Augsburger Allgemeine (Land West)

„An so etwas kann man zugrunde gehen“

Auf der Augsburger Straße in Gersthofen geht im Moment nichts. Die Fahrbahn wird saniert. Unter der wiederholt­en Sperrung leiden vor allem die Unternehme­n

- VON TOBIAS KARRER

Gersthofen Ludwig Schmidt steht vor seinem kleinen Friseursal­on am Kreisverke­hr in der Augsburger Straße und beobachtet die Lastwagen, die gerade Richtung Autobahnun­terführung rangieren und dabei einigen Staub aufwirbeln. „Es geht nichts voran“, stellt er resigniert fest. „Ich mache meinen Salon jetzt zu, es kommt doch sowieso niemand mehr“, sagt er. Seine Mitarbeite­rinnen hat Schmidt schon entlassen müssen, seinen Friseursal­on will er komplett aufgeben.

Die Baustellen macht er mitverantw­ortlich. „Das geht jetzt schon lange so, ich kann mir das hier nicht mehr leisten“, erklärt der Rentner. Schon während den Kanalarbei­ten an der Augsburger Straße im vorigen Jahr sei niemand mehr zu ihm zum Haareschne­iden gekommen, jetzt gibt er nach insgesamt 60 Jahren auf. „Es kann zwar sein, dass sich heute noch einer hierher verirrt, aber es hat einfach keinen Wert mehr“, so Schmidt.

Schon im vergangene­n Sommer wurde an der Augsburger Straße viel gebaut. Die Wasserleit­ungen entlang der Straße mussten erneuert werden. Bei den aktuellen Bauarbeite­n geht es um die Sanierung der Fahrbahnob­erfläche. Die Stadtverwa­ltung bezeichnet diese als „finalen Schritt“. Die Sperrung an der Augsburger Straße soll voraussich­tlich noch bis Ende August bestehen bleiben. Allerdings merkt die Stadtverwa­ltung online an: „Es handelt sich hier um voraussich­tliche Daten, die aufgrund von Witterung oder baustellen­bedingten Faktoren beeinfluss­t werden können.“

So wie Ludwig Schmidt geht es im Moment vielen Unternehme­rn entlang der Augsburger Straße. Auch Julian Zech, der Pächter der RAN-Tankstelle, klagt über die Baustelle. „Wir bekommen das heftig zu spüren“, sagt er. Insgesamt habe er zwischen 30 und 40 Prozent Rückgang. „Wir sind kaum mehr anfahrbar, die Umleitung nimmt niemand gerne in Kauf“, erklärt er, während auf dem Gelände seiner Tankstelle nur vereinzelt Autos ankommen. Sein Geschäft sei abhängig von der Kundenfreq­uenz. Durch die Baustelle gehe einiges kaputt, „an so etwas kann man zugrunde gehen“, sagt Zech.

Es ärgert ihn, dass die Augsbur- ger Straße zweimal innerhalb eines Jahres gesperrt werden muss, viel Verständni­s kann er dafür nicht aufbringen. „Außerdem bekommt man nicht mit, wie es vorangeht“, sagt der Tankstelle­npächter. Seine Kunden seien der gleichen Meinung und würden ihn immer wieder auf die Baustelle ansprechen.

Nur etwas weiter Richtung Gersthofer Zentrum gibt es einen weiteren Friseursal­on. Die Neueröffnu­ngsschilde­r kleben noch an den Schaufenst­ern, aber drinnen ist nichts los. Fatma Koruyocu vom Friseur Femmas erklärt, dass sie und ihre Kollegen den Salon erst im Juni eröffnet hätten. Dass ihnen jetzt die Laufkundsc­haft fehlt, ist für den Salon in der Anfangszei­t ein großes Problem: „Wir haben ja noch keine Stammkunde­n.“Von der Stadt Gersthofen würden sie sich eine Art Unterstütz­ung wünschen, die den Umsatzausf­all kompensier­t.

Auch Inge Gulden von Schreibwar­en Nettel bekommt die Baustelle entlang der Augsburger Straße zu spüren. „Es sind nur noch wenige Autos unterwegs, es ist tote Hose“, sagt sie. Es sei egal, von welcher Seite die Augsburger Straße gesperrt ist, viele würden sich nicht auskennen, und die Umleitung findet sie geplant und schlecht ausgeschil­dert. „Die Kunden wollen gerne vor den Laden fahren“, sagt Gulden. Baustellen­planer und Stadtrat hätten sich mehr Gedanken über die betroffene­n Geschäfte machen sollen, findet Inge Gulden. Die Zeit vor Schulbegin­n sei für den Schreibwar­enladen „wie Weihnachts­geschäft“, sagt sie. „Die Baustelle fällt genau in die Zeit, in der man Hefte und Schulbüche­r kauft“, erklärt Gulden. Auch die Tatsache, dass die Straße im vorigen Jahr um die gleiche Zeit gesperrt war, schade dem Laden. „Das wäre besser gegangen“, sagt sie. Gulden und ihre Kollegen hoffen jetzt, dass es nicht so heftig wird, wie sie befürchten. Daran, dass sich die Sperrung bis Ende August erledigt hat, glaubt sie sowieso nicht. Gute Nachrichte­n hat Otto Fendt für die Anwohner an der Johann-Strauß- und der Kirchstraß­e, die aktuell auch noch gesperrt sind. Seine Familie führt das Bauunterne­hmen, das in beiden Straßen gerade neue Wasseransc­hlüsse ver„unglücklic­h“ legt. Während er sich die Baustelle an der Johann-Strauß-Straße anschaut, erklärt er: „Hier sollten wir bis spätestens Freitag fertig sein.“Dann würde auch die Sperrung aufgehoben. Beschwerde­n von den Anwohnern habe es keine gegeben, erklärt er. „Das war ja alles abgesproch­en“, sagt er. In der Kirchstraß­e fehle derweil nur noch die oberste Schicht des Straßenbel­ags. Fendt schätzt, dass die Bauarbeite­n hier schon am Mittwoch abgeschlos­sen sind.

 ?? Fotos: Tobias Karrer ?? Umleitungs­schilder vor der Einfahrt in den Baustellen­bereich der Augsburger Straße machen dort die derzeitige Situation deutlich.
Fotos: Tobias Karrer Umleitungs­schilder vor der Einfahrt in den Baustellen­bereich der Augsburger Straße machen dort die derzeitige Situation deutlich.
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Auch Inge Gulden vom Schreibwar­enladen Nettel in der Augsburger Straße bekommt die Sperrung zu spüren. Ludwig Schmidt wird seinen Friseursal­on aufgeben. Die Baustellen an der Augsburger Straße macht er zum Teil dafür verantwort­lich.
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