Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Trio für Berlin

Die beiden Zehnkämpfe­r Arthur Abele und Mathias Brugger starten bei der EM. Ihr Trainer ist auch dabei. Eine Medaille ist möglich, aber nicht das wichtigste Ziel

- VON ANDREAS KORNES

Ulm Es ist eines der letzten Trainings vor der Europameis­terschaft. Die Sonne lässt den roten Kunststoff­belag schon morgens glühen. Für die beiden Ulmer Zehnkämpfe­r Arthur Abele und Mathias Brugger steht Stabhochsp­rung auf dem Programm. Erfrischen­de Flüge auf fünf Meter Höhe. Trainer Christophe­r Hallmann schmiert sich den Oberkörper mit Sonnencrem­e ein. Wenige Minuten später liegt der komplette Trainingsp­latz am Rande des SSV-Stadions in der Sonne. Beirren lässt sich das Trio davon nicht. Es geht darum, Sicherheit zu gewinnen. Am Gefühl arbeiten. Feinschlif­f. Das harte Training ist erledigt. „Wer jetzt noch arbeiten muss, hat vorher etwas falsch gemacht“, sagt Hallmann.

Zwei der drei deutschen EMTeilnehm­er kommen aus seiner Trainingsg­ruppe beim SSV Ulm

1846. Dritter im Bunde ist der

U20-Welt- und Europameis­ter Niklas Kaul aus Mainz, nachdem Kai Kazmirek am Mittwoch seinen Start wegen muskulärer Probleme kurzfristi­g absagen musste. Am stärksten einzuschät­zen ist damit auf jeden Fall Abele. Nach einer langen Serie von Verletzung­en kehrte er im Juni mit einem Paukenschl­ag zurück. In Ratingen sammelte er 8481 Punkte und katapultie­rte sich auf Platz zwei der europäisch­en Rangliste. Übermut aber ist nicht die Art des Arthur Abele. „Immer wenn ich mich auf eine Medaille fokussiert habe, ist es in die Grütze gegangen“, sagt er und schnürt sich die Spikes. Sein Ziel: persönlich­e Bestleistu­ng. Die liegt bei 8605 Punkten. Kommt er tatsächlic­h in die Nähe dieser Zahl, hätte er eine Medaille so gut wie sicher. „Wenn es so ist, ist es toll. Wenn ich aber eine Bestleistu­ng schaffe und drei waren besser, ist das auch okay.“

Europas Überfliege­r im Zehnkampf ist der Franzose Kevin Mayer. 2016 holte er bei den Olympische­n Spielen in Rio de Janeiro mit 8834 Punkten Silber hinter Ashton Eaton. Im Jahr darauf wurde Mayer Weltmeiste­r. „Normalerwe­ise führt an Kevin kein Weg vorbei“, sagt auch Abele und Anerkennun­g schwingt in seiner Stimme mit. Dahinter aber ist das Rennen um die Medaillen völlig offen.

Abele hat dem Erfolg alles unter- geordnet. Ernährung, Training, Schlafgewo­hnheiten. „Diesmal habe ich nichts dem Zufall überlassen.“Der 32-Jährige wirkt extrem austrainie­rt. Trainer Hallmann schätzt den Körperfett­anteil auf drei bis vier Prozent. Trotz (oder gerade wegen) dieser akribische­n Vorbereitu­ng ist Abele locker. „Mir ist inzwischen schon so ziemlich alles passiert, was einem Sportler passieren kann. Ich habe so ziemlich jeden Fehler gemacht, den man machen kann“, sagt er und muss grinsen.

Immer wieder warfen den Modellathl­eten Verletzung­en und Krankheite­n zurück. Jetzt, im schon etwas reiferen Sportleral­ter, will der Schwabe all diese Erfahrunge­n zu seinem Vorteil nutzen. Er weiß, wie es ist, in einem vollen Stadion vor zehntausen­den Menschen zu laufen, zu werfen und zu springen.

Ein weiterer Vorteil kniet zwei Meter weiter auf einer Matte und dehnt seinen rechten Oberschenk­el: Mathias Brugger. Abeles Vereinskol­lege hat sich in Götzis mit 8304 Punkten das EM-Ticket gesichert. Er ließ sich dabei nicht einmal von einem Stabbruch im ersten Versuch aus dem Konzept bringen.

Dass die beiden Trainingsk­ollegen nun auch zusammen in Berlin den Zehnkampf absolviere­n, ist ein „Riesen-Vorteil“, sagt Abele. „Irgendwann hast du immer ein Tief. Da hilft es dann enorm, wenn einer neben dir sitzt, der dich wieder aufbauen kann.“Umgekehrt kann der sieben Jahre jüngere Brugger von Abeles Erfahrung profitiere­n.

An diesem heißen Sommertag in Ulm läuft alles nach Plan. Stabhochsp­rung ist eine komplexe Disziplin, die auch den Spezialist­en alles abverlangt. Zehnkämpfe­r können weit weniger Zeit darauf verwenden. Trotzdem überfliegt Abele im letzten Versuch locker fünf Meter. Sofort überprüft er die Einstellun­g der Anlage. Die Höhe stimmt. „Persönlich­e Bestleistu­ng im Training. Nicht ganz schlecht, oder?“

Hinter dem Überfliege­r ist das Rennen offen

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Foto: Bernd Thissen, dpa Ab Montag gehen die Leichtathl­eten in Berlin an den Start. Darunter auch der Ulmer Zehnkämpfe­r Arthur Abele (vorne im Bild).
 ?? Foto: Kümmritz ?? Drei Ulmer in Berlin: Mathias Brugger (Mi.), Arthur Abele (re.) und Trainer Christophe­r Hallmann.
Foto: Kümmritz Drei Ulmer in Berlin: Mathias Brugger (Mi.), Arthur Abele (re.) und Trainer Christophe­r Hallmann.

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