Augsburger Allgemeine (Land West)
Weshalb Studenten aus Augsburg Raketen bauen
Ein Acker bei Buttenwiesen wird zur Startrampe für besondere Fluggeräte
Unterthürheim Den Controller in der Hand, die Rakete im Blick: Student Jonas Haring zählt runter: „Drei, zwei, eins.“Und dann schießt die rund ein Meter große Rakete in die Höhe. Auf rund 200 Meter spaltet sich das Geschoss auf. Ein Teil, die sogenannten „Delta-Wings“, sinkt kontrolliert zu Boden. Der andere Teil, eine mit Blei gefüllte Spitze, gleitet an einem kleinen Fallschirm nach unten. Die fünf Studenten des Wirtschaftsingenieurswesens der Uni Augsburg, die die Trägerrakete bauten, jubeln: „Das war die harte Arbeit wert“, sagt Harting.
Der Start der Raketen ist für die 40 Studenten gleichzeitig das Ende ihres Projektpraktikums „Leichtbau“. Seit Ende April hatten die acht Teams Zeit, den Prototyp einer Rakete aus dem ultraleichten Material Carbon zu bauen. Die Kohlenstofffaser stellte SGL Carbon den Studenten zur Verfügung. In der Umsetzung ihres Projekts wurden sie unter anderem von dem Unternehmen MT Aerospace und einem Gersthofer Raketensportverein unterstützt. Michael Heine, Leiter des Lehrstuhls „Materials Engineering“, organisiert zum fünften Mal in Folge das Projekt. Im Fokus stand in diesem Semester die Ressourceneffizienz. „In diesem Jahr war die Erschwernis, dass die Rakete gezielt landen muss“, sagt der Professor. Nach Abschuss soll die Rakete auf den Boden gleiten, sodass die Studenten sie noch weitere Male nutzen können.
Heine kümmert sich auch um die Organisation der Abschlussveranstaltung. Am Ende dürfen alle Teams ihr Projekt unter realen Bedingungen testen. In diesem Jahr konnten die Raketen auf einem Acker nahe Buttenwiesen starten. „Normalerweise muss man Raketenstarts bei der Flugüberwachung Bayern anmelden“, sagt Heine. Über die Universität konnte der Professor die Starterlaubnis selbst erteilen. Zudem machte er einen Raketensportverein ausfindig, der
Rakete bringt Wolken zum Abregnen
den Studenten den Startplatz mitten im Grünen zur Verfügung stellt.
Katrin Bock und ihr Team „Rocket Feller“basteln unter einem großen Plastikzelt noch an der „Raindrop“, zu Deutsch Regentropfen. So haben die fünf Studenten ihre selbst gebaute Rakete genannt. Ihr Konzept: Die Spitze der Rakete ist mit Silberiodid gefüllt. In einer Höhe von rund einem Kilometer über den Erdboden zieht das Silberiodid Wassertropfen an. Die Salzkristalle wandeln die Wassermoleküle in schwere Eiskristalle. Der Effekt: Das Wasser in den Wolken regnet ab.
Ganz neu ist die Idee nicht. So nutzte beispielsweise die chinesische Regierung diese Methode, um sonniges Wetter bei den Olympischen Sommerspielen 2008 zu garantieren. Die Augsburger Studenten haben eine andere Intention. Sie berechneten, wie viel günstiger es ist, unbemannte Raketen im Vergleich zu bemannten Spezialflugzeugen einzusetzen. „Wir wollen die Wolken vor Festivals oder Großevents zum Regnen bringen“, erläutert Bock. Mancher Student hätte sich den Effekt schon an dem heißen Nachmittag auf der Wiese gewünscht.