Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Langzeitbe­lichtung gelingt

Wenn Lichter verschwimm­en, wirkt das oft schön. So glückt Anfängern dieser Effekt

- Chip. Julia Ruhnau, dpa

Frankfurt Wenn Sterne im Nachthimme­l ihre Bahnen ziehen oder das Wasser eines Bachlaufs wie ein samtiger Schleier aus einem Märchenlan­d wirkt, ergibt das fasziniere­nde Bilder. Wer als Fotograf solche Effekte erzeugen möchte, muss mit Langzeitbe­lichtung arbeiten. So gehen es Einsteiger an:

● Anwendungs­gebiete „Langzeitbe­lichtung ist ein beliebtes Stilmittel, um Menschen in Unschärfe verschwimm­en oder sie sogar gänzlich verschwind­en zu lassen“, sagt Constanze Clauß vom Photoindus­trieVerban­d. Sie ist sinnvoll, wenn man Bewegungen verwischt darstellen will oder bei wenig Licht fotografie­rt. Am Tag lassen sich tolle Effekte erzielen. Mit samtig verschleie­rtem Himmel oder sanft wogendem Gras muten Landschaft­saufnahmen fast impression­istisch an. Beim Lightpaint­ing kann man leuchtende Wörter in die Dunkelheit schreiben. Auch Leuchtspur­en von Autos oder einem Feuerwerk sind das Ergebnis von ein paar Sekunden Belichtung­szeit. Für die Astrofotog­rafie braucht es dann mehrere Minuten oder sogar Stunden.

● Kamera „Prinzipiel­l ist das mit jeder Kamera möglich, man muss nur die Belichtung­szeit manuell einstellen können“, erklärt Moritz Wanke vom Fachmagazi­n Viele neuere Kompaktkam­eras und Smartphone­s bieten schon entspreche­nde Einstellun­gen. Zusätzlich kann man Apps wie Slow Shutter Cam (für iOS) oder Manual Camera (Android) nutzen. Oft ist mit der Belichtung aber bei 30 Sekunden Schluss. Ansonsten unterschei­den sich einfachere Kameras vor allem in Funktionsu­mfang und Bildqualit­ät von teureren Systemkame­ras. „Für Facebook oder Instagram reicht die Bildqualit­ät mehr als aus“, sagt Wanke. Systemkame­ras mit oder ohne Spiegel fangen allerdings deutlich mehr Details ein – wichtig, wenn man größere Abzüge machen will. Außerdem kann man bei Systemkame­ras mit dem Bulb-Modus mehrere Stunden belichten. „30 Sekunden reichen für ein Sternenfot­o, aber nicht unbedingt für die Milchstraß­e“, sagt Wanke.

● Zubehör Wer schon einmal bei wenig Licht fotografie­rt hat, kennt das Problem: Die Bilder sind verwackelt. Das liegt daran, dass auch die ruhigste Hand eine Kamera nicht länger als eine Sekunde still halten kann. Deswegen ist bei Langzeitbe­lichtungen ein Stativ empfehlens­wert. Constanze Clauß empfiehlt ein oder Vierbeinst­ativ. In schwierige­m Gelände, etwa im Gebirge, sei ein Einbeinsta­tiv praktisch. Wer kein Stativ zur Hand hat, kann sich mit einem Bohnensäck­chen oder einer festen Unterlage behelfen. Für Smartphone­s kann man einen Selfiestic­k an einem anderen Gegenstand befestigen. Mit einem Fernauslös­er vermeidet man Erschütter­ungen beim Drücken des Auslösers. Viele Kameras kann man auch per App fernsteuer­n. Ansonsten lässt sich der Selbstausl­öser zu Hilfe nehmen oder die Einstellun­g Spiegelvor­auslösung wählen. Wer am Tag fotografie­rt, muss mit einem weiteren Problem umgehen: Die Bilder werden bei mehreren Sekunden Belichtung­szeit viel zu hell, egal, wie weit die Blende geschlosse­n ist. Deswegen braucht man zusätzlich sogenannte Grau oder ND Filter, die die Linse abdunkeln. Kompaktkam­eras oder Smartphone­s kommen hier an ihre Grenzen, weil sie kein entspreche­ndes Gewinde besitzen. „Bei mehreren Minuten Belichtung braucht man auch bei Sonnenaufo­der Untergang einen Filter“, sagt Fotograf Matthias Haltenhof aus Halle an der Saale.

● Einstellun­gen Der ISO Wert sollte bei 100 bis 200 liegen, damit das Rauschen möglichst gering ist. Sonst erscheint das Bild schnell grobkörnig. Um vor der Aufnahme den Fo kus richtig zu setzen, sucht man sich am besten einen Lichtpunkt, rät Haltenhof, etwa eine Straßenlat­erne oder den Mond. Notfalls kann man mit einer starken Taschenlam­pe ein Objekt anleuchten und darauf scharf stellen. Oder man stellt den Fokus am Objektiv auf unendlich. Um herauszufi­nden, welche Verschluss­zeit die richtige ist, kann man entweder herumprobi­eren oder Testbelich­tungen machen. Für besondere Wolkeneffe­kte reichen Werte ab 30 Sekunden, um Plätze menschenle­er zu fegen, sind mehrere Minuten nöDrei- tig. Haltenhof belichtet meist nicht länger als zehn Minuten. „Sonst wird die Bildqualit­ät zu schlecht.“Je länger die Kamera arbeitet, desto wärmer wird der Sensor, das Rauschen nimmt zu. Bei sogenannte­n Star-Trail-Aufnahmen, mit denen man die Bewegung der Sterne festhält, muss man das allerdings in Kauf nehmen.

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Foto: Dudarev Mikhail, Adobe Stock Es ist ein Hingucker: Das Foto fängt gleichzeit­ig den Sonnenunte­rgang und den Lauf der Sterne ein. Dieser Effekt gelingt mit einer sehr langen Belichtung­szeit.

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