Augsburger Allgemeine (Land West)
Poesie und Tod
Der Komponist Patrick Schäfer hat Gedichte einer deportierten Jüdin vertont
„Was kümmert mich seine elende Fidel, wenn der Geist aus mir spricht?“, so Beethoven zu dem Geiger Schuppanzigh, der sich über die Schwierigkeiten eines späten Streichquartetts des Komponisten beklagte. Derart brüsk war Patrick Schäfer nicht – der 25-jährige Augsburger Komponist schrieb ein Auftragswerk für die Altistin/Mezzosopranistin Henrike Paede und den Organisten Franz Hacker, das in St. Anton im Rahmen der Reihe „Orgel ganz nah“uraufgeführt wurde.
Leicht machte er es den Interpreten auch nicht. Der ehemalige Domsingknabe verwendete als Libretto Auszüge der Gedichte der Jüdin Selma Meerbaum-Eisinger, die 1942 starb. Schäfer vertonte, inszenierte, verklanglichte die Textstellen intensiv. In den Klangfarben erreichte er beeindruckende orchestral-dreidimensionale Farbigkeit, erinnerte beim vielgestaltigen Einsatz der Stimme vom Weillschen Sprechgesang bis zur jüdischen Volksweise an modernes Musiktheater. Genaue Intonation war gefordert und wurde auch gemeistert – eine der Schwierigkeiten, die Schäfer den Interpreten Paede und Hacker zugedacht hatte.
Dazu hatte sich Franz Hacker noch zwei große Solowerke ausgesucht, die er bewundernswert souverän und plastisch interpretierte. Hindemiths viersätzige 1. Orgelsonate und Franz Liszts Variationen über „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“. Zwischen beide Riesen positionierten die Künstler zwei getragene Werke aus Heinrich Kaminskis „Triptychon für Alt und Orgel“. Langer verdienter Beifall für die Musiker und den Komponisten.