Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie Augsburg noch mehr Touristen locken kann
Eine Expertin sieht die Unesco-Welterbe-Bewerbung als Motor, aber das allein reiche nicht
Wasser allerorten: Wasserbau und Wasserkraftnutzung, Trinkwasserversorgung und Brunnenkunst – die historische Vielfalt und die Komplexität des Wassermanagement-Systems hat das Augsburger Stadtbild unnachahmlich geprägt. Damit hat sich die Stadt um die begehrte Auszeichnung als Unesco-Welterbestätte beworben. Ein Etappenziel ist bereits erreicht: Der Titel „Wasserbau und Wasserkunst, Trinkwasser und Brunnenkunst in Augsburg“steht auf der Nominiertenliste.
Aber was hätte Augsburg von einer Anerkennung als Weltkulturerbe? Bringt eine Titulierung als Weltkulturerbe einen Mehrwert für den Tourismus? Damit hat sich Julia Nieborowsky, Absolventin des Studienganges Tourismus-Management an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, in ihrer Bachelorarbeit auseinandergesetzt. Titel: „Das touristische Potenzial der Historischen Augsburger Wasserwirtschaft und der möglichen Anerkennung als UnescoWelterbe“. Die ehemalige Augsburgerin kam während ihres Praxissemesters beim Verband Allgäu Bayerisch-Schwaben mit Augsburgs Tourismusdirektor Götz Beck ins Gespräch und auf dieses Augsburger Thema.
Mit der laufenden Unesco-Bewerbung beschäftigte sie sich nicht nur theoretisch. Die Studentin sprach auch mit Experten aus unterschiedlichsten Richtungen, die „alle mit Wasser zu tun haben“, um möglichst viele Perspektiven aufzunehmen. Darunter waren Fachleute aus den Bereichen Tourismus, Marketing, Wirtschaft, Bildung, Denkmalpflege und städtische Mitarbeiter, die die Bewerbung koordinieren.
Ihr Ergebnis: Die Befragten sehen „das kulturelle und touristische Angebot Augsburgs als der Größe nach angemessen, aber durchaus ausbaufähig“an. So bemängeln sie die touristische Infrastruktur: zu geringe Kapazität bei Hotel- und Gastronomieangeboten, der langwierige Umbau des Augsburger Hauptbahnhofes, die Zugänglichkeit von Denkmälern und einheitliche Öffnungszeiten. Insgesamt schneidet die Stadt aber gut ab.
Tourismusdirektor Götz Beck sagt, es gebe im Augsburger Angebot „authentische und ehrliche Themen“, die ganzjährig erlebbar sind und verschiedene Zielgruppen ansprechen. Wasser habe bereits jetzt eine zentrale Rolle im Stadt- und Medienbild Augsburgs. Es finden unter anderem themenbezogene Veranstaltungen und Führungen statt, Fachbücher und Reiseführer werden herausgegeben, Vorträge und Ringvorlesungen abgehalten. Auch Schilder und Logos sind in der Stadt sichtbar angebracht. Das heißt, das Bewusstsein und somit Stolz und Identifikationspotenzial in der Bevölkerung konnten dadurch bereits gesteigert werden.
Ob das Augsburger Wassermanagement-System in die UnescoListe aufgenommen wird, ist noch ungewiss. Aber Julia Nieborowsky stellt fest: Dass es sich bei der Historischen Wasserwirtschaft um etwas Besonderes handele, bestätige allein die Tatsache, dass dieses Gut 2014 auf die Tentativliste der Unesco gesetzt worden sei. Ob eine Ernennung tatsächlich mehr Touristen nach Augsburg locken würde, bleibe abzuwarten. Die Annahme, eine Prämierung würde den Tourismus positiv beeinflussen, sei nicht beziehungsweise durch wenige konkrete Untersuchungen belegt.
Dennoch könnte die Stadt durch den Ausbau der Infrastruktur und durch gezielte Werbemaßnahmen, wie Neuaufnahme und Platzierung in Reiseführern sowie anderen medialen Formen und Programmen von Reiseveranstaltern und touristischen Institutionen, bereits jetzt mehr Touristen anlocken. Außerdem müsste ein zentraler Informationsund Besucherzentrum errichtet werden, in dem das komplexe System der Historischen Wasserwirtschaft kompakt sowie zielgruppenund themenspezifisch vermittelt wird.
Das Fazit von Julia Nieborowsky für den zukünftigen Tourismus in Augsburg lautet: „Obwohl nicht nachgewiesen werden konnte, dass allein durch die Anerkennung als Welterbe die Besucherzahlen steigen werden, lässt sich feststellen, dass allein durch die großen Anstrengungen im Zuge der Bewerbung schon ein touristischer Mehrwert entstanden ist.“In der Stadt wird die Bewerbung bereits jetzt genutzt und vermarktet. Das touristische Profil „Historische Wasserwirtschaft“könnte auch in Zukunft ohne die Anerkennung funktionieren. Nieborowsky sagt aber auch: Sollte die Stadt die Auszeichnung erhalten, könnte sie ihr ganzes touristisches Potenzial nur in Kombination mit einem hochwertigen und erlebbaren Angebot für Besucher entfalten.