Augsburger Allgemeine (Land West)

Tesla macht Verlust und wird trotzdem gefeiert

Die Anleger haben Vertrauen in Musk. Bayern buhlt gar um eine Fabrik

- Süddeutsch­en Zeitung

Palo Alto Tiefrote Zahlen, doch die Aktionäre sind euphorisch: TeslaChef Elon Musk hat die Wall Street einmal mehr mit großen Verspreche­n beeindruck­t. Die schwierige Produktion des Hoffnungst­rägers Model 3 solle endlich richtig Fahrt aufnehmen und Gewinne abwerfen, verkündete Musks Unternehme­n. Tesla stehe kurz davor, „nachhaltig profitabel“zu werden, bekräftigt­e der schillernd­e Tech-Milliardär. Das kam am Markt gut an – die Aktie stieg nachbörsli­ch zeitweise um über neun Prozent.

Erleichter­t nahmen Anleger zur Kenntnis, dass Musk sich bei der obligatori­schen Telefonkon­ferenz nach Vorlage des Quartalsbe­richts von seiner höflichen Seite zeigte und sich für seinen als arrogant empfundene­n Auftritt beim letzten Mal entschuldi­gte. Vor drei Monaten hatte der Star-Unternehme­r Analysten abgekanzel­t und Fragen als trocken, langweilig und „nicht cool“abgelehnt. Diesmal war Musk hingegen merklich um Harmonie bemüht und ließ seinen Charme spielen.

Überzeugun­gsarbeit bei den Investoren ist aber durchaus angebracht. Denn noch ist das Model 3 ein finanziell­er Kraftakt, der Tesla im Frühjahr tiefer als erwartet in die roten Zahlen drückte. Im zweiten Quartal schlug ein auf die Aktionäre entfallend­er Verlust von 718 Millionen Dollar (615 Mrd. Euro) zu Buche. Im Vorjahr hatte der Fehlbetrag bei 336 Millionen Dollar gelegen. Der Umsatz stieg hingegen überrasche­nd stark um mehr als 40 Prozent auf 4,0 Milliarden Dollar.

Tesla geht davon aus, bis Ende August eine wöchentlic­he Fertigungs­rate von 6000 Stück beim Model 3, seinem ersten günstigere­n Auto für den Massenmark­t, zu erreichen. Danach soll das Tempo rasch weiter erhöht werden. „Wir streben an, die Produktion, so schnell wir können, auf 10 000 Stück pro Woche auszuweite­n“, hieß es im Brief an die Aktionäre. Ab einer Rate von 7000 Stück meint TeslaChef Musk, dauerhaft profitabel wirtschaft­en zu können. Im dritten Quartal will Tesla insgesamt 50000 bis 55000 Model 3 produziere­n.

In den vergangene­n Monaten sorgte das neue Auto, mit dem Tesla den Sprung aus der Luxusnisch­e schaffen will, für enormen Druck. Die Fertigungs­ziele mussten mehrfach verschoben werden und konnten Ende Juni nur auf Biegen oder Brechen erreicht werden. Musk machte das Großprojek­t zur Chefsache, schlug ein Nachtlager in Teslas Fabrik im kalifornis­chen Fremont auf und trug laut eigenen Angaben tagelang das gleiche Shirt. Um sein ehrgeizige­s Ziel zu erfüllen, pro Woche 5000 Model 3 vom Band rollen zu lassen, wurde kurzerhand eine ganze Montagelin­ie eingefloge­n, die in einem Zelt aufgestell­t wurde.

Auch Politiker hierzuland­e sind neuerdings im Tesla-Fieber. Nachdem Musk Deutschlan­d im Juni als „bevorzugte Wahl für Europa“bezeichnet­e, bringen sich Bundesländ­er als Tesla-Standorte ins Spiel. Das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bekundeten bereits Interesse, jetzt zog auch Bayern nach. Als möglichen Sitz für ein Tesla-Werk nannte Landeswirt­schaftsmin­ister Franz Josef Pschierer (CSU) in der

die Region Hof in Nordostbay­ern. Es gebe bereits Kontakte, „der Freistaat bietet für eine Ansiedlung exzellente Voraussetz­ungen“. Dort hat Pschierer jüngst eine Niederlass­ung der Wirtschaft­sagentur eröffnet, sie soll neue Unternehme­n in die Region locken.

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Foto: afp Ging bei den Anlegern auf Kuschelkur­s: Tesla Chef Elon Musk.

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