Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie kontrolliert den Wald um Oberrohr
Warum Revierförsterin Franziska Kremitzl einen typischen Männerberuf ergriffen hat und weshalb ihr manchmal das Herz klopft
Oberrohr „Eigentlich“, sagt Franziska Kremitzl, „habe ich noch niemals Ressentiments gespürt, obwohl ich im Forstbetrieb Weißenhorn die einzige Frau bin. Ich wurde unglaublich kollegial aufgenommen, alle haben mich als gleichberechtigt akzeptiert.“In einem noch immer von Männern dominierten Beruf ist das keine Selbstverständlichkeit. Franziska Kremitzl ist Försterin und weiß von Kommilitoninnen, denen während ihrer Praktika vom Beruf abgeraten worden war. Franziska Kremitzl hat das nicht erlebt, hat ihr Studium durchgezogen, und ist seit Kurzem dem Revier in Oberrohr zur Einarbeitung zugeteilt.
Sie hat sich für einen Beruf entschieden, dessen Werdegang noch immer deutlich männerdominiert ist: Mit zwei Dritteln männlichen Studenten sind heute noch Frauen in der Unterzahl und werden es wohl noch bleiben. „Aber die Studienabbrecher sind zum größeren Teil männlich“, schmunzelt die Försterin.
Zu ihrem Beruf ist Franziska Kremitzl nicht etwa aus Familientradition gekommen, wie das bei vielen Kollegen der Fall ist. „In meiner Familie hat noch nie jemand etwas mit der Försterei zu tun gehabt. Ich bin die Erste. Aber mein Lieblings- und Leistungsfach am Gymnasium war Biologie. Bei der Suche nach einem erfüllenden Beruf habe ich schnell gemerkt, dass ein Arbeitsleben als Biologin, irgendwo in einem Büro oder einem Labor, absolut nichts für mich ist. Ich wollte immer hinaus in die Natur, auch körperlich tätig sein, deshalb habe ich ein forstwirtschaftliches Praktikum gemacht und war sofort für dieses Leben Feuer und Flamme“, sagt sie. Nach dem Bachelor in Freising hat sie ein Jahr die Staatliche Forstschule in Lohr am Main besucht und dort mit dem Abschluss „staatlich geprüfte Forstingenieurin“die Voraussetzung für den Förster im Staatsdienst erfüllt. Nach mehreren Projektarbeiten am AELF (Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten) hat die gebürtige Bambergerin nun eine Anstellung bei den bayerischen Staatsforsten, „im öffentlichen Dienst, aber ohne Verbeamtung“.
Diese Einrichtung ist ausschließlich für die Bewirtschaftung der Staatsforsten zuständig, während, erklärt sie, Förster am AELF auch für die Privatwälder zuständig seien. Das Revier Oberrohr, in dem sie als Unterstützung von Josef Jäckle, des zuständigen Försters, tätig ist, umfasst rund 2000 Hektar, stark verstreute Gebiete, die im Norden bis Kemnat, im Süden bis Niederraunau reichen. Oberrohr ist eines der neun Reviere, die im Betrieb Weißenhorn zusammengefasst sind. Das ist für riesige Flächen zuständig, die bis nach Syrgenstein an der badenwürttembergischen Grenze nahe Giengen reichen. Im Betrieb werden die allgemeinen Richtlinien und entsprechende Vorgaben erarbeitet und einmal im Monat in einer Teambesprechung mit den Revierleitern diskutiert. „Ansonsten arbeiten wir völlig selbstständig. Ich bin ja erst seit Kurzem dabei und muss mich in die ganzen Gebiete einarbeiten.
