Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn der Wasserkocher schnell kaputtgeht
Hochschulstudenten untersuchen verschiedene Küchengeräte auf Schwachstellen. Setzen manche Hersteller gezielt auf eine begrenzte Lebensdauer?
Manchmal ist es schon ärgerlich. Man hat ein Küchengerät daheim. Eben ist die Garantiezeit abgelaufen. Schon ist es kaputt. Welche Gründe das haben kann, untersuchten Studenten der Hochschule Augsburg. Werden Geräte gezielt mit Schwachstellen produziert, obwohl Hersteller eine längere Lebensdauer realisieren könnten? Das war die Frage, die die angehenden Ingenieure interessierte.
Ein Fall in der Produktuntersuchung war ein defekter Wasserkocher. Er hatte einen hochwertigen Topf aus rostfreiem Edelstahl und ein Kunststoffgehäuse mit integrierter Elektronik. Der Einschalter im unteren Bereich des Griffes wies einen Bruch auf. Eine Recherche im Internet-Fachhandel, wo nach Ersatzteilen gesucht wurde, verlief negativ, wie die Projektgruppe der Fakultät Maschinenbau unter der Regie der Professoren Florian Hörmann und Helmut Wieser berichtet.
Als die Studenten den Wasserko- cher auseinandernahmen, fiel ihnen eine Einkerbung am Übergang zum Inneren auf. Für diese Nut konnte keine technische Funktion identifiziert werden. „Die vermeintliche Einsparung von Material an dieser Stelle macht keinen Sinn“, heißt es im Abschlussbericht. Mit einem 3-D-Zeichenprogramm konnte die Gruppe ohne Weiteres ein optimiertes Ersatzteil herstellen. Doch ein Ersatzteil gibt es offenbar für Kunden nicht zu kaufen. Aus Sicht der Studenten liegt der Verdacht eines geplanten frühzeitigen Verschleißes vonseiten des Herstellers nahe.
„Geplante Obsoleszenz“– laut Professor Hörmann versteht man unter diesem Begriff eine schnellere Alterung oder Abnutzung von Produkten, als es von den Herstellern realisierbar wäre. Sie könne technisch unter anderem durch Schwachstellen oder die gezielte Nutzung qualitativ minderwertiger Materialien und Konzepte erfolgen.
Dass Produkte einem stetigen Verschleiß ausgesetzt sind und Firmen selbst ein Interesse haben, die Lebensdauer ihrer Produkte beein- zu können, sei verständlich. Doch wenn Produkte gezielt nach Ende der Garantiezeit ihre Funktion aufgeben oder die Lebensdauer des Produkts mit einer Schwachstelle gezielt verkürzt wird, könne nicht mehr von einem kundendienlichen Verhalten gesprochen werden.
Die Studentengruppe der Hochschule kommt in ihrem Abschlussbericht zu folgenden Ergebnissen. Danach ist es selten nachweisbar, ob eine vermeintliche Schwachstelle wirklich geplant wurde oder ob bei Planung und Herstellung Fehler passierten. Eindeutig belegte Vorfälle gebe es nur wenige. Dennoch gebe es viele Produkte, bei denen geplante Obsoleszenz vermutet wird.
Ziel dieser Projektarbeit an der Hochschule war es, die festgestellten Ausfallursachen von Küchengeräten mit Ingenieurs-Grundwissen abzugleichen. Untersucht wurden auch Handrührgeräte. Um ihre Untersuchungen zu untermauern, haben die Studenten statistisches Material ausgewertet. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumentenforschung ergab danach für den Zeitraum von 2004 bis 2012 bei 20 000 ausgewählten Haushalten eine durchschnittliche Lebensdauer von Handrührgeräten von zwölf Jahren – mit Tendenz zu einer absinkenden Lebensdauer. Eine internetbasierte Umfrage mit über 500 Teilnehmern ergab, dass die Lebensdauer von Handrührgeräten im Jahr 2016 im Schnitt zehn Jahre betrug. Die Kombination beider Studien zeige somit eine scheinbare Reduzierung der Lebensdauer von Handrührgeräten um circa zwei Jahre.
Die Studenten wollen Hersteller und Verbraucher anregen, die wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns zu überdenken. Sie selbst haben es schon getan. „Nach dem Projekt hat sich mein Kaufverhalten stark verändert“, berichtet Michael Leitenmaier. Bei einer Neuanschaffung wägt er jetzt ab, ob er sie überhaupt benöflussen tigt. Beim Kauf achtet er darauf, ob es Ersatzteile gibt und welche Bewertungen zu dem Gerät vorhanden sind. Er versucht, seine Geräte länger zu benutzen und einen Defekt zu reparieren, anstatt sie wegzuwerfen. „Es gehen oft nur Kleinigkeiten kaputt“, so Leitenmaier. Auch Student Sascha Herner hat gerne mitgemacht. „Die Aufgaben im Projekt waren sehr vielseitig: klassische Recherche, Besuche auf dem Wertstoffhof, praktische Versuche und vieles mehr.“
Was Studien und Umfragen ergeben haben