Augsburger Allgemeine (Land West)
Vom Vorzeigeland zum Krisenstaat
Simbabwes Wirtschaftsleistung heute der Weltbank zufolge mit rund 900 US-Dollar pro Kopf niedriger als 1980. Wegen einer Hyperinflation wurde 2009 der US-Dollar als Währung eingeführt, was zu einer tiefen Krise geführt hat. Es herrscht Rekordarbeitslosigkeit, obwohl Simbabwe großes Potenzial hat: Rohstoffe wie Diamanten, eine gut ausgebildete Bevölkerung und ein gutes Klima für die Landwirtschaft. „Wir werden diese Wahl gewinnen“, sagte Chamisa bei der Stimmabgabe in Kuwadzana, einem der ärmeren Viertel der Hauptstadt Harare.
Eine Wählerin dort sagte, es sei Zeit für „einen radikalen Wechsel in Simbabwe“. Sie wähle Chamisa, sagte Miriam Mundaringisa, „weil wir ein neues Simbabwe brauchen, nicht Mnangagwas falsche Versprechen.“Eine Erstwählerin, Melinda Matukuturi, 21, sagte, sie werde für Mnangagwa stimmen, weil er „eine Vision“für das Land habe. Der Präsident wählte außerhalb von Harare und schrieb auf Twitter zu einem Foto seiner Stimmabgabe: „Die Stimme der Menschen ist die Stimme Gottes.“Am Morgen hatte er erklärt, alle Simbabwer seien unabhängig ihrer Parteivorliebe Brüder und Schwestern. Die Wahlen galten nicht als perfektes Modell einer demokratischen Abstimmung, Beobachter sprachen jedoch von der freiesten und fairsten Wahl in Simbabwe seit vielen Jahren.
Die Opposition kritisierte im Vorfeld, dass die Wahlkommission parteiisch sei. Zudem hätten Mnangagwa und seine Partei Zanu-PF die Ressourcen der Regierung – inklusive der staatlichen Medien – schamlos für ihren Wahlkampf missbraucht, so Chamisa. Erstmals seit vielen Jahren waren bei der Wahl auch wieder Wahlbeobachter aus den USA und der EU zugegen. Die rund 5,7 Millionen Wahlberechtigten konnten sich zwischen 23 Kandidaten entscheiden, doch nur Mnangagwa und Chamisa vom Oppositionsblock MDC werden ernsthafte Chancen eingeräumt. Erste Ergebnisse sollen am Wochenende bekanntgegeben werden.
Die vielleicht größte Überraschung des Wahlkampfs kam am Sonntag: Ex-Präsident Mugabe lud nach Monaten des Schweigens zu einer Pressekonferenz ein und sagte, er könne Mnangagwa und die jahrzehntelang von ihm geführte Regierungspartei Zanu-PF nicht wählen. Daher gebe es neben Chamisa kaum Einst die Kornkammer Afrikas und Hoffnungsträger des Kontinents, steckt Simbabwe seit Jahren in einer Krise. Langzeitpräsident Robert Mu gabe, 94, hat das Land im Süden Afri kas heruntergewirtschaftet und mit harter Hand regiert. Pressefreiheit und Opposition hat er nach Kräften un terdrückt. Trotz reicher Bodenschätze und einem günstigen Klima für die Landwirtschaft gehört Simbabwe heute nach einem UN Index zu den ärms ten Ländern der Welt. Die durch schnittliche Lebenserwartung liegt
andere Optionen. Mugabe war in seiner Amtszeit häufig brutal gegen Chamisas Oppositionspartei MDC vorgegangen. Mnangagwa nutzte Mugabes Steilpass sofort, um sich vom Ex-Präsidenten zu distanzieren. Eine Stimme für Chamisa sei eine Stimme für Mugabe, sagte er.
Mugabe stimmte in Harare zusammen mit seiner Frau Grace ab – es war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass er nicht für sich selbst stimmen konnte. Er hatte sein Amt im November infolge eines Militärputsches aufgegeben. Zanu-PF machte daraufhin seinen früheren Vize Mnangagwa zum Präsidenten. der Weltbank zufolge bei 60 Jahren (Deutschland: 81). Nach Schätzun gen haben rund 80 Prozent der Sim babwer keinen regulären Arbeits platz. Not und Repression haben ge schätzte drei Millionen Bürger ins Ausland getrieben. Simbabwe ist mit 390 000 Quadratki lometern etwas größer als Deutsch land und hat rund 16 Millionen Ein wohner. Das durchschnittliche Pro Kopf Einkommen in Simbabwe liegt bei rund 1000 US Dollar (Deutsch land: 42 000 Euro). (dpa)
Mugabe hatte Simbabwe seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1980 regiert – zuletzt mit zunehmend harter Hand. Mnangagwa, der wegen seiner Skrupellosigkeit oft „das Krokodil“genannt wird, war Menschenrechtlern zufolge in den 1980er Jahren als Geheimdienstminister einer der Architekten der Massaker in der Region Matabeleland.
Dabei wurden tausende Menschen der Ndebele-Volksgruppe getötet. Doch nun gibt er sich als geläuterter Demokrat, der Reformen anstrebt und Simbabwern mehr Freiheit zugestehen will.