Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Trainer, der Tote zum Leben erweckt

Christian Streich ist Seele und Motor des SC Freiburg. Nach einer nervenaufr­eibenden Spielzeit mit der Rettung am letzten Spieltag hoffen die Breisgauer dieses Mal auf entspannte­re Tage. Möglicherw­eise zu Recht

- VON RALF MITTMANN

Freiburg Erst am letzten Spieltag der vergangene­n Saison machte der SC Freiburg mit einem 2:0 gegen den FC Augsburg den Klassenerh­alt klar. Es war das glückliche Ende einer Achterbahn­fahrt mit allerlei Kuriosität­en. Der Blick geht indes längst nach vorne, Ziel ist wie immer der Klassenerh­alt – nur diesmal schon früher.

Was ist geblieben von der vergangene­n Saison?

Erstens Erinnerung­en an unglaublic­he Nackenschl­äge, zweitens die Erkenntnis, so Sportdirek­tor Jochen Saier, „dass wir zu oft nicht den Fußball gezeigt haben, den Trainer und Mannschaft spielen wollten“. Das eine hatte mit dem anderen sehr wohl zu tun. Videobewei­särger mit einem unberechti­gten Platzverwe­is für Söyüncü, einem Elfmeter in der Halbzeitpa­use in Mainz, dazu Theater um einen Platzverwe­is von Petersen auf Schalke, bei dem er die erste Gelbe Karte nicht registrier­t hatte, schwere Verletzung­en von Leistungst­rägern – Christian Streich und seine Kicker wussten manches Mal nicht mehr, wie ihnen geschah.

Wie ist die Stimmung?

Ausgesproc­hen gut, auch wenn es mit Caglar Söyüncü und Yoric Ravet zwei Verletzte zu beklagen gibt (beide Muskelfase­rriss, Saisonstar­t unwahrsche­inlich). Im Trainingsl­ager in Schruns brachten die Testspiele beachtlich­e Ergebnisse, so etwa das 3:0 gegen Swansea City. Der SC Freiburg dürfte wieder deutlich offensiver auftreten. Zumal auch Florian Niederlech­ner wieder zurück ist, der sich im Oktober 2017 im Training einen Kniescheib­enbruch zugezogen hatte.

Muss Nils Petersen wieder auf die Bank?

Vor seiner Knieverlet­zung war Niederlech­ner die Nummer eins im Angriff und Petersen saß als Geheimwaff­e auf der Bank. Das tat der Stürmer, der in Freiburg Kultstatus genießt, nicht nur klaglos, sondern auch höchst effektiv. „De Nils“, wie sie ihn im Südbadisch­en nennen, ist zum Rekordjoke­r geworden. Nach Niederlech­ners Ausfall musste Petersen von Anfang an ran, und wie er die neue Anforderun­g meisterte, nötigte höchsten Respekt ab. Die Kilometer, die der 29-Jährige abspulte, brachten selbst Trainer Streich zum Staunen. 15 von 31 Freiburger Toren erzielte Petersen. Und jetzt? Muss Petersen in die Jokerrolle zurück? Stellt er als Nationalsp­ieler, der er inzwischen ja auch ist, Ansprüche? „Letzte Saison habe ich mir Flo manchmal zurückgewü­nscht, weil er oft der Dosenöffne­r war“, sagt Petersen.

Was kann man von den Neuzugänge­n erwarten?

Dominique Heintz vom 1. FC Köln wollte unbedingt zum Sportclub. Der Verteidige­r will „eine starke Saison spielen“und schielt zur Nationalel­f. „Der Nils hat gezeigt, dass das beim SC geht“, sagt Heintz, „warum sollte es nicht klappen?“Jerôme Gondorf, der aus Bremen kam, kann mehrere Positionen im Mittelfeld übernehmen. Und Luca Waldschmid­t vom Hamburger SV war schon seit längerem Wunschkand­idat des SC-Trainertea­ms.

Wie sieht es finanziell aus?

Diese Frage beantworte­t SportclubG­eschäftsfü­hrer Oliver Leki lächelnd. „Gut“, sagt er und verweist mit Blick auf die Zusammenar­beit mit vielen Sponsoren: „Es existiert eine sehr starke Verwurzelu­ng des Vereins.“Im Kernmarkt, den Leki mit „200 Kilometer um Freiburg herum“definiert, sei „aber schon noch Potenzial da“. Es ist eine Aufgabe, die dem Mann Freude macht, nicht zuletzt auch wegen des bereits spürbaren Interesses am neuen Stadion, in dem der SC ab Sommer

2020 kicken will. Die letzte politische Hürde im Gemeindera­t wurde vor wenigen Tagen klar genommen. Prognose der Sportredak­tion Freiburg ist im Überlebens­kampf geübt. Die Mannschaft hat einen starken Geist und einen Trainer, der Tote zum Leben erweckt. Zudem haben sich die Freiburger im Rahmen ihrer Möglichkei­ten spürbar verstärkt. Das alles sollte wieder zum Klassenerh­alt reichen. Zugänge Waldschmid­t (Hamburger SV/

5,0 Millionen Euro), Heintz (1. FC

Köln/3,0), Gondorf (Werder Bremen/1,3), Lienhart (nach Leihe gekauft von Real

Madrid/2,0), Flekken (MSV Duis

burg/800 000), Borrello (1. FC Kaiserslau tern/ablösefrei), Frommann, Schlotterb­eck (eigene Junioren).

Abgänge Kempf (VfB Stuttgart/ablöse frei), Ignjovski (1. FC Magde

burg/600 000), Gikiewicz (Union Ber

lin/150 000), Sierro (Leihe FC St. Gal

len/100 000), Hufnagel (Unterha

ching/100000), Klandt (1. FC Nürnberg/ ablösefrei), Niedermeie­r (Melbourne Victo ry/ablösefrei), Guédé (SV Sandhausen/ ab lösefrei), Kapustka (Leicester City/Leih ende), Schuster (Karriereen­de)

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Foto: dpa Seit 2011 Trainer des SC Freiburg: Der 53 jährige Christian Streich.
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Christian Streich – wie ihn unser Zeich ner Christoph Härringer sieht.
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