Augsburger Allgemeine (Land West)

Die versteckte Gefahr im Maisfeld

In Gablingen wird in einem Feld eine mit Metallteil­en präpariert­e Tüte gefunden. Die Anschläge nehmen in der gesamten Region zu, der finanziell­e Schaden ist enorm

- VON MATTHIAS SCHALLA

Landkreis Augsburg Die Maisernte im Augsburger Land ist in vollem Gange. Rund die Hälfte aller Felder sind bereits abgeerntet. Doch nun hat es den ersten Anschlag auf einen Maishäcksl­er gegeben. Wie die Polizei mitteilt, hat eine Spaziergän­gerin am Samstag in einem Maisfeld im Gemeindege­biet Gablingen eine verdächtig­e Mülltüte gesehen, die an einer Pflanze hing. Die Frau rief daraufhin sofort die Polizei, die den Landwirt informiert­e. Gerade noch rechtzeiti­g, denn die Tüte war mit Metallstüc­ken präpariert.

Bereits im vergangene­n Jahr hat es im Augsburger Land mehrfach Anschläge auf Maishäcksl­er gegeben. Die Vorgehensw­eise der unbekannte­n Täter ist dabei immer gleich. Mit Kabelbinde­rn werden Metallstüc­ke knapp über dem Boden an die Pflanze gebunden. Vom Sitz der Erntemasch­ine aus sind die Teile für den Landwirt nicht zu sehen. Erfassen die Schneidmes­ser solch ein Metallteil, ist der Schaden am Häcksler enorm. „Eine Reparatur kann sich schnell auf mehrere 10 000 Euro belaufen“, sagt Thomas Graupner, der Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Bauernverb­ands aus Augsburg. Und nicht nur das. „Durch die herumflieg­enden Metallspli­tter besteht sogar Gefahr für Leib und Leben“, warnt Graupner.

Anschläge auf Maishäcksl­er nehmen seit einiger Zeit bayernweit zu. Dabei scheint sich vor allem der Raum Wolferstad­t im Landkreis Donau-Ries zu einem der Schwerpunk­te zu entwickeln. Hier haben zwei Landwirte innerhalb weniger Tage mit ihrem Häcksler Metallstan­gen erfasst, die im Feld versteckt waren und ins Schneidwer­k geraten sind. Bereits im Jahr 2016 war es in der Gegend zu einer ganzen Serie von gleich gelagerten Anschlägen auf die Maisernte mit sehr hohem Sachschade­n gekommen. Nach umfangreic­hen polizeilic­hen Ermittlung­en konnte kein Tatverdach­t erhärtet werden, im Folgejahr 2017 blieb es in diesem Bereich auch ruhig. „Möglicherw­eise fühlt sich der mutmaßlich gleiche Täter wieder sicher genug, um seine Anschlagss­erie wieder aufzunehme­n“, vermutet Magnus Kastenhofe­r, Sprecher der Polizeiins­pektion Donauwörth.

Wer hinter diesen Anschlägen auch im Augsburger Land steckt, ist unklar. „Es ist auf jeden Fall eine ganz fiese Masche“, sagt Graupner und vermutet, dass es sich um einen Protest gegen die Monokultur handeln könnte. „Niemand will ein Atomkraftw­erk in seiner Nähe haben“, sagt er. Pflanze man jedoch Mais als nachwachse­nden Rohstoff für Biogasanla­gen an, gebe es ebenfalls Widerstand. Schwerpunk­t sei im Augsburger Land allerdings immer noch der Anbau von Futtermais. Und hier ist die Ernte in vollem Gange.

Im Gegensatz zum Biomassema­is kann der Futtermais, bei dem nur das Maiskorn gedroschen wird, länger stehen bleiben. „Hier macht es auch nichts aus, wenn die Pflanzen bereits braun werden“, erklärt Graupner. Beim Mais für die Energieerz­eugung sei jedoch eine gewisse Restfeucht­e zur besseren Nachverdic­htung erforderli­ch. Hier habe die Ernte daher schon vor einigen Wochen begonnen. „Vor allem entlang des Lechs musste in diesem Jahr aufgrund des heißen und trockenen Sommers früher begonnen werden“, so Graupner. In den Stauden mit den fetteren Böden hätte der Mais länger stehen bleiben können.

Graupner hofft, dass es zu keinen weiteren Anschlägen im Landkreis kommt. Die Felder, die jetzt noch abgeerntet werden, seien relativ gut einsehbar. Das Risiko der Entdeckung steige somit für die Saboteure. Zudem seien die Landwirte bereits sensibilis­iert. Bereits beim kleinsten unregelmäß­igen Geräusch würde jeder Fahrer sofort stoppen, um die Schäden möglichst gering zu halten. In Mittelfran­ken hat es laut Polizei allerdings seit Mai mindestens acht Anschläge gegeben mit einem Gesamtscha­den von rund 120 000 Euro. Der Schaden trifft laut Graupner jedoch wie so oft die Falschen. „Meist handelt es sich bei den Erntemasch­inen um Lohnuntern­ehmer, die durch einen Defekt am Fahrzeug schmerzhaf­te finanziell­e Einbußen hinnehmen müssen.“

Zudem sei nicht nur der Landwirt betroffen, sondern die gesamte Mannschaft, vom Fahrer des Radladers, des Verdichter­s bis hin zu denen von Fahrzeugen für den Abtranspor­t. Und ein einziges Metallstüc­k würde den gesamten Ablauf für längere Zeit stilllegen. Die gefundene Mülltüte bei Gablingen wurde daher auch nicht einfach entsorgt, sondern für die Spurensich­erung sichergest­ellt. Die Ermittlung­en laufen.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Anschläge auf Maishäcksl­er nehmen seit einigen Jahren zu. Mit Kabelbinde­rn befestigen die Täter Metallteil­e knapp über dem Boden an den Pflanzen. Der Schaden beläuft sich schnell auf mehrere Zehntausen­d Euro.
Foto: Marcus Merk Anschläge auf Maishäcksl­er nehmen seit einigen Jahren zu. Mit Kabelbinde­rn befestigen die Täter Metallteil­e knapp über dem Boden an den Pflanzen. Der Schaden beläuft sich schnell auf mehrere Zehntausen­d Euro.

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