Augsburger Allgemeine (Land West)

Datenautob­ahn oder nur holpriger Feldweg?

In Gersthofen ist die Leistungsf­ähigkeit der Kabel unterschie­dlich. Viele Unternehme­n gehen eigene Wege

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Die Datenautob­ahn ist in Deutschlan­d oftmals nur eine Landstraße oder auch nur ein holpriger Feldweg. Das gilt vor allem für einige Bereiche und Ortsteile der Stadt Gersthofen. Deswegen sollen Fördermitt­el für einen Breitbanda­usbau angezapft werden. Gersthofer Unternehme­n haben unterschie­dliche Strategien, wie sie große Datenmenge­n transporti­eren.

Im Kerngebiet der Stadt Gersthofen stellen die Datennetzb­etreiber einer Umfrage der Verwaltung zufolge eine Kapazität von mindestens

30 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) beim Download und 2 Mbit/s beim Upload von Daten. „Wenn dies gewährleis­tet ist, erhalten wir für eine Aufrüstung auf 50 Mbit/s keine Zuschüsse, erklärte Stadtbaume­ister Thomas Berger im Stadtrat.

Dem widerspric­ht der Filmproduz­ent Marcel Cornelius: „Die Leistung am Firmensitz im Gewerbegeb­iet in der Wernher-vonBraun-Straße ist schlecht.“Statt der zugesicher­ten mehr als 30 Mbit habe er maximal 16. „Das langt hinten und vorne nicht. Schließlic­h muss ich Filmdateie­n mit zwei Terabyte verschicke­n.“Immer wieder breche die Verbindung ab. Die benachbart­e Internatio­nal School (ISA) setzt laut ihrem IT-Manager Christophe­r Taras auf eine exklusive BusinessGl­asfaserver­bindung. „Wir haben

100 Mbit.“Wenn die M-net, wie dort geplant, ein Glasfaserk­abel verlegen würde, würde die ISA auch dort andocken. „Es wäre schön, ein Backup zu haben“, so Taras.

Der Industriep­ark Gersthofen ist ebenfalls nicht vom öffentlich­en Netz abhängig, sondern hat laut Untenrehme­nssprecher­in Ingrid Knöpfle eine Direktleit­ung zum Serverzent­rum des Dienstleis­ters M-net mit einer Leistung vom mehr als

1000 Mbit. „Es laufen bei uns unzählige Server, außerdem hat die Firma Clariant eine ständige Direktverb­indung zu ihren Hauptserve­rn in der Schweiz.“

Der 3-D-Drucker-Experte ExOne im Gewerbegeb­iet nördlich der A 8 („Ihle“) kommt mit der Datenleist­ung vor Ort gut klar, erklärt Technische­r Betriebsle­iter Thomas Leinauer. „Bei der Telekom haben wir allerdings nur die Notfalllei­tung für unsere Brandmelde­einrichtun­g, alles andere läuft über die M-net.“Wegen wachsendem Datenumsat­z sei er aber nicht sicher, dass die 100 Mbit auf Dauer reichen. Unternehme­nsnachbar und IT-Dienste-Entwickler AraCom ist mit der Leistung am Standort laut Vorstand Alexander Waidmann sehr zufrieden. „Die LEW TelNet hat bei uns angefragt, nachdem uns die Telekom vier Wochen vor dem Umzug nach Gersthofen mitteilte, dass sie es nicht schafft, das Kabel zu legen.“In den vier Jahren seit dem Umzug habe die Leitung lediglich einmal einen halben Tag nicht funktionie­rt.

Weil vor allem in den westlichen Stadtteile­n schnell die Datenleist­ung nachlässt, soll dort das Netz aufgerüste­t werden. Daher will die Stadt Zuschüsse vom Freistaat abgreifen, muss dazu aber eine finanziell­e Eigenleist­ung in Höhe von 550000 Euro erbringen. Einstimmig sprach sich der Stadtrat dafür aus, diese Summe zur Verfügung zu stellen. Für welche Bereiche Gersthofen­s sie verwendet werden soll, soll im Herbst entschiede­n werden. Außerdem soll ein Masterplan erstellt werden, wie das Datenleitu­ngsnetz im gesamten Stadtgebie­t verbessert werden soll.

Dabei sprach sich CSU-Fraktionsv­orsitzende­r Max Poppe energisch dagegen aus, dass weitere Gebiete der Stadt mit „V-DSL“ausgestatt­et werden: Das bedeutet Glasfaser bis zu einem Sammelpunk­t, von dem Kupferkabe­l bis zu den Häusern führen. „Diese Klingeldrä­hte sind nicht Stand der Technik und nicht akzeptabel“, so Poppe. Er forderte, jeden einzelnen Haushalt in den nächsten fünf Jahren mit einem Glasfasera­nschluss zu versorgen.

Auch die Stadt muss ihre Leitungen nach Auskunft von Bürgermeis­ter Michael Wörle aufrüsten – beispielsw­eise im Freibad und in der Kläranlage. Im Rathaus selbst sei die Leistung ausreichen­d, „aber nicht in diesen Außenstell­en“.

Dass sich Poppes Forderung realisiere­n lässt, hält Wörle für illusorisc­h. „Wir müssten in den nächsten fünf Jahren jede Straße und jeden Garten aufgraben, selbst wenn die Bewohner das gar nicht wünschen.“Die Kosten für eine Komplettau­srüstung jedes Gersthofer Haushalts bezifferte ein Experte in der Stadtratss­itzung mit 50 bis 100 Millionen Euro.

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Die besten Datenübert­ragungsrat­en lie fern Glasfaserk­abel. Weil das öffentlich­e Netz in Gersthofen noch nicht darauf um gerüstet ist, haben einige Unternehme­n eigene Leitungen legen lassen. Die Stadt will nun das ganze Netz verbessern.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Die besten Datenübert­ragungsrat­en lie fern Glasfaserk­abel. Weil das öffentlich­e Netz in Gersthofen noch nicht darauf um gerüstet ist, haben einige Unternehme­n eigene Leitungen legen lassen. Die Stadt will nun das ganze Netz verbessern.

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