Augsburger Allgemeine (Land West)
Die versteckte Gefahr im Maisfeld
In Gablingen wird in einem Feld eine mit Metallteilen präparierte Tüte gefunden. Die Anschläge nehmen in der gesamten Region zu, der finanzielle Schaden ist enorm
Landkreis Augsburg Die Maisernte im Augsburger Land ist in vollem Gange. Rund die Hälfte aller Felder sind bereits abgeerntet. Doch nun hat es den ersten Anschlag auf einen Maishäcksler gegeben. Wie die Polizei mitteilt, hat eine Spaziergängerin am Samstag in einem Maisfeld im Gemeindegebiet Gablingen eine verdächtige Mülltüte gesehen, die an einer Pflanze hing. Die Frau rief daraufhin sofort die Polizei, die den Landwirt informierte. Gerade noch rechtzeitig, denn die Tüte war mit Metallstücken präpariert.
Bereits im vergangenen Jahr hat es im Augsburger Land mehrfach Anschläge auf Maishäcksler gegeben. Die Vorgehensweise der unbekannten Täter ist dabei immer gleich. Mit Kabelbindern werden Metallstücke knapp über dem Boden an die Pflanze gebunden. Vom Sitz der Erntemaschine aus sind die Teile für den Landwirt nicht zu sehen. Erfassen die Schneidmesser solch ein Metallteil, ist der Schaden am Häcksler enorm. „Eine Reparatur kann sich schnell auf mehrere 10 000 Euro belaufen“, sagt Thomas Graupner, der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands aus Augsburg. Und nicht nur das. „Durch die herumfliegenden Metallsplitter besteht sogar Gefahr für Leib und Leben“, warnt Graupner.
Anschläge auf Maishäcksler nehmen seit einiger Zeit bayernweit zu. Dabei scheint sich vor allem der Raum Wolferstadt im Landkreis Donau-Ries zu einem der Schwerpunkte zu entwickeln. Hier haben zwei Landwirte innerhalb weniger Tage mit ihrem Häcksler Metallstangen erfasst, die im Feld versteckt waren und ins Schneidwerk geraten sind. Bereits im Jahr 2016 war es in der Gegend zu einer ganzen Serie von gleich gelagerten Anschlägen auf die Maisernte mit sehr hohem Sachschaden gekommen. Nach umfangreichen polizeilichen Ermittlungen konnte kein Tatverdacht erhärtet werden, im Folgejahr 2017 blieb es in diesem Bereich auch ruhig. „Möglicherweise fühlt sich der mutmaßlich gleiche Täter wieder sicher genug, um seine Anschlagsserie wieder aufzunehmen“, vermutet Magnus Kastenhofer, Sprecher der Polizeiinspektion Donauwörth.
Wer hinter diesen Anschlägen auch im Augsburger Land steckt, ist unklar. „Es ist auf jeden Fall eine ganz fiese Masche“, sagt Graupner und vermutet, dass es sich um einen Protest gegen die Monokultur handeln könnte. „Niemand will ein Atomkraftwerk in seiner Nähe haben“, sagt er. Pflanze man jedoch Mais als nachwachsenden Rohstoff für Biogasanlagen an, gebe es ebenfalls Widerstand. Schwerpunkt sei im Augsburger Land allerdings immer noch der Anbau von Futtermais. Und hier ist die Ernte in vollem Gange.
Im Gegensatz zum Biomassemais kann der Futtermais, bei dem nur das Maiskorn gedroschen wird, länger stehen bleiben. „Hier macht es auch nichts aus, wenn die Pflanzen bereits braun werden“, erklärt Graupner. Beim Mais für die Energieerzeugung sei jedoch eine gewisse Restfeuchte zur besseren Nachverdichtung erforderlich. Hier habe die Ernte daher schon vor einigen Wochen begonnen. „Vor allem entlang des Lechs musste in diesem Jahr aufgrund des heißen und trockenen Sommers früher begonnen werden“, so Graupner. In den Stauden mit den fetteren Böden hätte der Mais länger stehen bleiben können.
Graupner hofft, dass es zu keinen weiteren Anschlägen im Landkreis kommt. Die Felder, die jetzt noch abgeerntet werden, seien relativ gut einsehbar. Das Risiko der Entdeckung steige somit für die Saboteure. Zudem seien die Landwirte bereits sensibilisiert. Bereits beim kleinsten unregelmäßigen Geräusch würde jeder Fahrer sofort stoppen, um die Schäden möglichst gering zu halten. In Mittelfranken hat es laut Polizei allerdings seit Mai mindestens acht Anschläge gegeben mit einem Gesamtschaden von rund 120 000 Euro. Der Schaden trifft laut Graupner jedoch wie so oft die Falschen. „Meist handelt es sich bei den Erntemaschinen um Lohnunternehmer, die durch einen Defekt am Fahrzeug schmerzhafte finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.“
Zudem sei nicht nur der Landwirt betroffen, sondern die gesamte Mannschaft, vom Fahrer des Radladers, des Verdichters bis hin zu denen von Fahrzeugen für den Abtransport. Und ein einziges Metallstück würde den gesamten Ablauf für längere Zeit stilllegen. Die gefundene Mülltüte bei Gablingen wurde daher auch nicht einfach entsorgt, sondern für die Spurensicherung sichergestellt. Die Ermittlungen laufen.