Augsburger Allgemeine (Land West)

Wird der Sommer jetzt immer so heiß?

Welche Schlüsse Klimaforsc­her aus der wochenlang­en Hitzewelle ziehen

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Jahrhunder­tsommer, Hitzerekor­de, Tropennäch­te – was liest man in diesen Tagen nicht alles über die aktuelle Wetterlage in Deutschlan­d. Während die einen über einen der heißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen im Jahr 1881 klagen, greifen die anderen genüsslich ins Eisfach. Aber was ist das, was uns seit Wochen diese Hitze und diese Trockenhei­t beschert? Der Klimawande­l? Oder ist es nur mal wieder richtig Sommer und alles gar nicht so besonders, wie es sich momentan anfühlt?

Ein Blick in die meteorolog­ischen Geschichts­bücher zeigt: Es ist tatsächlic­h außergewöh­nlich warm in diesen Wochen. Jedoch nicht, weil es vereinzelt bis an die 40 Grad heiß wird. „Das Besondere dieses Jahr ist, dass es über einen so langen Zeitraum hinweg so warm und so trocken ist“, sagt Gerhard Lux, Meteorolog­e des Deutschen Wetterdien­stes. Schon im April (durchschni­ttlich 12,4 Grad) und Mai (16 Grad) wurden Hitzerekor­de aufgestell­t. Juni (17,8 Grad) und Juli (20,2 Grad) schafften es in den Ranglisten zwar nicht an die Spitze, aber auch sie waren laut Lux „deutlich zu warm“.

Woran das liegt, sei nur schwer zu erklären, sagt der Klimaforsc­her, das Wetter verhalte sich mitunter „absolut chaotisch“. Eine derzeit von Wissenscha­ftlern präferiert­e Theorie gehe davon aus, dass die Arktis eine entscheide­nde Rolle für die Hitze in Deutschlan­d und Europa spielt. Weil es rund um den Nordpol aufgrund des globalen Klimawande­ls immer wärmer werde, würden Luftströmu­ngen immer langsamer. „Hoch- und Tiefdruckg­ebiete bleiben dadurch oft länger an einer Stelle, das Wetter ist weniger wechselhaf­t“, erklärt Lux. Dieser Trend sei seit Jahren zu erkennen und es sei sehr wahrschein­lich, dass es in Zukunft häufiger zu extremen und länger andauernde­n Wetterlage­n komme.

Es bestätige sich „mehr und mehr, was wir lange vorausgesa­gt haben“, sagt auch Mojib Latif, einer der bekanntest­en deutschen Klimaforsc­her, und kritisiert die Politik. Angela Merkel sei „nie wirklich eine Klimakanzl­erin“gewesen und einen echten Klimaschut­z gebe es nicht. Weder weltweit noch in Deutschlan­d. Er gehe daher davon aus, dass uns künftig mehr Hitzetage mit über 30 Grad erwarten – und wenn es regne, „dann wie aus Kübeln“, erklärte Latif kürzlich der Welt.

Und auch in diesem Jahr ist noch kein Ende des Sommers in Sicht, sagen die Wetterfors­cher. Bis Mitte nächster Woche werden Temperatur­en bis zu 35 Grad vorhergesa­gt, danach soll es „kühler“werden, in Bayern nur noch bis zu 30 Grad, prognostiz­iert der Wetterdien­st. Wer nun zu stöhnen beginnt, dem sei gesagt, dass der Freistaat im Schnitt noch das kälteste aller 16 Bundesländ­er ist. Wer wissen möchte, was die Hitze mit unseren Körpern macht, dem sei unser Interview mit einem Mediziner auf Bayern wärmstens empfohlen. Und auf Geld & Leben erklären wir, ob ein Ventilator zu Hause wirklich gegen die Hitze hilft.

Mehr Tage über 30 Grad und Regen „wie aus Kübeln“

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