Augsburger Allgemeine (Land West)

Sommerszen­en in der Stadt

Warum eine Brille im Herkulesbr­unnen Laune macht und nach einem Bad im Proviantba­ch das dicke Ende kommt

- Hieß bis vor Kurzem noch Kresse. Die Redakteuri­n lebt seit vier Jahren in Augsburg. Altstadt und Siebentisc­hwald haben es ihr besonders angetan. Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit A

macht. Das ist allerdings wesentlich jünger. Wir sind dafür gesitteter. Na ja, nicht ganz. Aber dass die Sonnenbril­le von einem von uns plötzlich im Brunnen landet, ist wirklich keine Absicht. Wir schauen blöd. Das geht bei Sonnenlich­t ohne Brille besonders gut.

Mit allen Armen und Beinen, die wir haben, fischen wir nach der schwarzen Ray-Ban. Wir lachen und werden wieder zu Kindern. Hosen, Hemden und T-Shirts sind nass. Wen kümmert es – es ist Sommer. Und der macht Spaß. Große Freude bereitet derzeit auch der Proviantba­ch.

Zumindest flussabwär­ts.

Bei den vielen Bäumen am Bach (liebe

Stadt, bitte jetzt auf keine doofen Ideen kommen) lässt es sich dort bei Saunatempe­raturen hervorrage­nd aushalten. Was für ein Genuss es ist, in den kühlen Kanal zu springen und sich abwärts treiben zu lassen. Am liebsten würde ich nicht mehr aussteigen. Das hat auch einen anderen Grund.

Denn das Blöde ist: Nach dem Ausstieg muss ich auf der schmalen Liegewiese zurück zu meinem Platz laufen. Im Bikini. An vielen Menschen vorbei. Und ja, ich werde da- bei von zig Sonnenanbe­tern gemustert. Das liegt jetzt nicht an mir. So ergeht es jedem, der den Proviantba­ch-Laufsteg, der von Zuschauern links und rechts gesäumt ist, entlang schreitet. Fehlt nur noch, dass Bewertungs­tafeln von 1 bis 10 gezückt werden. Oder Heidi Klum, die am Ende des Proviantba­ch-Laufstegs steht und kreischt: „Ich habe heute leider kein Foto für dich.“Ich habe schon mal versucht gegen die Strömung zurück Richtung Platz zu schwimmen. Vergessen Sie es. Apropos schwimmen. Neulich am Ilsesee fällt mir diese Flut an pinken FlamingoSc­hwimmreife­n auf. Ich weiß nicht, ob man das soziologis­ch interpreti­eren muss. Früher hatten wir noch aufblasbar­e, grüne Krokodile, die die Zähne fletschten. Alle verweichli­cht heutzutage. Ich nehme mich da nicht aus. Denn als der Rücken eines riesigen Fisches im See vor meiner Nase auftaucht, schwimme ich so schnell an Land zurück, wie noch nie. In dem Moment hätte ich auch den Proviantba­ch stromaufwä­rts gepackt. Doppelschw­ör. Entschuldi­gung, ich drifte ab. Dabei wollte ich noch zum Judenberg kommen.

Dort hängt nämlich die Mahnung, dass wir den Sommer trotz Hitze genießen sollten: eine vergessene Weihnachts­beleuchtun­g. Der Winter steht vor der Tür. Gar keine Frage.

Ina Marks ***

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