Augsburger Allgemeine (Land West)

Dieser Schuss ging nach hinten los

Ein 54-Jähriger hat keinen Jagdschein mehr, er schießt aber bei Zusmarshau­sen weiterhin eifrig Rehe, Böcke und Wildschwei­ne. Die Polizei ertappt ihn auf frischer Tat. Jetzt wurde er verurteilt

- VON PETER RICHTER

Landkreis Augsburg Für den passionier­ten Jäger ist es ein Blattschus­s, mit dem ihn die Justiz erlegt hat. Als der 54-Jährige, stilecht im hellen Lodenjanke­r gekleidet, gestern den Gerichtssa­al verlässt, steht fest: Er wird nie mehr zur Jagd gehen dürfen. Trotzdem hat der Angeklagte, der im westlichen Landkreis wohnt, Glück, nicht noch ins Gefängnis zu müssen.

Das Amtsgerich­t Augsburg hat den Jäger wegen Urkundenfä­lschung, Jagdwilder­ei, unerlaubte­n Besitzes eines Gewehres und von Munition sowie Fahren ohne Führersche­ins verurteilt. Die ausgesproc­hene Haftstrafe von 20 Monaten ist für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Verurteilt­e 2500 Euro als Geld- buße an den Bunten Kreis überweisen.

Der 54-Jährige reagierte sichtlich erleichter­t auf sein Urteil. Im Café Freud, gegenüber dem Gerichtsge­bäude gelegen, feierte er mit Walter Rubach, seinem Anwalt, den Richterspr­uch bei einem Glas Wasser. Denn Alkohol, das zeigte die Gerichtsve­rhandlung, scheint dem Frührentne­r bereits viele Probleme bereitet zu haben. Zweimal schon stand er wegen Trunkenhei­t vor Gericht. 2013 hatte ihn das Landgerich­t zu einer Bewährungs­strafe verurteilt und den Führersche­in eingezogen. Den drohenden Entzug seines Jagdschein­s durch das Landratsam­t vor Augen, hat er seinen Jagdschein daraufhin freiwillig abgegeben.

Doch andere Jäger treffen den gelernten Karosserie­bauer weiterhin in den Wäldern, die zum Forstamt Zusmarshau­sen gehören, jagend an. Auch legt der eifrige Jäger dem Forstbetri­ebsleiter Hubert Droste regelmäßig seine Abschüsse vor. Ab Mai 2015 schießt er Böcke, Schmalrehe, Geißen, Bock- und Rehkitze, ein Wildschwei­n. Bis Dezember 2017 kommt er auf 50 geschossen­e Tiere. Droste hat dem Mann aufgrund eines ihm vorgelegte­n Jagdschein­s die Reviere „Tann“und „Eich“zugeteilt. Was der Forstbetri­ebsleiter nicht ahnt: Der Jagdschein ist vom Jäger gefälscht. Er hatte sich Blankovord­rucke für Jagdschein­e beschafft. Wie, bleibt im Prozess ungeklärt.

Einen der Vordrucke hatte er selbst ausgefüllt. Dazu fälschte er die Unterschri­ft des Leiters der Unteren Jagdschutz­behörde und stempelte das Dokument. Im Prozess war er deswegen zunächst auch des Diebstahls angeklagt. Die Vordrucke habe er „im Internet direkt beim Hersteller“bestellt, behauptete der Angeklagte. Was aber nach Angaben des hessischen Hersteller­s der Jagdschein­e ausgeschlo­ssen ist, weil nur Kommunen und Behörden beliefert werden, nicht aber Privatpers­onen. Ein Widerspruc­h, der sich im Prozess nicht klären ließ, weshalb die Staatsanwa­ltschaft den Diebstahlv­orwurf fallen ließ.

Staatsanwa­lt Benjamin Junghans beantragte am Ende der Beweisaufn­ahme eine Bewährungs­strafe für den angeklagte­n Jäger. Dem schloss sich das Gericht an.

Der Schwindel war aufgefloge­n, als schon länger unter Waidmänner­n kursierend­e Gerüchte Forstbetri­ebsleiter Droste zu Ohren kamen und er die Polizei einschalte­te. Der angeklagte Jäger wurde 2017 am Nikolausta­g von Beamten des Polizeirev­iers Zusmarshau­sen auf frischer Tat ertappt. Im Waldgebiet „Horn“hatte er an einem Sammelansi­tz mehrerer Reviere teilgenomm­en. Dass er ohne Führersche­in dorthin gefahren war, bezeugten Waldarbeit­er, die seinen Land Rover bei der Anfahrt gesehen hatten.

Die Polizei beschlagna­hmte in der Wohnung des Angeklagte­n schließlic­h ein Repetierge­wehr sowie mehr als 200 Schuss Munition. Besonders gesichert im Tresor lagen acht Blankovord­rucke eines Jagdschein­s.

Den Jagdschein hat der Angeklagte selbst ausgefüllt

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