Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Fluch des Börsen-Kapitalism­us

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Kapitalism­us kann wehtun, Börsen-Kapitalism­us besonders. Jedes Quartal müssen Konzerne wie Siemens berichten, wie es ihnen geht. Analysten fordern dann mehr und immer mehr Rendite ein, ob das für die Mitarbeite­r des Unternehme­ns gut ist oder nicht. Der immense Quartals-Druck steht einer langfristi­g orientiert­en und damit sinnvollen Unternehme­nspolitik im Weg. So werden Chefs von Aktiengese­llschaften zum Aktionismu­s gezwungen. Sie bauen ihre Firmen ein ums andere Mal um. Daran verdienen vor allem Unternehme­nsberater und Spekulante­n. Richtig schmutzig wird das Spiel, wenn Manager aus Loyalität gegenüber Belegschaf­ten darauf verzichten, die Gier-Keule rauszuhole­n. Dann locken sie rasch Aktivisten wie bei Thyssen an, die sich Aktien kaufen und so lange Krawall machen, bis Vorstände gehen und der Laden zerschlage­n wird. An diesem Wahnsinn könnten Vorstandsv­orsitzende wie Siemens-Chef Kaeser verzweifel­n. Doch der Manager wehrt sich listig. Weil er anders als bei BMW oder Volkswagen nicht unter dem Schutz eines Großaktion­ärs steht, gibt er dem Affen zwar immer wieder Zucker, behält aber die Interessen der Mitarbeite­r und Geschäftsp­artner im Auge. Diesen Balanceakt zwischen Rendite-Gier und gesellscha­ftlicher Verantwort­ung haben schon andere SiemensChe­fs wie Heinrich von Pierer mit wechselnde­m Erfolg gewagt. Das beste Mittel gegen aggressive Aktivisten sind gute Zahlen. Das schreckt Gier-Investoren ab wie Knoblauch und Kreuze Vampire.

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Foto: Christof Stache, afp Siemens Chef Joe Kaeser baut den Kon zern wieder um.

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