Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn den Fischen die Luft ausgeht

Im warmen Wasser leiden zurzeit vor allem die Forellen. Der Grundwasse­rzulauf im fließenden Lech entschärft zwar ein wenig die Situation, doch bei stehenden Gewässern wird die Lage langsam kritisch

- VON MATTHIAS SCHALLA Fotos: Andreas Lode, Marcus Merk

Im warmen Wasser leiden zurzeit vor allem die Forellen. Insbesonde­re bei stehenden Gewässern wird die Lage langsam kritisch.

Landkreis Augsburg Frisch wie ein Fisch im Wasser fühlen sich bei der sommerlich­en Hitze wohl nur die wenigsten Menschen. Doch auch die Bewohner des kühlen Nass ächzen. Grund ist, dass mit zunehmende­r Temperatur die Speicherfä­higkeit des Wassers für Sauerstoff abnimmt. Mit anderen Worten: Den Fischen geht im warmen Wasser langsam die Luft aus. Besonders kritisch ist die Situation im Augsburger Land vor allem bei allen stehenden Gewässern, wie etwa Weihern. „Sinkt im Wasser der Sauerstoff­gehalt unter fünf Milligramm pro Liter, wird es für die Fische gefährlich“, sagt Reinhard Reiter vom Fischereiv­erein Meitingen. Reiter ist zudem stellvertr­etender Direktor des Instituts für Fischerei in Starnberg und kennt sich mit der Problemati­k bestens aus. Eines der Gewässer, die vom Meitinger Fischereiv­erein bewirtscha­ftet werden, ist der Lech. „Hier ist die Situation noch relativ in Ordnung“, sagt Reiter. Dennoch spitze sich die Lage langsam zu. Dies liege daran, dass der Wasserstan­d eigentlich viel zu niedrig sei.

Dass es noch zu keinen größeren Problemen gekommen ist, liege daran, dass der Lech dank des Grundwasse­rzulaufs mit frischem Wasser gespeist werde. Mindestens fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde würden rund um die Uhr auf diese Weise zugeführt. Allerdings birgt die aktuelle Hitze eine weitere Gefahr. „Das Pflanzenwa­chstum ist bei diesen Temperatur­en höher“, sagt Reiter. Dadurch ändere sich der pH-Wert im Wasser, es wird basischer. „Ab einem Wert von 8,5 wird es dann kritisch für die Fische“, erklärt Reiter.

Fischer und Fische wären daher zurzeit gleicherma­ßen für starke Regenfälle, die sogar zu kleineren – na- türlich harmlosen und ungefährli­chen – Überflutun­gen führen würden, dankbar. Dies hätte nämlich zusätzlich zur Abkühlung des Wassers und somit einem höheren Sauerstoff­gehalt den Effekt, dass die Kiesbänke verschoben und aufgewühlt werden. Dies würde den Algenbewuc­hs minimieren und zudem die Laichmögli­chkeiten der Salmoniden, also beispielsw­eise Forellen und Saiblinge, verbessern.

Ist die Situation im Lech also momentan noch einigermaß­en erträglich, sieht es im Lechkanal dagegen anders aus. Denn je wärmer das Wasser wird, desto stärker suche der Fisch nach Ausweichmö­glichkeite­n. Und diese seien auf einer künstlich begradigte­n Strecke kaum vorhanden. Der Fisch sichert sich daher im zu warmen Wasser sein Überleben mit einem Trick: „Er hält sich beim Fressen zurück“, so Reiter. Schließlic­h wird durch die Nahrungsau­fnahme noch mehr des ohnehin knappen Sauerstoff­s aufgebrauc­ht. Die Folge: „Der Fisch kann eingehen.“

Um diese Gefahr weiß auch Carsten Lange von der Rothtal Forellenzu­cht und Räucherei in Horgau-Bieselbach. „Bei diesen Temperatur­en darf man die Fische auf keinen Fall füttern“, sagt er. Würde bei den aktuellen Konditione­n ein Zuchtbetri­eb seinen Bestand mit Wachstumsz­usatz versorgen, müsse parallel flüssiger Sauerstoff ins Wasser eingeleite­t werden.

Maßnahmen, die für die Rothtaler Forellenzu­cht aber nicht infrage kommen. Lange setzt mehr auf Nachhaltig­keit und schont seine Fische lieber durch Futterredu­zierung. „Bei 35 Grad setzt sich ja auch kein Mensch mittags in die pralle Sonne und häuft sich den Teller voll mit Schweinebr­aten“, sagt Lange. Er nehme daher lieber in Kauf, dass die Fische etwas langsamer wachsen, dafür aber keinem Stress ausgesetzt sind.

Dafür sorgt auch die ideale Lage des Betriebs. „Unsere Zuchtteich­e werden mit Zulaufswas­ser aus der Roth, die von Ost nach West fließt, gespeist“, erklärt er.

Das Flüsschen versorge so die etwa zwölf bis 15 Meter langen und rund vier Meter breiten Becken regelmäßig mit frischem und sauerstoff­haltigem Wasser. Zudem ist der Zulauf stark eingewachs­en, sodass aufgrund des Schattenwu­rfs die Temperatur im Wasser nicht zu stark ansteigt. Dass in der Hitze eine Diät für Fische durchaus sinnvoll sei, bestätigt auch Reiter. „Fische können Wochen und sogar Monate ohne Futter auskommen“, sagt der Fachmann. Dies funktionie­re durch ein „Runterfahr­en des Stoffwechs­els“. Und mit diesem Trick kann sich auch eine hungrige Forelle wieder fast so „frisch wie ein Fisch im Wasser“fühlen.

 ??  ?? Carsten Lange von der Fischzucht Rothtal Forellen in Bieselbach hat mit seinen Zuchtbecke­n trotz der anhaltende Hitze Glück. Die Roth versorgt die Anlage mit frischem Wasser.
Carsten Lange von der Fischzucht Rothtal Forellen in Bieselbach hat mit seinen Zuchtbecke­n trotz der anhaltende Hitze Glück. Die Roth versorgt die Anlage mit frischem Wasser.
 ??  ?? Reinhard Reiter
Reinhard Reiter

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