.
Bei ihrem Freigang war sie dann sehr nervös, mehrere Mitarbeiter waren im Einsatz, damit die Tiere nicht in Panik verfielen. „Giraffen sind Herden- und auch Fluchttiere. Gaya hat die beiden anderen Giraffen einen Moment nicht gesehen, weil sie um die Ecke waren. Dann ist sie nervös geworden und galoppierte los“, erzählt die Zoo-Chefin. Weil sie mit dem Freigelände ihres neuen Zuhauses noch nicht so vertraut ist, waren Zoo-Mitarbeiter am Rand des Afrikapanoramas postiert, die die Arme hoben, sobald sie sich ihnen näherte. „Den Graben kennt sie nicht und sieht ihn womöglich auch erst einmal nicht“, so Barbara Jantschke. Bei ihrer imposanten Größe von 4,70 Metern schweift der Blick nun einmal erst in die Ferne. Aufgrund der Ängstlichkeit der Giraffen wollen die Zoo-Chefin und ihre Mitarbeiter nichts überstürzen. „Wir wollen nichts erzwingen“, sagt Barbara Jantschke. Wenn es draußen nass ist, dürfen die Tiere derzeit ohnehin nicht hinaus. „Die Gefahr, dass sie ausrutschen, ist zu groß.“Sobald es trocken ist, steht es den Tieren frei, wo sie sich aufhalten – im Giraffenhaus oder im Freigelände. Die Besucher können sie so oder so sehen. Zoo-Chefin Barbara Jantschke ist sich sicher, dass sich alles einspielen wird. „Es dauert nur ein bisschen.“
Es ist keine übertriebene Vorsicht, die die Mitarbeiter des Augsburger Zoos an den Tag legen. Wie schreckhaft Giraffen sind, haben sie in den vergangenen Jahren selber mitbekommen. Zur Erinnerung: Vor vier Jahren hatte es einen tödlichen Unfall bei den damaligen Giraffen gegeben. Der junge Kiano wurde derart von einem springenden Zebra erschreckt, dass er gegen einen Metallstab rannte, einen Schädelbruch erlitt und starb. Nach mehreren Todesfällen wurde die Giraffenhaltung im Zoo Augsburg im Jahr 2015 vorübergehend aufgegeben. Die veraltete Anlage wurde anschließend modernisiert, um eine neue Herde aufbauen zu können.