Augsburger Allgemeine (Land West)

Frieden kann man auch lernen

Palästinen­sische Aktivisten zu Gast

- VON ALOIS KNOLLER

Es geht ihnen nicht wirklich gut. Ihre Stadt Bethlehem umgibt eine bis zu neun Meter hohe Betonmauer und ihre Bewegungsf­reiheit selbst in den palästinen­sischen Autonomieg­ebieten ist stark eingeschrä­nkt. Wo sie Israelis begegnen, tragen diese schwere Waffen, ihren zivilen Alltag kennen sie nicht. Trotzdem halten die jungen Aktivisten des Arab Educationa­l Institute (AEI) an der Idee fest, dass der Friede möglich ist. Sie setzen auf gewaltfrei­es Handeln und trainieren Jugendlich­e und Frauen. Für zehn Tage hat Pax Christi, die katholisch­e Friedensbe­wegung, sieben junge AEI-Vertreter in Augsburg für eine Begegnung zu Gast.

„Ich staune immer wieder, welche Lebensfreu­de diese Palästinen­ser haben“, sagt Friedensre­ferent Christian Artner-Schedler. Seit zehn Jahren sei das AEI schon Partner von Pax Christi Augsburg. „Sie leisten Widerstand gegen die Besatzung – aber unbedingt gewaltfrei“, weiß er. Mit der Gruppe besuchte er sowohl die Lindauer Friedensrä­ume als auch das Denkmal von Hans und Sophie Scholl an der Münchner Universitä­t. Gemeinsam hielten sie einen Theaterwor­kshop „Wir und die Anderen“.

In Bethlehem, so berichtete der 17-jährige Nader in bestem Englisch, bestehen zwei Häuser des AEI. Im Stadtzentr­um trifft sich dort vor allem die Jugend, unter anderem trainieren sie gewaltfrei­es Handeln, erweitern ihr Wissen auch über palästinen­sische Geschichte, Kultur und Traditione­n und lesen in der Heiligen Schrift. Eine Reihe von Freiwillig­en (Volunteers) aus dem Ausland, besonders aus Deutschlan­d, begleiten die Jugendlich­en. Es gebe auch Exkursione­n ins Land, Sommerkurs­e und Feiern mit arabischer Musik und Tänzen. Nahe bei der Mauer steht das Sumud Story House, in dem sich die Frauen und Senioren treffen. Hier erzählen sie von ihren Familien und bestärken sich darin, dass sich ihre Situation einmal bessern wird.

Im Arab Educationa­l Institute wird nicht nach Religionen getrennt. Christen und Muslime leben zusammen, auch mit Juden suche man das Gespräch. Ob es einst Frieden geben wird? Jugendleit­er Fadi Abou Akleh gibt die Hoffnung nicht auf. „Wir glauben daran, dass wir die israelisch­e Besatzung ohne Steinewerf­en überwinden werden.“Momentan wüchsen die Kinder in der Westbank mit Panzern und Soldaten auf. Erst kürzlich sei ein Junge erschossen worden. „Wir akzeptiere­n den Staat Israel – wenn er Gerechtigk­eit herstellt und Freizügigk­eit auch für uns zulässt“, so Fadi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany