Augsburger Allgemeine (Land West)

Das ist der Sommer am Oberhauser Bahnhof

Der Gastronom Stefan „Bob“Meitinger veranstalt­et zum dritten Mal sein Festival am Helmut-Haller-Platz. Es findet immer mehr Fans. Dennoch will er im kommenden Jahr einiges anders machen

- VON MIRIAM ZISSLER Fotos: Annette Zoepf

Es ist Sommer in der Stadt. Schattenpl­ätze sind begehrt, vor den Eisdielen stehen Dutzende von Menschen, der Asphalt strahlt wie eine Fußbodenhe­izung beständig Wärme ab. Derjenige, der keine klimatisie­rte Straßenbah­n erwischt hat, freut sich, am Ziel angekommen zu sein – zum Beispiel am Oberhauser Bahnhof. Dort hat in diesen Wochen ein ganz besonderer Sommer Einzug gehalten, der Sommer am Kiez.

Am Abend strömen die Besucher auf das kleine, eingezäunt­e Festivalge­lände. Während sich die Sonnenstra­hlen gerade noch am Zifferblat­t der Kirchturmu­hr von St. Thaddäus spiegeln, tritt die zweite Band auf. Es ist die deutsche Irish-FolkPunk-Gruppe „The O’Reillys and the Paddyhats“, die für Stimmung sorgt. Ein paar Hundert sind auch an diesem Abend zu dem kostenlose­n Konzert gekommen, sitzen auf gestapelte­n Euro-Paletten, im Liegestuhl, auf der Couch oder stehen auf dem Gelände zwischen Bobs Lokal und Bahnhof und dem TaxiStand und der Ulmer Straße.

Der Gastronom Stefan Meitinger, den hier alle nur Bob nennen, hat das mehrwöchig­e Fest auf die Beine gestellt. In diesem Jahr findet es zum dritten Mal statt. Damit will er den Platz beleben und das ramponiert­e Image verbessern. Das Areal, das normalerwe­ise ein Treffpunkt der Süchtigens­zene ist, soll durch das Programm aufgewerte­t werden. Seit Wochen wird der Platz bespielt. Erst wurden Spiele der FußballWel­tmeistersc­haft übertragen. Als Deutschlan­d frühzeitig die Rückreise antreten musste, stiegen die Organisato­ren auf Filme um. Am Donnerstag zeigen sie im Kiez-Kino den Spielfilm „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“aus dem Jahr 1981.

Im sozialen Netzwerk Facebook haben bei der Veranstalt­ung schon viele ihr Kommen zugesagt und Interesse bekundet. Das freut Stefan Meitinger. Im kommenden Jahr will er das Filmangebo­t ausbauen. Dass es 2019 zu einer Neuauflage des Oberhauser Festivals kommen wird, steht nämlich jetzt schon fest. Doch es wird wieder ein wenig anders werden. „Der Sommer am Kiez ist wie ein Baby. In diesem Jahr hat es sich weiterentw­ickelt und wieder einen Schritt nach vorne gemacht. Wir haben immer mehr Zulauf. Im kommenden Jahr soll es vielfältig­er werden“, sagt er.

Gerade die Konzerte, bei denen die Besucher ein Ticket kaufen müssen, sind gefragt. „Bei den Kassierern war die Stimmung super. Bei Knorkator haben 750 Leute die Band im Regen gefeiert und bei Hans Söllner war der Platz erstmals mit 1200 Gästen ausverkauf­t“, erzählt Stefan Meitinger. Den deutschen Liedermach­er hat er schon oft gesehen. Er mag seine bodenständ­ige Art. „Söllner hat hier auf dem Platz übernachte­t. Er hat einfach hinter dem Festivalge­lände sein Auto mit Hochdach aufgestell­t und dort geschlafen. Nach dem Konzert hat er dort noch ein Bierchen getrunken und sich mit Anwohnern und Besuchern unterhalte­n“, erzählt er.

Der Gastronom und sein Mitarbeite­r Alexander Epp, die gemeinsam das Festival organisier­en, haben schon viele Pläne für das kommende Jahr geschmiede­t. „Es wird weniger, aber dafür hochwertig­ere Konzerte geben“, verspricht Epp. In diesem Jahr spielte an 16 Abenden Musik. 2019 soll es insgesamt zwölf Konzerte geben. „Daneben wollen wir unseren Besuchern Kino, Flohmärkte und auch Foodmärkte bieten. Es soll mehr Vielfalt und weniger Lärm geben“, sagt Stefan Meitinger.

Konzert oder nicht, Ludwig Gabriel wird auf jeden Fall mit von der Partie sein, wenn er es einrichten kann. Der 45-Jährige ist ein Fan von Bob. Das wird jedem klar, der seine Oberarme sieht. Denn sowohl an seinem rechten als auch an seinem linken Oberarm prangt eine Tätowierun­g mit dem Konterfei und Schriftzug des Gastronoms. „Ich wohne seit 20 Jahren in Oberhausen. Ich finde es toll, was Bob hier auf die Beine gestellt hat, und ich bin Stammkunde in seinem Lokal – und natürlich jetzt auch ständig auf dem Festival“, erzählt er. Er hat nicht nur die Tattoos gesponsert bekommen. Für den Fan gab es für die zweite Tätowierun­g noch etwas oben drauf: einen VIP-Ausweis, der ihm lebenslang freien Eintritt für alle Konzerte garantiert. Ludwig Gabriel fühlt sich auf dem Gelände sichtlich wohl.

Stefan Meitinger und sein Team haben es liebevoll dekoriert, Jahr für Jahr ist noch mehr dazu gekommen: Lampions hängen im Baum, Marterpfah­le, die auf Bali hergestell­t wurden, stehen herum, ein Sammelsuri­um aus Bobs Besitz schmückt eine Bar. Der Maibaum reiht sich problemlos in das kunterbunt­e Durcheinan­der mit ein. „Zum Abschalten fahre ich gerne nach Berlin. Ich finde, der Kiez hier ist gerade der einzige Ort in Augsburg, der ein wenig so aussieht wie Berlin“, freut sich Stefan Meitinger.

Das Festival samt seinem Programm hat Maria Blanke und Reinhard Winter neugierig gemacht. Die Hochzoller sind erstmals zu dem Festival auf den Helmut-HallerPlat­z gefahren. „Wir wollten uns das einmal anschauen und ein bisschen Musik hören“, erzählen sie. Das macht Stefan Duschner oft. Er findet die Musik und die Leute auf dem Platz gut, Bob sowieso. „Ich gehe seit 1988 zu den Panthern und finde es toll, wie Bob sie unterstütz­t. Nach den Spielen komme ich hier im Lokal vorbei, im Sommer besuche ich sein Festival“, sagt er.

OProgramm Am 9., 10., 11., 16., 17. und 18. August gibt es noch Programm beim Sommer am Kiez. Im Internet: www.sommeramki­ez.de

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Die Irish Folk Punk Gruppe „The O’Reillys and the Paddyhats“sorgen auf dem Helmut Haller Platz für Stimmung. In diesem Jahr gibt es 16 Konzertabe­nde. Im kommenden Jahr sollen es weniger werden.
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Stefan „Bob“Meitinger (links) und Ale xander Epp organisier­en das Festival.
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Ludwig Gabriel hat sich gerade das zwei te Bob Tattoo stechen lassen.

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