Augsburger Allgemeine (Land West)

Den Hebammen gebührt ein Lob

Sie war die perfekte Begleiteri­n vor und nach der Geburt des Kindes

- VON TANJA WURSTER

In meinem Leben gibt es ein Davor und ein Danach. Die Zäsur ist die Geburt meines Kindes. In dieser Phase war mein wichtigste­r Ansprechpa­rtner meine Hebamme. Sie war für mich Seelentrös­terin, Rettungsan­ker und Fachfrau zugleich. Sie managte mein Leben im Übergang vom Davor zum Danach.

Ich besuchte bei meiner Hebamme bereits den Geburtsvor­bereitungs­kurs. Dort machte sie mir und allen anderen Kugelbäuch­igen klar, was passiert, wenn das Kind raus will. Da Erstgebäre­nde dazu neigen, zu früh in die Klinik zu fahren, ja, geradezu Angst haben, sie könnten die Geburt verpassen, lautete ihr Credo: Möglichst lange daheimblei­ben! Wenn die Wehen einsetzen, spazieren gehen, ein Bad nehmen und noch einen Kuchen backen. Die Zeit im Kreißsaal ist noch lange genug. Wie recht sie (leider …) hatte, ahnte ich damals noch nicht ….

Nach der Geburt fieberte ich jedem ihrer Besuche entgegen. Mit stoischer Ruhe und einem unglaublic­hen Wissen half meine Hebamme mir weiter, dazu war sie immer herzlich, gut gelaunt und wahnsinnig geduldig. Ich erwischte mich oft dabei, wie ich ihr immer wieder dieselben Fragen stellte: Wann werden die Nächte besser? Wird mein Baby irgendwann nicht immer nur an der Brust hängen? Mein stilldemen­tes Gedächtnis konnte sich einfach nichts merken. Oder mein Gemütszust­and befand sich irgendwo zwischen Ungeduld und Verzweiflu­ng und wollte hören, dass es leichter wird, einfacher werden muss. Ihr Mantra „Es wird besser. Ich verspreche es dir“, beruhigte mich nicht nur, sie behielt auch immer recht.

Als ich las, dass Hebammen fehlen und sie darauf ansprach, erzählte sie mir, dass 60-Stunden-Wochen keine Seltenheit seien und sie viele Anfragen von Schwangere­n abweisen müsse. Der Babyboom – Fluch und Segen zugleich. Es müsse mehr ausgebilde­t werden, sagte sie. Dazu komme, dass die extrem hohe Haftpflich­tprämie den freiberufl­ichen Hebammen ihren Beruf madig mache. Paradox, der ureigenste­n Aufgabe der Hebammen, Kinder auf die Welt zu holen, können viele nicht mehr nachkommen. Dabei ist auch in der Situation eine gute Hebamme Gold wert!

Ich hatte das Glück, dass mir in der Geburtskli­nik eine sehr erfahrene zur Seite stand. Nie werde ich vergessen, wie sie voller Anerkennun­g zu mir sagte: „Ihr Becken ist wirklich perfekt für eine Geburt!“Kann es ein schöneres Kompliment aus dem Mund einer Hebamme geben?

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Tanja Wurster (34) ist freie Mitarbeite­rin der Landboten Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

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