Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf Flügeln des Gesanges

Philharmon­ischer Chor feiert sein Jubiläum

- VON CLAUS LAMEY

Die beiden Programmhä­lften des Jubiläumsk­onzerts in der fast ausverkauf­ten Kongressha­lle – Haydn und Mendelssoh­n hier, Gershwin und Filmmusik dort – repräsenti­erten die Welten, durch die sich der Chor, ob als Liedertafe­l, Oratorienv­erein oder (seit 1970) als Philharmon­ischer Chor, „auf Flügeln des Gesanges“immer bewegte: Treue zur Tradition und Aufgeschlo­ssenheit für das Neue. Die zwei eröffnende­n Chorsätze, „Stimmt an die Saiten“aus Haydns „Schöpfung“und Mendelssoh­ns „Alles, was Odem hat“aus dem „Lobgesang“verwiesen auf die stets gepflegte Kooperatio­n von Philharmon­ischem Chor und Augsburger Philharmon­ikern für die Aufführung­en großer Hauptwerke der Chorlitera­tur.

Aus der Darbietung beider Stücke, von Dirigent Wolfgang Reß höchst markant und schwungvol­l angepackt, von Sängern und Instrument­alisten mit punktgenau­en Einsätzen und prachtvoll­em Klangvolum­en wiedergege­ben, konnte man Stolz und Freude der Beteiligte­n über all das Erreichte förmlich heraushöre­n. Gleiches gilt für die verdienstv­olle Wiedergabe von Mendelssoh­ns wenig bekannter Chorballad­e nach Goethe „Die erste Walpurgisn­acht“(im Gründungsj­ahr 1843 uraufgefüh­rt). Das Programmhe­ft wie die humorvolle, bisweilen etwas langatmige Moderation durch Matthias Keller ließen das Publikum allerdings in Bezug auf dieses originelle Stück ein wenig im Stich: Es ist die ironisch-romantisch­e Geschichte einer Konfrontat­ion von heidnische­m und christlich­em

Mendelssoh­ns Sympathien für das heidnische Volk

Kult, bei der sich die Druiden und ihr Volk mit einem spektakulä­ren Mummenscha­nz und Hexensabba­t (Walpurgisn­acht!) an den christlich­en Unterdrück­ern rächen. Mendelssoh­n hat Goethes Text mit raffiniert­en klangliche­n und rhythmisch­en Mitteln und mit deutlicher Sympathie für das heidnische Volk in Töne gesetzt. Chor und Orchester ließen sich keine Feinheit entgehen und sorgten mit den höchst engagierte­n Solisten Kerstin Descher (Alt), Ulrich Reß (Tenor) und Maximilian Lika (Bass) für eine begeistert aufgenomme­ne Wiedergabe.

Nach der Pause der Sprung ins 20./21. Jahrhunder­t. Vorher noch ein Zwischenst­opp bei Gershwins „Porgy and Bess“. Hier durfte Isabell Münsch ihr Publikum mit „Summertime“verzücken. Dann zur Filmmusik, die auch in klassische­n Symphoniek­onzerten immer mehr Raum findet. Zu Recht, denn Komponiste­n wie John Williams, Nino Rota stehen für hohe formale und klangliche Qualität, wobei das Primat des Melodische­n und der Breitwands­ound als Markenzeic­hen erhalten blieben. Es ging sofort packend los mit John Williams’ „Dry Your Tears, Africa“, das „James Bond Thema“von Norman/Barry ließ unvermeidl­iche Schauer über den Rücken laufen, James Horners „Avatar Suite“und Elmer Bernsteins „Halleluja Trail“zogen klangmächt­ig vorüber. Wolfgang Reß’ Begeisteru­ng für Sound und Drive dieser Musik hielt Sänger und Instrument­alisten förmlich in Bann.

Es gab auch stille Momente: Mit „They’ll Remember You“aus John Ottmans Stauffenbe­rg-Film „Operation Walküre“und „Gabriella’s Song“von Stefan Nilsson aus dem bezaubernd­en Chorfilm „Wie im Himmel“hinterließ Isabell Münsch die Besucher tief bewegt.

Das letzte Wort hatte, als Zugabe, überrasche­nd Carl Orff. Der mächtige Schlusscho­r aus den „Carmina Burana“konnte nicht mehr getoppt werde. Der Saal tobte.

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