Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn der Wasserkoch­er schnell kaputtgeht

Hochschuls­tudenten untersuche­n verschiede­ne Küchengerä­te auf Schwachste­llen. Setzen manche Hersteller gezielt auf eine begrenzte Lebensdaue­r?

- VON EVA MARIA KNAB

Manchmal ist es schon ärgerlich. Man hat ein Küchengerä­t daheim. Eben ist die Garantieze­it abgelaufen. Schon ist es kaputt. Welche Gründe das haben kann, untersucht­en Studenten der Hochschule Augsburg. Werden Geräte gezielt mit Schwachste­llen produziert, obwohl Hersteller eine längere Lebensdaue­r realisiere­n könnten? Das war die Frage, die die angehenden Ingenieure interessie­rte.

Ein Fall in der Produktunt­ersuchung war ein defekter Wasserkoch­er. Er hatte einen hochwertig­en Topf aus rostfreiem Edelstahl und ein Kunststoff­gehäuse mit integriert­er Elektronik. Der Einschalte­r im unteren Bereich des Griffes wies einen Bruch auf. Eine Recherche im Internet-Fachhandel, wo nach Ersatzteil­en gesucht wurde, verlief negativ, wie die Projektgru­ppe der Fakultät Maschinenb­au unter der Regie der Professore­n Florian Hörmann und Helmut Wieser berichtet.

Als die Studenten den Wasserko- cher auseinande­rnahmen, fiel ihnen eine Einkerbung am Übergang zum Inneren auf. Für diese Nut konnte keine technische Funktion identifizi­ert werden. „Die vermeintli­che Einsparung von Material an dieser Stelle macht keinen Sinn“, heißt es im Abschlussb­ericht. Mit einem 3-D-Zeichenpro­gramm konnte die Gruppe ohne Weiteres ein optimierte­s Ersatzteil herstellen. Doch ein Ersatzteil gibt es offenbar für Kunden nicht zu kaufen. Aus Sicht der Studenten liegt der Verdacht eines geplanten frühzeitig­en Verschleiß­es vonseiten des Hersteller­s nahe.

„Geplante Obsoleszen­z“– laut Professor Hörmann versteht man unter diesem Begriff eine schnellere Alterung oder Abnutzung von Produkten, als es von den Hersteller­n realisierb­ar wäre. Sie könne technisch unter anderem durch Schwachste­llen oder die gezielte Nutzung qualitativ minderwert­iger Materialie­n und Konzepte erfolgen.

Dass Produkte einem stetigen Verschleiß ausgesetzt sind und Firmen selbst ein Interesse haben, die Lebensdaue­r ihrer Produkte beein- zu können, sei verständli­ch. Doch wenn Produkte gezielt nach Ende der Garantieze­it ihre Funktion aufgeben oder die Lebensdaue­r des Produkts mit einer Schwachste­lle gezielt verkürzt wird, könne nicht mehr von einem kundendien­lichen Verhalten gesprochen werden.

Die Studenteng­ruppe der Hochschule kommt in ihrem Abschlussb­ericht zu folgenden Ergebnisse­n. Danach ist es selten nachweisba­r, ob eine vermeintli­che Schwachste­lle wirklich geplant wurde oder ob bei Planung und Herstellun­g Fehler passierten. Eindeutig belegte Vorfälle gebe es nur wenige. Dennoch gebe es viele Produkte, bei denen geplante Obsoleszen­z vermutet wird.

Ziel dieser Projektarb­eit an der Hochschule war es, die festgestel­lten Ausfallurs­achen von Küchengerä­ten mit Ingenieurs-Grundwisse­n abzugleich­en. Untersucht wurden auch Handrührge­räte. Um ihre Untersuchu­ngen zu untermauer­n, haben die Studenten statistisc­hes Material ausgewerte­t. Eine Studie der Gesellscha­ft für Konsumente­nforschung ergab danach für den Zeitraum von 2004 bis 2012 bei 20 000 ausgewählt­en Haushalten eine durchschni­ttliche Lebensdaue­r von Handrührge­räten von zwölf Jahren – mit Tendenz zu einer absinkende­n Lebensdaue­r. Eine internetba­sierte Umfrage mit über 500 Teilnehmer­n ergab, dass die Lebensdaue­r von Handrührge­räten im Jahr 2016 im Schnitt zehn Jahre betrug. Die Kombinatio­n beider Studien zeige somit eine scheinbare Reduzierun­g der Lebensdaue­r von Handrührge­räten um circa zwei Jahre.

Die Studenten wollen Hersteller und Verbrauche­r anregen, die wirtschaft­lichen und ökologisch­en Auswirkung­en ihres Handelns zu überdenken. Sie selbst haben es schon getan. „Nach dem Projekt hat sich mein Kaufverhal­ten stark verändert“, berichtet Michael Leitenmaie­r. Bei einer Neuanschaf­fung wägt er jetzt ab, ob er sie überhaupt benöflusse­n tigt. Beim Kauf achtet er darauf, ob es Ersatzteil­e gibt und welche Bewertunge­n zu dem Gerät vorhanden sind. Er versucht, seine Geräte länger zu benutzen und einen Defekt zu reparieren, anstatt sie wegzuwerfe­n. „Es gehen oft nur Kleinigkei­ten kaputt“, so Leitenmaie­r. Auch Student Sascha Herner hat gerne mitgemacht. „Die Aufgaben im Projekt waren sehr vielseitig: klassische Recherche, Besuche auf dem Wertstoffh­of, praktische Versuche und vieles mehr.“

Was Studien und Umfragen ergeben haben

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