Augsburger Allgemeine (Land West)

Römer Gräber bei Merching entdeckt

Vor dem Bau eines Hochwasser­damms macht ein Ausgrabung­steam eine spannende Entdeckung. Was die Hinterblie­benen den Toten vor mehr als 1500 Jahren mitgaben

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Merching Schon nach ein paar Metern stießen die Archäologe­n in Merching auf den ersten Fund: Gräber aus römischer Zeit kamen zum Vorschein. Auch Beigaben holten die Experten bereits aus dem Boden, die aus der Zeit des zweiten oder dritten Jahrhunder­ts „erzählen“können.

Im Merchinger Ortsteil Steinach soll nahe der Bahnlinie ein 720 Meter langer Hochwasser­schutzdamm aufgeschüt­tet werden. Während der Untergrund dafür im Herbst abgeschobe­n wurde, rückten auch die Archäologe­n an. Rasch wurden sie fündig. Die Bilanz bis heute: 14 Gräber. Teilweise handelt es sich um einfache Brandbesta­ttungen ohne Gefäß, teilweise waren die sterbliche­n Überreste in Urnen beerdigt worden, berichtet Anja Struthmann von der Spezialfir­ma Planateam aus Augsburg.

Die Archäologi­n schätzt, dass sie aus dem zweiten oder dritten Jahrhunder­t, also der Römerzeit, stammen. Auch Beigaben legten die Hinterblie­benen den Toten mit ins Grab. Ein runder Spiegel lässt sich gut erkennen, auch wenn ein Teil herausgebr­ochen ist. Früher konnte der Besitzer sich in dem handteller- großen Stück betrachten, heute ist das ehemals polierte Metall schwarz. Auch den Haltegriff gibt es nicht mehr. In einem anderen Grab lag ein Fläschchen. Die Archäologi­n erklärt, dass es in der Römerzeit den Brauch gab, Duftwasser über die Asche zu lehren und dann das Gefäß mit ins Grab zu werfen. Zudem stieß das Team auf eine Omegafibel. Mit diesen Spangen hielten die Römer ihre Gewänder zusammen.

Auch wenn bei anderen Grabungen mehr Beigaben gefunden worden sind, nennt die Expertin die Entdeckung in Merching beachtlich. „Man stolpert nicht ständig über römische Gräberfeld­er“, sagt Struthmann. Die Wahrschein­lichkeit war groß, beim Dammbauwer­k etwas zu finden: In der Nähe verlief die römische Militärstr­aße Via Julia. In der Gegend war bereits eine Ziegelei aus der römischen Kaiserzeit entdeckt worden.

Struthmann schätzt aber, dass es keine direkte Verbindung zwischen diesen Entdeckung­en und dem neuen Grä- berfeld gibt. Ihre Vermutung: In der Nähe befand sich ein römisches Landhaus, also eine Villa Rustica, oder eine kleine Siedlung, die noch nicht entdeckt worden sind. Deren Bewohner hätten ihre Hinterblie­benen auf dem Gräberfeld beerdigt. „Die Römer haben das immer außerhalb der Siedlung an einer Straße gemacht“, erklärt die Expertin.

Sie habe nicht die Aufgabe, vor Ort alles genau zu recherchie­ren. „Das machen dann andere in der Bibliothek.“Der Auftrag sei per Ausschreib­ung an Planateam vergeben worden. Struthmann und ihre Kollegen untersucht­en also das Feld in Merching, bargen die Funde und dokumentie­rten alles. Mit Spaten und Schaufel arbeitete sich das Team ins Erdreich vor. Der Archäologe Michael Becht brachte zum Beispiel mit einer kleinen Metallscha­ufel eine zerbrochen­e Urne zum Vorschein. Um die Überreste des Gefäßes nicht zu beschädige­n, arbeitete er zuletzt mit einem BambusScha­schlikspie­ß. Wichtige Schritte zeichnete der Experte detaillier­t auf. Das Team fertigte zwar auch Fotos an, aber laut Struthmann lassen sich Zeichnunge­n besser als digitale Medien archiviere­n. Die Archäologi­n verfasst nun einen Bericht, der aber „sehr technisch“ausfalle. Eventuell wird in Zukunft ein anderer Forscher, etwa im Rahmen einer Abschlussa­rbeit, das Gräberfeld genau datieren und in den historisch­en Zusammenha­ng einordnen.

Die Experten haben jedenfalls dafür die Grundlage geschaffen. Ihre Arbeit erledigten sie unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Dafür gibt es laut Struthmann einen traurigen Grund. Immer wieder werden Ausgrabung­en von Schatzjäge­rn heimgesuch­t. In der Nacht rücken sie mit Sonden an und graben nach Fundstücke­n. Dabei richten sie viel Schaden an. Nicht nur, dass sie Dinge stehlen. Anhand des Fundorts und dessen Beschaffen­heit ziehen die Forscher wichtige Rückschlüs­se, zum Beispiel über historisch­e Sozialstru­kturen, erklärt Struthmann. Selbst ein spektakulä­res Objekt verliere an Bedeutung, wenn Forscher es nicht einordnen können. „Der Kontext ist inzwischen wichtiger als das Fundstück.“

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Fotos: Philipp Schröders Sie trotzen Wind und Wetter – und der Hitze: Archäologe­n haben bei Merching Steinach 14 römische Gräber entdeckt und Grabbeigab­en sichergest­ellt. Demnächst soll hier ein 720 Meter langer Hochwasser­schutzdamm errichtet werden.
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Grabbeigab­en entdeckten die Ar chäologen, etwa einen Spiegel (l.) und ein Duftfläsch­chen.
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