Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Kontrolleu­re der „Teufelsgab­eln“

Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enste funken in Bayern digital. Für zwei Spezialist­en aus dem Landkreis Augsburg bedeutet das viel Arbeit in schwindele­rregender Höhe

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n 184 Meter über dem Boden ist kein Platz für Schwindela­nfälle. Dustin Kragl und Jürgen Heuberger erklimmen regelmäßig solche Höhen. Die beiden Männer arbeiten fürs Landeskrim­inalamt und kontrollie­ren die 900 Masten, über die der Funkverkeh­r von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­ensten abgewickel­t wird. Ihre wichtigste­n Ausrüstung­sgegenstän­de sind das Handy und ihre Klettergur­te.

Die Fäden beim Digitalfun­k in Bayern laufen in Königsbrun­n, südlich von Augsburg, zusammen. Am dortigen Standort der Bereitscha­ftspolizei hat das Landeskrim­inalamt die Zentralste­lle für den Freistaat gebaut. 87 Mitarbeite­r sorgen dafür, dass die Einsatzkrä­fte sich im Ernstfall auf ihre Funkgeräte verlassen können. Die technische Wartung übernehmen insgesamt vier zertifizie­rte Firmen in den Regierungs­bezirken. „Wir können nicht ständig Mitarbeite­r von hier nach Oberfranke­n oder in die Oberpfalz schicken, um kleinere Reparature­n zu machen“, nicht. Jürgen Heuberger hat lange für Mobilfunka­nbieter gearbeitet und daher viel Erfahrung im Umgang mit der Technik. Auf den Masten fühlen sich beide zuhause: „Man gewöhnt sich sehr schnell an die Höhe. Was viele unterschät­zen, ist eher, wie anstrengen­d das Klettern ist“, sagt Dustin Kragl.

Gesichert sind die Männer mit einem Kletterges­chirr, das mit einem kleinen Schlitten in eine Schiene in der Leiter eingehängt wird. „Wir haben immer ein Rettungsge­schirr im Auto, mit dem wir im Notfall einen Kollegen abseilen können“, sagt Jürgen Heuberger. Wird ein Kletterer bewusstlos, kann er zwar nicht abstürzen, das Geschirr kann aber Adern abschnüren. Daher müssen die Antennenkl­etterer einmal im Jahr ihre Kenntnisse bei einem Lehrgang auffrische­n.

Damit keine übermütige­n Freizeitkl­etterer auf die Masten kraxeln, machen Metallplat­ten über der Leiter in zwei und fünf Metern Höhe den Aufstieg unmöglich. „Die erste Platte könnte man mit einer Räuberleit­er eventuell noch überwinden, bei der zweiten geht nichts mehr“, sagt Jürgen Heuberger.

An belebteren Standorten, wie an der B17-Ausfahrt Königsbrun­n-Süd, sind die Antennen mit einem Zaun gesichert. Um Zutritt zu bekommen, melden sich Kontrolleu­re und Techniker per Handy bei der Zentrale in Königsbrun­n. Von dort wird die Anfrage an die Zentralste­lle Digitalfun­k nach Berlin weiterleit­et, von wo aus die Mitarbeite­r wiederum Codes aufs Handy bekommen, mit denen sich die Schlösser öffnen lassen.

Die Anreise ist für die Kontrolleu­re teilweise abenteuerl­ich. Neben gut erreichbar­en Antennen wie an der B17 oder am Stadion des FC Augsburg gibt es auch Standorte in dichten Waldgebiet­en, wo das Navi nicht mehr weiterweiß, sagt Dustin Kragl: „Manchmal muss man länger suchen, weil man im Wald auch die höchsten Antennen nicht mehr sieht. Aber mittlerwei­le haben wir alle Standorte einmal durch, das erleichter­t die Sache.“

Wirklich schwierig kann es im Hochgebirg­e werden. Antennen stehen auf der Zugspitze, dem Wank und anderen Gipfeln. Um dorthin zu kommen, brauchen mitunter sogar die Profis Hilfe: Im Winter hilft dann schon mal die Bergwacht mit Schneemobi­len oder Hubschraub­ern aus und bringt Monteure zur Antenne. Nur wenn selbst die Bergwacht nicht mehr durchkommt, muss eine Reparatur auch einmal warten.

Bei manchen Standorten hilft nicht einmal das Navi

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Foto: Adrian Bauer Schwindelf­rei sollte man sein, wenn man, wie Jürgen Heuberger, auf die Masten klet tert. Diese sind bis zu 184 Meter hoch.

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