Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn den Fischen die Luft ausgeht
Im warmen Wasser leiden zurzeit vor allem die Forellen. Der Grundwasserzulauf im fließenden Lech entschärft zwar ein wenig die Situation, doch bei stehenden Gewässern wird die Lage langsam kritisch
Im warmen Wasser leiden zurzeit vor allem die Forellen. Insbesondere bei stehenden Gewässern wird die Lage langsam kritisch.
Landkreis Augsburg Frisch wie ein Fisch im Wasser fühlen sich bei der sommerlichen Hitze wohl nur die wenigsten Menschen. Doch auch die Bewohner des kühlen Nass ächzen. Grund ist, dass mit zunehmender Temperatur die Speicherfähigkeit des Wassers für Sauerstoff abnimmt. Mit anderen Worten: Den Fischen geht im warmen Wasser langsam die Luft aus. Besonders kritisch ist die Situation im Augsburger Land vor allem bei allen stehenden Gewässern, wie etwa Weihern. „Sinkt im Wasser der Sauerstoffgehalt unter fünf Milligramm pro Liter, wird es für die Fische gefährlich“, sagt Reinhard Reiter vom Fischereiverein Meitingen. Reiter ist zudem stellvertretender Direktor des Instituts für Fischerei in Starnberg und kennt sich mit der Problematik bestens aus. Eines der Gewässer, die vom Meitinger Fischereiverein bewirtschaftet werden, ist der Lech. „Hier ist die Situation noch relativ in Ordnung“, sagt Reiter. Dennoch spitze sich die Lage langsam zu. Dies liege daran, dass der Wasserstand eigentlich viel zu niedrig sei.
Dass es noch zu keinen größeren Problemen gekommen ist, liege daran, dass der Lech dank des Grundwasserzulaufs mit frischem Wasser gespeist werde. Mindestens fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde würden rund um die Uhr auf diese Weise zugeführt. Allerdings birgt die aktuelle Hitze eine weitere Gefahr. „Das Pflanzenwachstum ist bei diesen Temperaturen höher“, sagt Reiter. Dadurch ändere sich der pH-Wert im Wasser, es wird basischer. „Ab einem Wert von 8,5 wird es dann kritisch für die Fische“, erklärt Reiter.
Fischer und Fische wären daher zurzeit gleichermaßen für starke Regenfälle, die sogar zu kleineren – na- türlich harmlosen und ungefährlichen – Überflutungen führen würden, dankbar. Dies hätte nämlich zusätzlich zur Abkühlung des Wassers und somit einem höheren Sauerstoffgehalt den Effekt, dass die Kiesbänke verschoben und aufgewühlt werden. Dies würde den Algenbewuchs minimieren und zudem die Laichmöglichkeiten der Salmoniden, also beispielsweise Forellen und Saiblinge, verbessern.
Ist die Situation im Lech also momentan noch einigermaßen erträglich, sieht es im Lechkanal dagegen anders aus. Denn je wärmer das Wasser wird, desto stärker suche der Fisch nach Ausweichmöglichkeiten. Und diese seien auf einer künstlich begradigten Strecke kaum vorhanden. Der Fisch sichert sich daher im zu warmen Wasser sein Überleben mit einem Trick: „Er hält sich beim Fressen zurück“, so Reiter. Schließlich wird durch die Nahrungsaufnahme noch mehr des ohnehin knappen Sauerstoffs aufgebraucht. Die Folge: „Der Fisch kann eingehen.“
Um diese Gefahr weiß auch Carsten Lange von der Rothtal Forellenzucht und Räucherei in Horgau-Bieselbach. „Bei diesen Temperaturen darf man die Fische auf keinen Fall füttern“, sagt er. Würde bei den aktuellen Konditionen ein Zuchtbetrieb seinen Bestand mit Wachstumszusatz versorgen, müsse parallel flüssiger Sauerstoff ins Wasser eingeleitet werden.
Maßnahmen, die für die Rothtaler Forellenzucht aber nicht infrage kommen. Lange setzt mehr auf Nachhaltigkeit und schont seine Fische lieber durch Futterreduzierung. „Bei 35 Grad setzt sich ja auch kein Mensch mittags in die pralle Sonne und häuft sich den Teller voll mit Schweinebraten“, sagt Lange. Er nehme daher lieber in Kauf, dass die Fische etwas langsamer wachsen, dafür aber keinem Stress ausgesetzt sind.
Dafür sorgt auch die ideale Lage des Betriebs. „Unsere Zuchtteiche werden mit Zulaufswasser aus der Roth, die von Ost nach West fließt, gespeist“, erklärt er.
Das Flüsschen versorge so die etwa zwölf bis 15 Meter langen und rund vier Meter breiten Becken regelmäßig mit frischem und sauerstoffhaltigem Wasser. Zudem ist der Zulauf stark eingewachsen, sodass aufgrund des Schattenwurfs die Temperatur im Wasser nicht zu stark ansteigt. Dass in der Hitze eine Diät für Fische durchaus sinnvoll sei, bestätigt auch Reiter. „Fische können Wochen und sogar Monate ohne Futter auskommen“, sagt der Fachmann. Dies funktioniere durch ein „Runterfahren des Stoffwechsels“. Und mit diesem Trick kann sich auch eine hungrige Forelle wieder fast so „frisch wie ein Fisch im Wasser“fühlen.