Augsburger Allgemeine (Land West)

Mehr Geld für alle

Eltern in Bayern können sich bald über ein Geldgesche­nk freuen. Bleibt die Frage: Ist das noch Wahlkampf oder schon Politik?

- 38, ist Vater von zwei Kindern und freut sich, dass die Politik Familien wieder entdeckt hat. Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“– Ansichten und Geschichte­n eines Radfahrers.

für jedes ein- und zweijährig­e Kind. Einfach so. Ohne Fragen zu Einkommen, Art der Kinderbetr­euung oder Bedarf. Ab drei Kindern sind es sogar 300 Euro pro Monat. Macht bei zwei Kindern insgesamt 12 000 Euro. Dafür an dieser Stelle ein herzliches Vergelt’s Gott. Das ist viel Geld. Und für nicht wenige Familien wird diese Unterstütz­ung sehr willkommen sein: Kinder brauchen laufend neue Kleider, die Miete ist teuer und in Urlaub fahren möchte man vielleicht auch.

Wir wollen also nicht undankbar sein. Aber weil wir nicht nur Eltern sind, sondern auch Steuerzahl­er, trotzdem mal diese Frage: Wäre das viele Geld – angeblich 776 Millionen Euro jedes Jahr – für alle Eltern anders nicht besser angelegt gewesen?

Vor allem in den Städten fehlen immer noch tausende Betreuungs­plätze für Kinder unter drei Jahren. Und wer zum Beispiel in Augsburg dringend auf einen Kindergart­enplatz für sein dreijährig­es Kind hofft, könnte eine ziemliche Enttäuschu­ng erleben. Was dann, wenn keine Großeltern da sind, die als Betreuungs­personal einspringe­n können? „Familien sollen sich bei uns wohlfühlen“, schreibt der Ministerpr­äsident in seinem Brief. Das ist das Problem: Volle Landeskass­en verleiten Politiker vor Wahlen zu Wohlfühlpo­litik. Damit es Familien aber gut geht, muss man immer an sie denken und langfristi­g handeln. Wenn die Unterstütz­ung nach zwei Jahren ausläuft, sind die Kinder ja nicht aus dem Haus. Und Geld brauchen Familien mit größeren Kindern sicher nicht weniger.

Die Folge dieser großzügige­n Familienpo­litik könnte dann aber sein: weniger Geld vom Staat, da das Familienge­ld ausläuft; kein Einkommen, weil die Rückkehr an den Arbeitspla­tz am fehlenden Betreuungs­platz scheitert; und Familien, die unter Stress stehen.

Matthias Zimmermann, ***

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Fotos: maz (2), Lino Mirgeler/dpa
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