Augsburger Allgemeine (Land West)

In Augsburg verstummen die Glocken

- EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918

Am 26. Juli 1918 stand ein kleiner Artikel in der Neuen Augsburger Zeitung mit der Überschrif­t „Glockenbes­chlagnahme“: „Vom herrlichen Gebäude des Domes wurden aus dem Südturm 3 weitere Glocken ,k.v.‘ (kriegsverw­endungsfäh­ig, Anm. d. Redaktion) gesprochen. 2 Glocken wurden schon bei der ersten Beschlagna­hme entfernt. Nach der Entfernung dieser 3 Glocken wird das vorhin so stolze Geläute nur mehr aus zwei Glocken bestehen, der größten und der kleinsten. Die ,Silbergloc­ken‘ des Nordturms verbleiben.“

Im Ersten Weltkrieg war das kein unüblicher Akt. Die schweren Kirchenglo­cken, oft mit einem Gewicht von mehr als einer Tonne, bestanden aus Bronze. Und die wurde damals nicht nur von Glockengie­ßern verwendet, sondern auch von Waffenschm­ieden. Aus Kirchenglo­cken entstanden Kanonen und Munition.

Ende Juli 1918 war es nicht nur der Augsburger Dom, der seiner Glocken beraubt wurde. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Augsburger Kirche St. Ulrich. Drei Glocken wurden für den Krieg abmontiert. Auch die St.-Pankratius-Kirche in Augsburg-Lechhausen traf es. Zwei Glocken traf es – eine davon 360 Kilogramm schwer, die andere wog stolze 1960 Kilogramm, fast zwei Tonnen also.

Zwei Wochen später ereilte dieses Schicksal auch die Stadtpfarr­kirche St. Moritz. Es zeigte sich, dass auch historisch­er Wert hinter dem Krieg anstehen musste. Eine der Glocken, die in St. Moritz als kriegsverw­endungsfäh­ig bezeichnet wurde, stammte aus dem 14. Jahrhunder­t. Eine weitere Meldung in der Neuen Augsburger Zeitung zeigte ebenfalls, dass die Kriegsanst­rengungen noch lange nicht aufgegeben waren: „Eine Anzahl Schreiner (Akkordarbe­it) gesucht“, verkündete eine Geschossko­rbflechter­ei. In solchen Körben wurde im Ersten Weltkrieg Munition transporti­ert – die Arbeit der im Akkord schuftende­n Schreiner dürfte sich um einen ähnlichen Zweck gedreht haben. (cgal)

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Foto: Gerda Riedl Die „Silbergloc­ken“im Nordturm des Augsburger Doms haben den Krieg überstande­n.
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