Diese Tätigkeit übt man allein aus. Ängstlich darf man da natürlich nicht sein, und auch nicht zimperlich. Schließlich heißt es manchmal auch, allein durchs Unterholz zu schlüpfen oder einen nächtlichen Jagdstreifzug zu unternehmen.“
Denn auch das Jagen gehört zu den Aufgaben des Försters. Und das wird noch immer als typisch männlich erachtet. „Ich finde es keine besonders schöne Sache, und ehrlich gesagt, klopft mir schon das Herz, wenn ich auf ein Tier anlegen muss. Aber letztlich siegt die Vernunft über die Emotion. Meine Sorge gilt dem Wald, und der verträgt eben nur eine bestimmte Anzahl von Wildtieren. Rehe haben in unserer zivilisierten Welt keine natürlichen Feinde mehr, deshalb muss der Mensch für ein Gleichgewicht sorgen.“
Das Jagen, vermutet Franziska Kremitzl, und geht da konform mit ihrem Lehrmeister Hans Jäckle, sei wohl einer der wesentlichen Gründe, weshalb der Försterberuf traditionell männlich dominiert ist. Schließlich habe sich der Beruf des Försters aus dem des Jägers entwickelt. Die traditionelle Rollenteilung hat den Männern das Töten von Tieren, den Frauen deren Zubereitung als Mahlzeit zugewiesen. Das Fleisch der Tiere, die Franziska Kremitzl erlegt, gehört übrigens nicht ihr. Es ist Staatseigentum und kann in der Försterei von jedermann gekauft werden.
„Und dann ist da natürlich auch die Waldarbeit. Das ist wirklich schwere körperliche Arbeit, es gibt nur ganz wenige Frauen, die als Waldarbeiterinnen in einer Rotte, so nennt man ein Waldarbeiterteam, tätig sind. Das geht wirklich an die Grenze. Aber heute mit den modernen Maschinen lässt sich vieles auch mit weniger Krafteinsatz leisten. Trotzdem ist Holzernte eine schwere und gefährliche Arbeit. Und die darf man natürlich, ganz im Gegenteil zur Arbeit als Försterin, niemals allein machen. Wir Frauen haben im Wald aber auch einen Vorteil“, fügt die Försterin hinzu, „mit unserer größeren Beweglichkeit und geringeren Köpergröße sind wir im Unterholz und schwer zugänglichen Bereichen im Vorteil.“
Und da muss sie hin, um die Bestände zu kontrollieren. „Ein Bestand“, erklärt sie, „ist die kleinste Einheit im Revier.“Zu einem Bestand werden Flächen zusammengefasst, die eine relative Ähnlichkeit haben. Diese kann in der Baumart liegen, also ein Fichtenbestand, ein Buchenbestand oder eine Mischung. Außerdem zählt die Entwicklungsstufe, also das Alter einer Pflanzung. „Jede Entwicklungsstufe hat ihre eigenen Pflegekriterien.“Derzeit arbeitet sich Franziska Kremitzl durch die 2000 Hektar, muss die Abteilungen, das sind die den Beständen übergeordneten Einheiten, kennenlernen und Reife und Gesundheit kontrollieren, muss entscheiden, was in welchen Umfang getan werden muss, um den Wald optimal zu bewirtschaften.
Bisher ist sie zufrieden, die Bestände, die sie schon kennengelernt hat, haben weit weniger Fichtenanteil als befürchtet, was den langfristigen Umbau des Waldes erleichtert. Sie entscheidet über den Einsatz der Waldarbeiterrotten und kann sich ein Bild von deren Arbeit machen. Schließlich war sie schon mit dabei und hat selbstverständlich im Rahmen ihrer Ausbildung auch einen Kettensägenschein erworben.
Franziska Kremitzl stürzt sich mit Begeisterung in ihre neue Aufgabe, und das, obwohl sie weiß, dass sie endlich ist. Schon jetzt, nur Wochen nach ihrem Einstieg in Oberrohr, steht fest, dass sie versetzt werden wird. „Das ist halt der öffentliche Dienst, und Stellen in meinem Beruf sind nicht allzu üppig gesät. Ich werde in den Raum südlich von München versetzt.“