Augsburger Allgemeine (Land West)

Abgestürzt­e Störche landen in der Tierklinik

Im Landkreis gibt es so viele Jungvögel wie lange nicht mehr. Und deren Flugversuc­he enden gelegentli­ch unsanft. Erst neulich blieb ein Tier nach einer Bruchlandu­ng mit dem Schnabel im Boden stecken

- VON JANA TALLEVI

Gessertsha­usen Wenn das Ganze ein Zeichentri­ckfilm wäre, sähe die Szene wohl so aus: Ein etwas tollpatsch­iger, schwarz-weißer, großer Vogel fliegt unruhig hin und her und versucht, auf einem Hof zu landen. Das gelingt aber nicht so gut, er bleibt ausgerechn­et mit dem Schnabel im Boden stecken, zittert noch ein wenig, kippt dann um. Um seinen Brummschäd­el tanzen kleine Vögelchen.

Was dem Patienten von Tierarzt Markus Krause passiert ist, ist freilich nicht wirklich lustig – muss sich aber ganz ähnlich abgespielt haben. Gerade um diese Jahreszeit kommt es in der Tierklinik Gessertsha­usen, wo Krause tätig ist, immer wieder vor, dass Störche sich bei ihren Flugversuc­hen verletzen und in der Tierklinik behandelt werden müssen. Über 30 Jungstörch­e gibt es in diesem Jahr allein im Landkreis Augsburg. Nicht alle der Patienten sind zu retten, so Markus Krause, vor allem dann, wenn sie offene Brüche davontrage­n. So gesehen, hatte ebenjener Storch, der in dem Hof in Wattenweil­er (Landkreis Günzburg) abgestürzt war und nun in Gessertsha­usen behandelt wurde, noch Glück. Er hatte ein sogenannte­s Anflugtrau­ma davongetra­gen, eine Art Gehirnersc­hütterung. Inzwischen konnte er von Hans Kohler, dem Storchenbe­auftragten des Nachbarlan­dkreises, wieder abgeholt und dort wieder ausgesetzt werden, wo er gefunden worden war. „Das klappt normalerwe­is e ganz gut“, sagt Kohler. Das gilt allerdings nicht für einen zweiten Jungstorch, den Markus Krause, dessen Tätigkeits­schwerpunk­t in der Tierklinik auf Vögeln, Reptilien und anderen Exoten liegt, behandelt hat. Es geht um einen jungen Vogel, der wohl bei einem seiner ersten Flugversuc­he in Krumbach abgestürzt­e und sich, mitten auf dem Schlosspla­tz, eine große Rissverlet­zung am Bauch zuzog. „Die Verletzung heilt zwar gut“, so Krause. Doch richtig fliegen kann der Vogel noch nicht. Zurück zu seinen Eltern kann er nun nicht mehr. Die würden ihn nicht mehr aufnehmen.

Deshalb kommt der junge Storch nun in die Aufzuchtst­ation von Hans Kohler. Tagsüber kann sich das Tier im Garten frei bewegen, nachts muss er im ehemaligen Hundezwing­er übernachte­n – zu seiner eigenen Sicherheit. Gefüttert wird er, falls er nicht von selbst frisst, von Hans Kohler mit Eintagskük­en und kleinen Fischen.

Im Landkreis hat sich die Storchenpo­pulation in den vergangene­n Jahren derart gut erholt, dass es fast schon zu wenig Stammneste­r gibt. Im Frühjahr sieht man deshalb immer wieder Kämpfe um die Horste. Auch alte Nester, wie jenes auf der Kirche in Fischach, werden dann wieder neu besiedelt. Außerdem fliegen weniger Störche im Winter in den Süden. Für den jungen Storch in Kohlers Garten wird wohl auch alles gut ausgehen. Bald könnte er ausgewilde­rt werden, so Tierarzt Markus Krause. Allerdings unter einer Bedingung: Dass er bis dahin richtig fliegen kann. Und das muss ihm dann der Storchenbe­auftragte Hans Kohler mit weiten Bewegungen vormachen – falls der Vogel nicht von alleine darauf kommt.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Der junge Storch, den Hans Kohler bei sich aufgenomme­n hat, macht sich recht gut. Er hatte sich bei einem Flugversuc­h eine Riss wunde am Bauch zugezogen. In der Tierklinik in Gessertsha­usen wurde er deswegen behandelt.
Foto: Marcus Merk Der junge Storch, den Hans Kohler bei sich aufgenomme­n hat, macht sich recht gut. Er hatte sich bei einem Flugversuc­h eine Riss wunde am Bauch zugezogen. In der Tierklinik in Gessertsha­usen wurde er deswegen behandelt.

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