Augsburger Allgemeine (Land West)

Wärme zur Miete

Wohnen Ist die Heizung kaputt, muss nicht unbedingt eine neue gekauft werden. Es gibt Leasingmod­elle für solche Anlagen. Doch Verbrauche­rschützer sehen hierin mehr Nach- als Vorteile

- VON UWE ROTH

Eine Gasbrennwe­rtheizung kostet locker zwischen 6000 und 8000 Euro. Wird sie beispielsw­eise mit Solartherm­ie oder einer Wärmepumpe kombiniert, sind mehr als 10 000 Euro fällig. Eine solche Summe hat nicht jeder in Reserve. Statt Barzahlung kann der Eigenheimb­esitzer einen Kredit aufnehmen. Oder er kann eine Heizung leasen – ähnlich wie es beim Auto gemacht wird.

Die Energiebra­nche spricht hierbei von Contractin­g. Anbieter solcher Mietheizun­gen sind größtentei­ls Energiever­sorger, die mit Heizungsba­uern und Handwerksb­etrieben zusammenar­beiten. Der Kunde schließt einen Vertrag und überweist monatlich einen Grundpreis für die Anlage. Geworben wird mit Preisen zwischen 70 und 100 Euro, obendrauf kommen die Verbrauchs­kosten.

Der Anbieter kümmert sich im Gegenzug um den Einbau und die Wartung der Anlage. Er übernimmt sogar die Gebühren für den Schornstei­nfeger. Und bei einer Störung steht ein 24-Stundendie­nst parat. Anbieter verkaufen diese Dienstleit­ungen als Rundum-Sorglos-Paket.

Doch auf dem Markt tun sie sich mit solchen Verspreche­n schwer. Zwar gibt es laut Isabell Bilger vom Verband für Energie- und Wasserwirt­schaft zur Marktentwi­cklung bei Privatkund­en keine belastbare­n Zahlen“, aus den Mitgliedsu­nternehmen kommen aber Rückmeldun­gen, die „einen eher stagnieren­den Markt“aufzeigen.

Der Herr im eigenen Haus?

Die Versorger führen die Zurückhalt­ung der Kunden auf die niedrigen Zinsen und Energiekos­ten zurück, erklärt Bilger. Zudem sei es schwierig, kooperatio­nswillige Handwerker zu finden, da deren Auftragsbü­cher voll seien. Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima ist ähnlich kritisch: „Privatkund­en interessie­ren sich nicht sonderlich dafür. Sie wollen Herr ihrer Heizung und ihres Hauses sein.“Er vermutet, Verbrauche­r fürchteten, im Winter an der kalten Heizung zu sitzen, weil der Anbieter seine Verspreche­n nicht einhalten oder insolvent gehen könne.

Das Contractin­g ist jedoch kein neues Modell. Das Hauptgesch­äft machen die Versorger mit Wohnungsba­ugesellsch­aften und sonstigen Unternehme­n. Sie erhalten statt einer Heizung meistens ein eigenes Blockheizk­raftwerk (BHKW), das zusätzlich Strom erzeugt. Aber seit es möglich ist, BHKWs in der Größe einer Waschmasch­ine herzustell­en, kommen Einfamilie­n- und kleinere Mehrfamili­enhäuser dafür infrage. Im Privatbere­ich sind aber Gasbrennwe­rtheizunge­n die am häufigsten installier­ten Anlagen.

Die Verträge werden mit dem Eigentümer einer Immobilie in der Regel über eine Laufzeit von zehn Jahren abgeschlos­sen. Je nach den Bedingunge­n kann der Kunde nach Vertragsen­de die Heizung kostenlos oder zum Restwert übernehmen. Bei größeren Anlagen wird öfter eine Fortführun­g des Vertrags vereinbart.

„Generell ist Contractin­g nicht automatisc­h günstiger als Eigeninves­tition“, sagt Bilger. „Es nimmt dem Bauherren aber über die Vertragsla­ufzeit das Betriebsri­siko und dämpft Kostenanst­iege über die Laufzeit.“Je größer das Projekt, desto eher lohnt sich ihrer Ansicht nach diese Vertragsfo­rm. Auch Hausbesitz­er mit niedrigen Einkommen ließen sich auf die Angebote ein, berichtet Bilger. Denn ihnen fehlen oft die Eigenmitte­l für eine neue Heizung.

Lohnt sich das wirklich?

Carla Groß von der Verbrauche­rzentrale sieht die Angebote mit Skepsis. Den Profit mache eindeutig und in erster Linie der Anbieter. Das Problem sei die Vertragsla­ufzeit. „Es gelten üblicherwe­ise die Allgemeine­n Vertragsbe­stimmungen für Fernwärme“, erläutert Groß. Diese sehen maximal zehn Jahre Laufzeit und jeweils fünf Jahre für eine Verlängeru­ng vor. „Der Contractor kann damit seine Investitio­n und seinen Gewinn absichern.“

Wer die Immobilie selbst bewohnt, sollte auf die Vertragsbe­dingungen schauen, die am Ende der Laufzeit gelten. „Die Anlage hat ist dann sicher zum Teil schon abbezahlt, aber sie gehört dem Vertragsne­hmer trotzdem nicht.“Vorteile sieht Groß für Vermieter: Sie müssen sich nicht um die Heizung kümmern und können die Mehrkosten über die Heizkosten­abrechnung direkt an die Mieter durchleite­n.

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Foto: Andreas Warnecke, tmn Eine Heizung muss man nicht besitzen, sie lässt sich – wie beispielsw­eise auch Autos – leasen. Die Branche spricht in dem Fall von Contractin­g.

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