Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburgs Chefdirigent hat eine Mission
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Wie schaut das ideale Publikum aus? Wer im Parkett sitzt, stellt sich diese Frage wahrscheinlich nicht so oft, solange man dem, worum es geht (Kino, Theater oder Konzert) ungestört folgen kann. Man kommt ja nicht für die Zuschauer, sondern die Vorstellung.
Aus der Sicht von Veranstaltungsmachern schaut das schon anders aus. Da stellen sich plötzlich viele Fragen, selbst wenn die Vorstellungen und Konzerte ausverkauft sind. Wie alt ist das Publikum durchschnittlich und wie durchmischt? Woher kommt es? Wie weit ist es zu fahren bereit und wie viel zu bezahlen?
Generalmusikdirektor Domonkos Héja hat in der vergangenen Spielzeit sein Publikum befragt, um es näher kennenzulernen. Rein musikalisch hat das seinen Niederschlag in den Programmen der kommenden Konzertsaison gefunden. Sich auf inhaltliche Wünsche einzustellen, ist für die Augsburger Philharmoniker relativ leicht.
Viel schwerer wiegt ein anderer Befund. Denn Héja fehlt der Nachwuchs im Konzertpublikum. Als Generalmusikdirektor möchte er nicht einfach nach dem Prinzip Hoffnung darauf bauen, dass die Jugend, die heute nicht kommt, irgendwann später, wenn sie älter ist, ihre Liebe für klassische Musik entdeckt und die Konzertsäle füllt.
Und wahrscheinlich hat er recht, dass die klassische Musik und ihre Aufführungen heute aus sich selbst heraus, einfach weil es sie und diese Tradition gibt, nicht mehr selbstverständlich die neuen Generationen erreichen wird. Denn auch in diesem Bereich macht sich der gewaltige Wandel, in dem sich die ganze Welt durch die fortgesetzte technische Revolution befindet, spürbar. Tradition allein ist kein Garant. Und das lieb gewonnene von gestern, kann morgen schon aussortiert sein, weil es nicht mehr benötigt wird. Angesichts dessen ist es völlig konsequent, dass Héja das Begeistern des Nachwuchses als Mission begreift. Nur mit so viel Entschlossenheit hat er überhaupt eine Chance.
*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.