Augsburger Allgemeine (Land West)

Lag die Bombe ein Jahr in diesem Erdhaufen?

Bauleiter Georg Krist erzählt am Fundort des Blindgänge­rs, was es mit dem Sprengkörp­er auf sich hat. Dass die Fliegerbom­be entdeckt wurde, hat mit Arbeiten zu tun, die nur am Samstag gemacht werden

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es war eine Nachricht, die Anwohner im Stadtteil Herrenbach und Rettungskr­äfte am Samstag in Atem hielt. Auf einem Baustellen­gelände an der Herrenbach­straße wurde eine Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Es folgte eine groß angelegte Evakuierun­gsaktion, bei der 1200 Menschen ihre Wohnungen für mehrere Stunden verlassen mussten. Gegen 23.40 Uhr, also kurz vor Mitternach­t, gab es Entwarnung. Nach fünf Stunden durften die Anwohner zurück in ihre Häuser und Wohnungen. Während der nächtliche­n Bombenents­chärfung war die Baustelle am Samstagabe­nd weiträumig abgesperrt.

Anders sieht es am sonnigen Montagmitt­ag aus. Bei Tageslicht gibt es einige neue spektakulä­re Erkenntnis­se zu der 225 Kilogramm schweren Bombe, die glückliche­rweise kein Unheil anrichtete.

Eine große Bautafel an der Herrenbach­straße informiert über die Baustelle. Die Firma Infrabau saniert hier bis Ende 2018 insgesamt 115 Mietwohnun­gen, ist zu lesen. Zusätzlich werden fünf weitere Gebäude mit 49 Mietwohnun­gen neu errichtet. Von der Straße aus ist nicht wahrnehmba­r, wo die Fliegerbom­be gelegen haben könnte. Die längs stehenden Gebäude verdecken ohnehin den Blick auf die dahinter liegende Baustelle. In diesem Bereich entstehen die Neubauten. Erkennbar sind von der Straße dagegen zwei größere Kieshaufen. Sie wirken auf den ersten Blick völlig unverdächt­ig.

Spuren der aufwendige­n Bombenents­chärfung vom Samstagabe­nd sind auch beim Betreten des Baustellen­bereichs nicht zu identifizi­eren. Es sieht hier eher nach einer ganz normalen Baustelle aus, auf der an diesem Montag ganz regulär gearbeitet wird. Ein Bagger ist vor Ort, Kräne sind zu sehen. Bauarbeite­r sind am Werkeln. Sie tun dies in jener Baustellen­zone, in der die neuen Häuser entstehen. Ein Gebäude ist fast fertig, ein anderes weitgehend. Ein drittes steht im Rohbau, der Boden für das vierte Haus wird gerade ausgehoben. Ein Bauarbeite­r muss schmunzeln, als er die Frage hört, „wo jetzt eigentlich die Bombe an der Baustelle gelegen hat?“Er sagt: „Drehen Sie sich um.“Dann deutet er mit dem Finger auf einen Erdhügel, der in etwa 50 Meter Entfernung liegt.

In diesem Kieshaufen wurde am Samstag die Bombe entdeckt. Eine Bestätigun­g erfolgt direkt vor Ort am Kieshaufen. „Ja, das stimmt“, sagt Georg Krist. Der Bauunterne­hmer ist Chef der gleichnami­gen Firma mit Sitz in Glött. Sein Unternehme­n ist mit den Hoch- und Tiefbauarb­eiten auf der Augsburger Baustelle im Herrenbach beauftragt. „Ich bin am Samstag von der beauftragt­en Erdbaufirm­a Erdle telefonisc­h informiert worden, dass eine Bombe gefunden wurde.“

Am Montag sagt Krist gegenüber unserer Zeitung, wie aus seiner Sicht die Dinge gelaufen sein könnten. Er gehe davon aus, dass die Bombe schon seit Längerem in dem Erdhaufen gelegen habe. Das heißt, der Sprengkörp­er sei vor und bei den vorangegan­genen Aushubarbe­iten nicht lokalisier­t worden. Deshalb kam die Firma Erdle (Sitz in Holzara, Dinkelsche­rben) mit schwerem Erdbaugerä­t und Sattelzüge­n, um das Material auf eine andere Lagerstätt­e abzutransp­ortieren. Man wolle jetzt intern hinterfrag­en, inwieweit es für die Zukunft möglich ist, derartige Risiken weiter zu minimieren. Wie lange die Bombe im Erdhügel lag, lässt sich schwer abschätzen. Es könnten vielleicht sogar mehrere Monate sein, wird spekuliert. Womöglich gar ein Jahr, heißt es.

Der Hügel mit der Bombe, die keiner von außen sah, war deutlich größer als der kleine Rest, der am Montag noch zu sehen ist. Jetzt könnten es vielleicht 150 Kubikmeter sein. Zuvor waren es wohl um die 2500 Kubikmeter. Der Kies musste jetzt weg, da in diesem Bereich der Boden für das fünfte neue Haus ausgegrabe­n werden soll. Deshalb rückte die Firma Erdle an. Um den Ablauf der regulären Bauarbeite­n auf der Baustelle nicht zu behindern, sind die Transportf­ahrten eigens auf den Samstag gelegt worden. Dabei fiel den Arbeitern während des Abtranspor­ts offenbar die Bombe auf. Sie dürfte, so die allgemeine Einschätzu­ng, einfach inmitten des Kieshaufen­s gelegen haben und war deshalb nicht zu erkennen. Der Erdhügel lag abseits der Baustelle und spielte für die laufenden Arbeiten an der Baustelle keine Rolle.

Ob von der im Kieshaufen liegenden Bombe eine unmittelba­re Gefahr bestanden habe, ist nicht so ohne Weiteres zu beantworte­n. „Ein gewisses Risiko besteht bei einer Bombe immer“, sagt FeuerwehrS­precher Friedhelm Bechtel. Anderersei­ts sei im konkreten Fall sicherlich zu sehen, dass die Bombe unbewegt im riesigen Erdhaufen über einen längeren Zeitraum gelegen habe.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Baustellen­termin vor Ort mit Bauleiter Georg Krist: Im Kieshaufen lag die Bombe, die am Samstag gefunden wurde. Zuvor war der Erdhügel jedoch noch deutlich größer. Beim Abtranspor­t wurde der Sprengkörp­er gesichtet. Im Hintergrun­d sind die Gebäude zu...
Foto: Silvio Wyszengrad Baustellen­termin vor Ort mit Bauleiter Georg Krist: Im Kieshaufen lag die Bombe, die am Samstag gefunden wurde. Zuvor war der Erdhügel jedoch noch deutlich größer. Beim Abtranspor­t wurde der Sprengkörp­er gesichtet. Im Hintergrun­d sind die Gebäude zu...
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Foto: Peter Fastl So sah die entschärft­e Bombe mit den Zündern aus.

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