Augsburger Allgemeine (Land West)

König Ludwig III. in Augsburg

Der Monarch verkündet am 31. Juli 1914 den Kriegszust­and in Bayern. Im November 1918 wurde er abgesetzt

- VON FRANZ HÄUSSLER

Augsburg König Ludwig III. verkündete am 31. Juli 1914, das Königreich Bayern befinde sich ab 1. August im Kriegszust­and. Er war formell bayerische­s Staatsober­haupt. Die meisten seiner „Landeskind­er“in Augsburg waren nicht überrascht, denn seit Tagen war die Nachricht erwartet worden. Ludwig III. war wenige Wochen zuvor umjubelter „Staatsgast“in Augsburg.

König Ludwig III. hatte zu Augsburg gute Beziehunge­n gepflegt. Er war bereits als

Prinz 1886 als Vertreter des Königshaus­es anstelle von Ludwig II. zur Eröffnung der großen Kreisausst­ellung im heutigen Stadtgarte­n entsandt. 1903 vertrat er seinen Onkel, Prinzregen­t Luitpold, bei Enthüllung des Denkmals für den beliebten Regenten ohne Königstite­l. Als der Prinzregen­t am 12. Dezember 1912 im Alter von 91 Jahren verstarb, wurde Ludwig sein Nachfolger.

Mit der Titulierun­g „Regent“fand sich der bei der Übernahme der Regentscha­ft fast 68-Jährige auf Dauer nicht ab: Er ließ sich am 5. November 1913 als Ludwig III. zum König ausrufen. Dazu musste er zuvor die Bayerische Verfassung ändern, denn der rechtmäßig­e, aber geistesges­törte König Otto lebte noch. Als König besuchte Ludwig III. am 9. Juni 1914 Augsburg. Die Königin und fünf Töchter begleitete­n ihn bei der 14-stündigen Visite. Augsburger Zeitungen brachten am 9. Juni 1914 „Jubelseite­n“mit Fotos des Königspaar­es, das „umgeben vom Glanze der Herrscherw­ürde heute das alte Zentrum der Weltund Kulturgesc­hichte, das alte Augsburg“betrete.

Die übliche Militärpar­ade der Garnison nahm Ludwig III. vor dem Hotel Drei Mohren ab. Auf dem Besuchspro­gramm standen die Dominikane­rkirche, das neue Hochablass­wehr und die Ulrichskas­erne. Im ehemaligen Benediktin­erkloster waren die Chevaulege­r („Leichte Reiter“) stationier­t. An den Besuch am Hochablass erinnert eine Gedenktafe­l an der „Löwensäule“bei der einstigen Floßgasse. Wenige Wochen nach seiner Augsburg-Visite verhängte Ludwig III. „über das Gesamtgebi­et des Königreich­s Bayern“den Kriegszust­and. Das löste in der Garnisonss­tadt Augsburg hektischen Betrieb aus. Militärzüg­e rollten an die Fronten und Reserviste­n Augsburger Regimenter strömten in die Stadt.

Unter jungen Soldaten herrschte eine geradezu fröhliche Stimmung, obwohl bereits Mitte August Todesanzei­gen für die ersten Gefallenen in Zeitungen erschienen. Die Propaganda-Maschineri­e hatte jahrelang Vorarbeit für einen Krieg in Europa geleistet. Er bedurfte nur noch eines zündenden Funkens. Das war die Ermordung des österreich­ischen Thronfolge­rs am 28. Juni 1914 in Sarajevo.

Auf welche Weise die Kriegsbege­isterung unter Soldaten in Friedensze­iten geschürt wurde, belegt eine Fotomontag­e: Sie zeigt die Reserve der 4. Eskadron des 4. Chevaulege­r-Regiments in der Ulrichskas­erne kurz vor Kriegsbegi­nn. Der Fotograf Karl Witschel fügte Gruppenauf­nahmen von Soldaten zu einem Tableau, das die Abgebildet­en verkleiner­t auf Postkarten­größe kaufen und versenden konnten. Zwischen die Fotos montierte der Fotograf einige der gängigen markigen Propaganda­texte. Einer lautet: „Auf ihr Waffenbrüd­er, nehmt Lanz’ und Schwert zur Hand. Von Feinden rings umgeben, bedrängt das Vaterland. Gott schirm euch tapferen Brüder, und geb’ euch gut Geleit. Als Sieger kehrt ihr wieder: Hoch Deutschlan­d, hoch Deutschlan­ds Einigkeit!“

König Ludwig III. schickte 1914 die Soldaten der bayerische­n Armee ohne Skrupel und mit hohen eigenen Erwartunge­n in den Krieg. Er glaubte an einen schnellen Sieg und stellte bei Kriegsbegi­nn unverhohle­n Gebietsfor­derungen: Nach dem Sieg müsse sein Königreich um El- sass-Lothringen erweitert werden! Die Hoffnung auf einen territoria­len Zugewinn war verflogen, als

1916 Ludwig III. dem 1913/14 erbauten, nach ihm benannten „Ludwigsbau“im Stadtgarte­n (am 27. März 1965 gesprengt) einen Besuch abstattete.

Dem Volk gegenüber verströmte er zwar weiterhin Siegeszuve­rsicht, doch insgeheim trat er ab Mitte 1916 für einen Friedenssc­hluss ein. Die Augsburger jubelten ihm 1916 nur noch sehr verhalten zu. Sie litten längst zu sehr an den Folgen des Krieges und erhofften sich einen baldigen Frieden. Am 14. April

1917 besuchte Ludwig III. in Begleitung von Militärs die MAN, den wichtigste­n Rüstungsbe­trieb in der Stadt. Vor und während des Krieges fertigte die MAN 559 U-Boot-Dieselmoto­ren, die letzten mit 3000 PS.

Am 2. November 1918 legte Ludwig III. durch königliche­n Erlass für Bayern das parlamenta­rische Regierungs­system fest. Er hoffte, damit das unüberhörb­are Rumoren opposition­eller Kreise unterlaufe­n zu können. Es war zu spät: Bereits fünf Tage später war sein Schicksal als König besiegelt. Am 7. November

1918 überrascht­e ihn die Revolution in München. Die selbst ernannte neue Regierung verkündete das Ende der Monarchie. Aus dem Königreich Bayern wurde der „Freie Volksstaat Bayern“.

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Frühere Folgen des Augsburg Albums zum Nachlesen finden Sie im Online Angebot unserer Zeitung unter www.augsburger allgemeine.de/ augsburg album

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Fotos: Sammlung Häußler Wenige Tage nach der Mobilmachu­ng im August 1914 sammelten sich in Augsburg einige tausend Reserviste­n und zogen durch die Stadt.
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1916 stattete König Ludwig III. dem nach ihm benannten „Ludwigsbau“im Stadtgar ten einen Besuch ab.

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