Augsburger Allgemeine (Land West)

Geschichte­n des Aufruhrs

Wenn politische­s Theater bewegt

- VON NINA STAZOL

Was wäre, wenn … uns der Mut und die Erfahrunge­n toter Revolution­äre zugänglich wären?, fragt das Berliner Theaterkol­lektiv EGfKA (Europäisch­e Gemeinscha­ft für Kulturelle Angelegenh­eiten) in „Past forward“, lädt darin zu einer politische­n Sèance und die toten Revolution­äre gleich mit dazu. Am Sonntag war die spannende interaktiv­e Performanc­e als Teil des diesjährig­en Augsburger Hohen Friedensfe­stes im Kulturhaus Abraxas zu erleben. Witzig und feierlich stimmte die Truppe – gleich einer Mischung aus Zeremonien­meistern, Kommunen-Hippies und Bewohnern ferner Galaxien – auf den Abend ein, bot Spektralen­ergiemessu­ng, eine Tondusche und Räuchersch­nuppern. Die Zuschauer durften auf Sitzkissen auf der Bühne Platz nehmen, einzig die

Tribüne sollte nicht belegt werden. Sie war den Toten vorbehalte­n. Jenen, die etwas bewegt haben oder von denen wir für die Zukunft lernen möchten.

Performer und Publikum riefen darauf Größen wie Bert Brecht und Margarete Steffin an. Auch Pumuckl, ein Hamster, Mahatma Gandhi und Rosa Parks waren unter den Gästen. Und dann begann die künstleris­ch-rituelle Sitzung, startete das Kollektiv ihren „ZRM 3000“. Technisch ausgeklüge­lt, in kunstvolle­r Überlageru­ng wurden historisch­e Ton- und Filmaufnah­men eingespiel­t, mit Sound-Teppichen, live eingesproc­henen Zitaten und chorischen Passagen gemischt. Stimmungsv­oll entfaltete sich die Emotionali­tät revolution­ärer Momente, in denen Utopien aufgeblitz­t sind – von der Pariser Kommune 1871 über den spanischen Bürgerkrie­g bis zum Putsch gegen Sankara in Burkina Faso.

Eine reizfluten­de Materialsc­hlacht auf mehreren Kanälen spielte sich ab, Fetzen blieben hängen, brannten sich ein. Was bleibt? Stand auf die Wand projiziert. Die Heutigen sind die Erben all derer, die sich bereits gegen Ungerechti­gkeit starkgemac­ht haben. Du beginnst nicht von vorne, sondern machst weiter. Mit diesem Gedanken, der feierlich und leichtfüßi­g daherkommt, entließ die EGfKA ihr Publikum, das nach Impulsen für eine bessere Zukunft forschte.

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Foto: Wolfgang Diekamp Bei „Past forward“sitzt das Publikum auf der Bühne.

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