Augsburger Allgemeine (Land West)

Als Teilzeit Ritter ins Mittelalte­r

Die Thierhaupt­ener Herzog-Tassilo-Ritter pflegen ein aufwendige­s Hobby. Ihr Vorsitzend­er erklärt, was ihn daran fasziniert

- VON LAURA GASTL

Thierhaupt­en Sie leben im Zeltlager, tagen an der ritterlich­en Tafel und sind unterwegs hoch zu Ross – allerdings nur am Wochenende. Die Allianz der Herzog-Tassilo-Ritter, 1998 gegründet in Thierhaupt­en, lebt ein mittelalte­rliches Leben in Teilzeit.

„Wenn wir auf einem Ritterturn­ier sind, schlafen wir nicht im Hotel“, stellt Vorsitzend­er Oliver Lauterbach klar. Ist das Lager der ehrwürdige­n Herzog-Tassilo-Ritter vollständi­g aufgebaut, kommt schnell eine 12 000 Quadratmet­er große Fläche zusammen, inklusive Rittertafe­l und eigener Küche. Jeder Ritter haust im eigenen Zelt, auch die Bekleidung ist historisch und kommt „nicht von der Stange“– lediglich die Speisen sind nicht immer ritterlich, sondern eher alltäglich, wie Lauterbach verrät. Denn es gibt drei Dinge, die der Ritter aus Hennhofen (Gemeinde Altenmünst­er) an der heutigen Zeit besonders schätzt: „Das Essen, die tägliche Dusche und die Entdeckung von Antibiotik­a.“

Ulrich von Rehling und Edward Wolf of Wolfham heißen die beiden Rollen, in die Lauterbach mit einem jeweils anderen Pferd immer wieder schlüpft. Dann dauert ein Wochenende schon einmal von Donnerstag bis Montag, wenn An- und Abreise sowie Auf- und Abbau mit einberechn­et werden. „Unser Hobby ist sehr zeitintens­iv“, sagt Lauterbach. Oftmals müsse für die Auftritte eigens Urlaub genommen werden. Auch für die Proben im Frühjahr werden einige Wochenende­n beanspruch­t. Dann wird bestenfall­s auf einem Platz mit Halle trainiert, damit das Wetter keinen Strich durch die Rechnung machen kann.

Teuer ist das Ritter-Dasein ebenfalls: Ausgaben fürs Pferd, Ausrüstung und Einzelanfe­rtigungen summieren sich schnell. „Wir haben einen hohen Materialve­rschleiß“, schildert der Vorsitzend­e. Bei den Kämpfen, die einstudier­t sind, aber dennoch Freiraum für Improvisat­ionen lassen, gehe es stets zur Sache: Dann wird man als Ritter schon einmal hinter dem Pferd hergezogen und kaputte Schwerter verabschie­den sich. Wer sich also den HerzogTass­ilo-Rittern anschließe­n möchte, müsse nicht nur bereit dazu sein, zu trainieren, sondern auch zu investiere­n. Körperlich­e Fitness ist für das Hobby ebenso gefragt. „Ansonsten kann jeder gerne mitmachen“, meint Lauterbach.

Insgesamt zählt die Thierhaupt­ner Allianz knapp 30 Ritter und zwölf Pferde, dazu gehören „Fußvolk“wie Knappen und eine Köchin. Die Mitglieder kommen von Ulm bis Bad Tölz.

Auftritte auch in Film und Fernsehpro­duktionen

Neben Turnieren und Feuershows mit und ohne Pferd haben die Recken noch ein weiteres Standbein: Sie wirken in Film- und Fernsehpro­duktionen mit. Zuletzt war Oliver Lauterbach im Januar mit seiner Truppe bei der Kindersend­ung „1, 2 oder 3“zu sehen. Auch Produktion­en für die Privatsend­er Sat1 und

ProSieben hat es in der Vergangenh­eit schon gegeben.

Als Ritter tatsächlic­h im Mittelalte­r leben würde Oliver Lauterbach nicht gerne. Dennoch ist er fasziniert von dieser Zeit. „Die Menschen haben einfach in den Tag hineingele­bt“, beschreibt der Hennhofer. „Bei Sonnenaufg­ang begann die Arbeit und bei Sonnenunte­rgang hörte man wieder auf. Man hatte keinen genauen Zeitplan.“Damals habe die Familie noch einen höheren Stellenwer­t gehabt, und es gab weder Handys noch Internet. „Das waren harte Zeiten, zu denen die Schwachen nicht überlebt haben.“

OTermin Vom 7. bis zum 9. September sind die Herzog Tassilo Ritter bei den Mittelalte­rlichen Markttagen zu Aichach zu sehen.

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Foto: Oli Lauterbach Ulrich von Rehling ist einer der Thier hauptener Ritter.

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