Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie lange wird eigentlich noch gechlort?
Erst wenn die so genannte Risikoanalyse im Gesundheitsamt vorliegt, könnte in Dinkelscherben Schluss sein. Was es genau damit auf sich hat und was passiert, wenn jetzt wieder Keime gefunden werden
Dinkelscherben Den einen oder anderen wird der Geschmack beim Zähneputzen an einen Italienurlaub erinnern. Aber Trost ist das keiner. Denn nach wie vor wird das Leitungssystem von Dinkelscherben gechlort. Daran wird sich vermutlich so schnell auch nichts ändern. Denn das Leitungsnetz wird nach Auskunft des Landratsamts noch mindestens so lange desinfiziert, bis eine so genannte Risiko- und Gefährdungsanalyse vorliegt und geprüft wurde. Einen genauen Termin gibt es nicht.
Die Analyse wird von den Stadtwerken Augsburg erstellt und soll untersuchen, ob die verschiedenen Bereiche der Wasserversorgung – also Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung und Verteilung – den jeweiligen gesetzlichen und technischen und hygienischen Anforderungen entsprechen, welche Risiken und Gefährdungen für die jeweilige Wasserversorgung bestehen. Außerdem wird geprüft, mit welchen Maßnahmen die Risiken und Gefährdungen minimiert oder ausgeräumt werden können.
Das Staatliche Gesundheitsamt hatte im Mai in einer Wasserprobe aus einem der beiden Hochbehälter der Oberschöneberger Wassergruppe in Breitenbronn einen coliformen Erreger entdeckt. Weil die Behörde noch weitere Mängel fand, wurde Anfang Juni eine Abkochanordnung für die beiden Wassergruppen Oberschöneberg und Dinkelscherben herausgegeben. Damals hieß es: Die Trinkwasserversorgung in beiden Dinkelscherber Netzen entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und sei hygienisch bedenklich, eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung sei nicht auszuschließen. Seit Mitte beziehungsweise Ende Juni wird das Trinkwasser in Dinkelscherben gechlort. Als im gesamten Netz stabile Chlorwerte vorlagen, wurde die Abkochanordnung wieder aufgehoben.
Die könnte es auch wieder geben: Wenn nämlich erneut Keime nachgewiesen werden. Das Gesundheitsamt geht allerdings „mit einer hohen Wahrscheinlichkeit“davon aus, keine Keime gefunden werden. Schließlich verfüge das Wasser derzeit über eine ausreichend wirksame Kapazität an freiem Chlor. Das wird jeden Tag gemessen.
Um Kosten zu sparen, hatte Dinkelscherbens Bürgermeister Edgar Kalb beantragt, die Anzahl der Messstellen zu beschränken. Das Gesundheitsamt stimmte zu. Die Behörde widersprach allerdings dem Wunsch, auch die Häufigkeit der Untersuchungen zu verringern.
Rechtliche Konsequenzen hat der Fall für die Marktgemeinde nicht. Laut Gesundheitsamt wurde bereits 2016 Handlungsbedarf aufgezeigt. Die Behörde kritisierte unter andedass rem Verbindungen vom Nichttrinkwasserzum Trinkwassersystem, eine hohe Zahl von Totleitungen im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanalyse. Laut Landratsamt wäre der Störfall möglicherweise ausgeblieben oder man hätte auf ihn zielgerichteter reagieren können, wenn die Probleme frühzeitig angepackt und gelöst worden wären. Die größte Konsequenz sei die aktuelle Chlorung.
Dinkelscherben hält sie für überzogen und klagt deshalb vor dem Verwaltungsgericht. Die Marktgemeinde verwies auf eigene Proben, bei denen keine Keime gefunden wurden (wir berichteten).
Zurzeit sind keine Keime im Trinkwasser