Augsburger Allgemeine (Land West)
Exportschlager „Jugend musiziert“
Der Augsburger Flöten-Professor Ulrich Meyer unterstützt den Aufbau eines Wettbewerbs für Nachwuchs-Musiker in China. Mit welchen Eindrücken er aus Fernost zurückkommt
Dass China in höchstem Maß interessiert ist an deutschen Firmen, sorgte in jüngster Zeit immer wieder für Schlagzeilen. Mehr im Hintergrund läuft ein deutsch-chinesisches Joint Venture auf kulturellem Gebiet ab: Einer der bekanntesten Wettbewerbe zur Förderung des musikalischen Nachwuchses soll nach deutschem Vorbild auch in China etabliert werden.
Für viele Schüler ist der Wettbewerb „Jugend musiziert“der erste Schritt in eine Karriere als Musiker. Seit 55 Jahren bewerten Fachjurys auf Regional-, Landes- und Bundesebene die Leistungen junger Menschen, die ein Instrument spielen oder singen. Der Augsburger Flötist Ulrich Meyer, Professor an der Hochschule für Musik in München, gehört diesen Jurys seit Jahrzehnten an. Als Mitglied einer Delegation von Musikprofessoren reiste er jüngst nach Peking, um die Organisatoren in Fernost zu unterstützen.
Während der Wettbewerb in Deutschland von öffentlicher Seite, nämlich vom Bundesfamilienministerium, gefördert wird, ist der China Youth Music Competition (noch) Sache eines Privatmannes, stellt Meyer dar. Vor drei Jahren rief ihn Zhang Yong nach dem Vorbild von „Jugend musiziert“ins Leben. „Das heißt“, so Ulrich Meyer, „ dass bei dem Wettbewerb nicht der Preis im Vordergrund steht, sondern die Arbeit dafür.“So könne jeder Teilnehmer gewinnen, weil er in seinen musikalischen Leistungen besser werde.
Die gerechte Bewertung der Schülerleistungen fern jeglicher Parteiinteressen ist dafür die Voraussetzung, ebenso spielt die bei „Jugend musiziert“übliche Praxis eines Beratungsgesprächs durch Jurymitglieder eine große Rolle. „Darauf war ich besonders gespannt, wie wir diese Beratung über die Sprachbarriere hinweg leisten können“, sagt Ulrich Meyer und erzählt, dass er als Dolmetscherin eine Chinesin zur Seite gestellt bekam, die in Salzburg Geige studiert hatte. „Sie war also nicht nur sprachlich fit, sondern auch fachlich, sodass es keinerlei Probleme bei der Beratung gab.“
Wenn der Flötist Vergleiche zwischen jungen chinesischen und deutschen Musikern anstellt, muss er ein weitverbreitetes Bild bestätigen: „Die chinesischen Musikschüler sind unglaublich fleißig“, berichtet er. Eine elfjährige Flötistin habe er kennengelernt, die übe während der Schulzeit drei Stunden täglich, während der Ferien den ganzen Tag. „Da sind natürlich Spitzenleistungen möglich“, sagt Meyer und bezieht dabei auch große Ensembles ein, „die in einer Präzision miteinander musizieren, die bei uns schwer vorstellbar ist.“Gleichzeitig habe er aber auch festgestellt, dass die musikalische Förderung in der Breite nicht so entwickelt sei. „Da wirkt sich bei uns eben aus, dass „Jugend musiziert“seit Jahrzehnten in die Fläche wirkt.“
Dadurch ergibt sich auch, dass das bevölkerungsreichste Land der Erde bei seinem Wettbewerb quantitativ bisher nicht mit dem deutschen Vorbild mithalten kann: Während bei „Jugend musiziert“im Schnitt bundesweit 20 000 Kinder und Jugendliche teilnehmen, sind es im China Youth Music Competition gerade mal 500 Teilnehmer.