Augsburger Allgemeine (Land West)
Den Hebammen gebührt ein Lob
Sie war die perfekte Begleiterin vor und nach der Geburt des Kindes
In meinem Leben gibt es ein Davor und ein Danach. Die Zäsur ist die Geburt meines Kindes. In dieser Phase war mein wichtigster Ansprechpartner meine Hebamme. Sie war für mich Seelentrösterin, Rettungsanker und Fachfrau zugleich. Sie managte mein Leben im Übergang vom Davor zum Danach.
Ich besuchte bei meiner Hebamme bereits den Geburtsvorbereitungskurs. Dort machte sie mir und allen anderen Kugelbäuchigen klar, was passiert, wenn das Kind raus will. Da Erstgebärende dazu neigen, zu früh in die Klinik zu fahren, ja, geradezu Angst haben, sie könnten die Geburt verpassen, lautete ihr Credo: Möglichst lange daheimbleiben! Wenn die Wehen einsetzen, spazieren gehen, ein Bad nehmen und noch einen Kuchen backen. Die Zeit im Kreißsaal ist noch lange genug. Wie recht sie (leider …) hatte, ahnte ich damals noch nicht ….
Nach der Geburt fieberte ich jedem ihrer Besuche entgegen. Mit stoischer Ruhe und einem unglaublichen Wissen half meine Hebamme mir weiter, dazu war sie immer herzlich, gut gelaunt und wahnsinnig geduldig. Ich erwischte mich oft dabei, wie ich ihr immer wieder dieselben Fragen stellte: Wann werden die Nächte besser? Wird mein Baby irgendwann nicht immer nur an der Brust hängen? Mein stilldementes Gedächtnis konnte sich einfach nichts merken. Oder mein Gemütszustand befand sich irgendwo zwischen Ungeduld und Verzweiflung und wollte hören, dass es leichter wird, einfacher werden muss. Ihr Mantra „Es wird besser. Ich verspreche es dir“, beruhigte mich nicht nur, sie behielt auch immer recht.
Als ich las, dass Hebammen fehlen und sie darauf ansprach, erzählte sie mir, dass 60-Stunden-Wochen keine Seltenheit seien und sie viele Anfragen von Schwangeren abweisen müsse. Der Babyboom – Fluch und Segen zugleich. Es müsse mehr ausgebildet werden, sagte sie. Dazu komme, dass die extrem hohe Haftpflichtprämie den freiberuflichen Hebammen ihren Beruf madig mache. Paradox, der ureigensten Aufgabe der Hebammen, Kinder auf die Welt zu holen, können viele nicht mehr nachkommen. Dabei ist auch in der Situation eine gute Hebamme Gold wert!
Ich hatte das Glück, dass mir in der Geburtsklinik eine sehr erfahrene zur Seite stand. Nie werde ich vergessen, wie sie voller Anerkennung zu mir sagte: „Ihr Becken ist wirklich perfekt für eine Geburt!“Kann es ein schöneres Kompliment aus dem Mund einer Hebamme geben?