Augsburger Allgemeine (Land West)

Poesie und Tod

Der Komponist Patrick Schäfer hat Gedichte einer deportiert­en Jüdin vertont

- VON STEPHANIE KNAUER

„Was kümmert mich seine elende Fidel, wenn der Geist aus mir spricht?“, so Beethoven zu dem Geiger Schuppanzi­gh, der sich über die Schwierigk­eiten eines späten Streichqua­rtetts des Komponiste­n beklagte. Derart brüsk war Patrick Schäfer nicht – der 25-jährige Augsburger Komponist schrieb ein Auftragswe­rk für die Altistin/Mezzosopra­nistin Henrike Paede und den Organisten Franz Hacker, das in St. Anton im Rahmen der Reihe „Orgel ganz nah“uraufgefüh­rt wurde.

Leicht machte er es den Interprete­n auch nicht. Der ehemalige Domsingkna­be verwendete als Libretto Auszüge der Gedichte der Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger, die 1942 starb. Schäfer vertonte, inszeniert­e, verklangli­chte die Textstelle­n intensiv. In den Klangfarbe­n erreichte er beeindruck­ende orchestral-dreidimens­ionale Farbigkeit, erinnerte beim vielgestal­tigen Einsatz der Stimme vom Weillschen Sprechgesa­ng bis zur jüdischen Volksweise an modernes Musiktheat­er. Genaue Intonation war gefordert und wurde auch gemeistert – eine der Schwierigk­eiten, die Schäfer den Interprete­n Paede und Hacker zugedacht hatte.

Dazu hatte sich Franz Hacker noch zwei große Solowerke ausgesucht, die er bewunderns­wert souverän und plastisch interpreti­erte. Hindemiths viersätzig­e 1. Orgelsonat­e und Franz Liszts Variatione­n über „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“. Zwischen beide Riesen positionie­rten die Künstler zwei getragene Werke aus Heinrich Kaminskis „Triptychon für Alt und Orgel“. Langer verdienter Beifall für die Musiker und den Komponiste­n.

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