Augsburger Allgemeine (Land West)
Dieser Schuss ging nach hinten los
Ein 54-Jähriger hat keinen Jagdschein mehr, er schießt aber bei Zusmarshausen weiterhin eifrig Rehe, Böcke und Wildschweine. Die Polizei ertappt ihn auf frischer Tat. Jetzt wurde er verurteilt
Landkreis Augsburg Für den passionierten Jäger ist es ein Blattschuss, mit dem ihn die Justiz erlegt hat. Als der 54-Jährige, stilecht im hellen Lodenjanker gekleidet, gestern den Gerichtssaal verlässt, steht fest: Er wird nie mehr zur Jagd gehen dürfen. Trotzdem hat der Angeklagte, der im westlichen Landkreis wohnt, Glück, nicht noch ins Gefängnis zu müssen.
Das Amtsgericht Augsburg hat den Jäger wegen Urkundenfälschung, Jagdwilderei, unerlaubten Besitzes eines Gewehres und von Munition sowie Fahren ohne Führerscheins verurteilt. Die ausgesprochene Haftstrafe von 20 Monaten ist für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Verurteilte 2500 Euro als Geld- buße an den Bunten Kreis überweisen.
Der 54-Jährige reagierte sichtlich erleichtert auf sein Urteil. Im Café Freud, gegenüber dem Gerichtsgebäude gelegen, feierte er mit Walter Rubach, seinem Anwalt, den Richterspruch bei einem Glas Wasser. Denn Alkohol, das zeigte die Gerichtsverhandlung, scheint dem Frührentner bereits viele Probleme bereitet zu haben. Zweimal schon stand er wegen Trunkenheit vor Gericht. 2013 hatte ihn das Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und den Führerschein eingezogen. Den drohenden Entzug seines Jagdscheins durch das Landratsamt vor Augen, hat er seinen Jagdschein daraufhin freiwillig abgegeben.
Doch andere Jäger treffen den gelernten Karosseriebauer weiterhin in den Wäldern, die zum Forstamt Zusmarshausen gehören, jagend an. Auch legt der eifrige Jäger dem Forstbetriebsleiter Hubert Droste regelmäßig seine Abschüsse vor. Ab Mai 2015 schießt er Böcke, Schmalrehe, Geißen, Bock- und Rehkitze, ein Wildschwein. Bis Dezember 2017 kommt er auf 50 geschossene Tiere. Droste hat dem Mann aufgrund eines ihm vorgelegten Jagdscheins die Reviere „Tann“und „Eich“zugeteilt. Was der Forstbetriebsleiter nicht ahnt: Der Jagdschein ist vom Jäger gefälscht. Er hatte sich Blankovordrucke für Jagdscheine beschafft. Wie, bleibt im Prozess ungeklärt.
Einen der Vordrucke hatte er selbst ausgefüllt. Dazu fälschte er die Unterschrift des Leiters der Unteren Jagdschutzbehörde und stempelte das Dokument. Im Prozess war er deswegen zunächst auch des Diebstahls angeklagt. Die Vordrucke habe er „im Internet direkt beim Hersteller“bestellt, behauptete der Angeklagte. Was aber nach Angaben des hessischen Herstellers der Jagdscheine ausgeschlossen ist, weil nur Kommunen und Behörden beliefert werden, nicht aber Privatpersonen. Ein Widerspruch, der sich im Prozess nicht klären ließ, weshalb die Staatsanwaltschaft den Diebstahlvorwurf fallen ließ.
Staatsanwalt Benjamin Junghans beantragte am Ende der Beweisaufnahme eine Bewährungsstrafe für den angeklagten Jäger. Dem schloss sich das Gericht an.
Der Schwindel war aufgeflogen, als schon länger unter Waidmännern kursierende Gerüchte Forstbetriebsleiter Droste zu Ohren kamen und er die Polizei einschaltete. Der angeklagte Jäger wurde 2017 am Nikolaustag von Beamten des Polizeireviers Zusmarshausen auf frischer Tat ertappt. Im Waldgebiet „Horn“hatte er an einem Sammelansitz mehrerer Reviere teilgenommen. Dass er ohne Führerschein dorthin gefahren war, bezeugten Waldarbeiter, die seinen Land Rover bei der Anfahrt gesehen hatten.
Die Polizei beschlagnahmte in der Wohnung des Angeklagten schließlich ein Repetiergewehr sowie mehr als 200 Schuss Munition. Besonders gesichert im Tresor lagen acht Blankovordrucke eines Jagdscheins.
Den Jagdschein hat der Angeklagte selbst ausgefüllt