Augsburger Allgemeine (Land West)

Die langsamen Mühlen der Politik

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Wenn ein Auto so langsam fahren würde, wie die deutsche Politik die Abgasaffär­e aufarbeite­t, dann wäre es bestenfall­s als Tretmobil geeignet. Vor einem Jahr haben Bundesregi­erung und Autoindust­rie Software-Nachrüstun­gen für Stinkerdie­sel und einen Milliarden­fonds versproche­n. Es war Gefahr in Verzug. Es drohten Fahrverbot­e wegen zu hoher Schadstoff­werte in den Städten.

Passiert ist seitdem viel zu wenig. Die Software-Nachrüstun­gen hängen im Zeitplan hinterher. Und aus dem Milliarden­fonds hat noch keine deutsche Großstadt Geld erhalten, um Maßnahmen zur Luftreinha­ltung zu bezahlen.

Viele Städte – auch Augsburg und München – haben zwar Masterplän­e gegen die Luftversch­mutzung entwickelt. Doch wenn die Umsetzung so langsam erfolgt, wie die Mühlen der Politik mahlen, dann werden Fahrverbot­e immer wahrschein­licher. Bislang gibt es sie nur in zwei Hamburger Straßenabs­chnitten. Die sind im Übrigen unsinnig, weil die alten Dieselauto­s jetzt drumherum fahren. Sie fahren daher eher mehr als weniger.

In Bayern hat Ministerpr­äsident Markus Söder vor knapp zwei Monaten einen so genannten Autopakt mit der Industrie versproche­n, um Fahrverbot­e zu verhindern. Seitdem hat man nichts mehr davon gehört. Bis heute ist sogar unklar, was dieses Verspreche­n bedeutet. Das passt zum Gesamtbild der Politik in der Abgasaffär­e.

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