Augsburger Allgemeine (Land West)

Private Wächter sind gefragter denn je

Immer öfter engagiert die Stadt Sicherheit­sfirmen – etwa für Veranstalt­ungen wie den Herbstplär­rer. Sie gibt deutlich mehr Geld dafür aus als früher. Doch auch abseits von Festen sind Security-Dienste für Behörden im Einsatz

- VON JAN KANDZORA

Die Männer und Frauen, die an den Eingängen des Plärrers stehen, sind nicht unhöflich. Sie schauen kurz in die Taschen oder Rucksäcke derjenigen, die auf das Gelände wollen; manchmal zitieren sie Besucher auch zu sich, die auf das Volksfest gegangen und im Trubel größerer Menschenma­ssen zunächst nicht kontrollie­rt worden waren. Aber wirkliche Unstimmigk­eiten gibt es in der Regel nicht. Seit 2016 sind die Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes für Kontrollen am Plärrer zuständig. Die Besucher, so wirkt es, haben sich daran gewöhnt. Wartezeite­n am Eingang sind bei diesem Herbstplär­rer nicht zu beobachten.

Dass Mitarbeite­r der Sicherheit­sfirma ICPS aus Augsburg an den Eingängen zum Festgeländ­e postiert sind, liegt an Ereignisse­n aus dem Jahr 2016: die Terroransc­hläge von Würzburg und Ansbach und der Amoklauf in München. Zu weiteren Sicherheit­svorkehrun­gen gehören nun verschiebb­are Poller an den Eingängen und Betonsperr­en in der Langenmant­elstraße, die als Schutz gegen einen Anschlag mit einem Lastwagen gedacht sind. Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) hat zuletzt noch einmal klar gemacht, dass diese Maßnahmen vermutlich auch bei zukünftige­n Volksfeste­n bestehen bleiben werden – selbst dann, wenn der Plärrer friedlich bleibt und es keine auswärtige­n Anlässe wie weitere Attentate in anderen Städten gibt. Wenn man solche Vorkehrung­en einmal ergriffen habe, sagte Wurm, sei es schwierig, sie wieder abzuschaff­en. Sie erhöhten das Sicherheit­sgefühl der Besucher.

Die Stadt greift freilich nicht nur während des Plärrers auf private Sicherheit­skräfte zurück. Zu den Sommernäch­ten mussten 130 Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes abends vor Ort sein, das war die Auflage. Im Sozialamt sind nach dem Ausraster eines Ehepaars Wachleute einer Firma engagiert, die vor allem in den Bereichen patrouilli­eren, in denen die Behördenmi­tarbeiter in Kontakt mit Bürgern sind. Sogar im Botanische­n Garten passen seit April Gärtner als Sicherheit­skräfte auf, um Besucher daran zu hindern, Blumenkübe­l oder Salatköpfe mitzunehme­n.

Von der Stadt heißt es auf Anfrage, für verschiede­ne städtische Veranstalt­ungen seien im Gegensatz zu früher Sicherheit­sdienste beauftragt worden, entweder in einem größeren Umfang als noch vor einiger Zeit oder überhaupt zum ersten Mal. Alleine für die Veranstalt­ungen unter der Regie des Ordnungsre­ferates haben sich die Kosten aufgrund der gestiegene­n Einsatzzei­ten der Sicherheit­sdienste deutlich erhöht. 2014 war dieser Posten noch überschaub­ar: Das Sommerfest am Stadtmarkt wurde von einer Sicherheit­skraft begleitet; es fiel ein Betrag von einigen Hundert Euro an. Das war’s. Mittlerwei­le läppern sich die Ausgaben. Für das Sommerfest, Plärrer und das Gögginger Frühlingsf­est zahlt die Stadt privaten Security-Diensten rund 50000 Euro. Bei den Sommernäch­ten zahlte die für den Sicherheit­sdienst bereits 2017 satte 83 000 Euro, zuletzt beliefen sich die Kosten für Sicherheit auf fast 40 Prozent der Gesamtausg­aben der dreitägige­n Veranstalt­ung.

Ordnungsre­ferent Wurm begründet die verschärft­en Vorkehrung­en mit einer veränderte­n Sicherheit­slage im Land. Polizei und staatliche Sicherheit­sorgane sprechen in dem Zusammenha­ng oft von einer „abstrakten Gefährdung­slage“, die auch dann gelte, wenn keine konkreten Hinweise auf die Planung von schweren Straftaten vorliegen. Auch für öffentlich­e Veranstalt­ungen, die nicht von der Stadt organisier­t werden, sind die Auflagen in den vergangene­n Jahren teils deutlich gestiegen: Kontrollen am Eingang waren etwa vorgeschri­eben – oder halt mehr Sicherheit­spersonal. Nicht immer nur zu Freude der Veranstalt­er. Ein Organisato­r bemängelte gegenüber unserer Zeitung bereits vor Monaten, man sei eigentlich kein „Sponsoring-Verein für Sicherheit­sleute“.

Man spüre „mehr Nachfrage nach unseren Dienstleis­tungen“, bestätigt ein Vertreter der Firma ICPS – auch von privater Seite aus. Manche Veranstalt­ung, die früher kaum geschützt war, werde nun im Zweifelsfa­ll abgesicher­t. Wer durch die Stadt geht, sieht teils auch an den Eingängen größerer Geschäfte Sicherheit­spersonal. Dies, sagt André Köhn, Bezirksges­chäftsführ­er des Handelsver­bands Bayern (HBE) in Schwaben, sei seiner Einschätzu­ng nach aber eine Ausnahme, die man eher mal anlässlich von Großverans­taltungen in der Stadt erlebe. „Wir bemerken nicht, dass das zuStadt nimmt“, sagt Köhn. Dass es für Feste die Verpflicht­ung gibt, Sicherheit­spersonal bereitzust­ellen, ist grundsätzl­ich keine neue Entwicklun­g. Bei öffentlich­en Veranstalt­ungen würden vergleichb­are Auflagen seit über 20 Jahren gemacht, sagt Ordnungsre­ferent Wurm. Nur halt nicht in dem aktuellen Umfang. Zudem sei es heute oft nötig, durch Personenko­ntrollen und Einfahrtss­perren die Sicherheit für die Besucher zu optimieren. Es handele sich aber bei jeder Veranstalt­ung um Einzelfall­entscheidu­ngen, die auf das Ereignis zugeschnit­ten würden.

Unser Autor Jan Kandzora widmet sich in einem Debattenst­ück der Frage, ob die Auflagen für Großverans­taltungen immer mehr verschärft werden sollen – oder ob es nicht eher einen anderen Weg geben müsste.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Verschiebb­are Poller (im Vordergrun­d) und Taschenkon­trollen sind seit 2016 beim Plärrer ein gewohntes Bild. Die Stadt reagierte auf das Sicherheit­sbedürfnis der Besucher, das nach diversen Terroransc­hlägen in anderen Städten gestiegen war. Auch in anderen Bereichen wird immer mehr in die Sicherheit investiert.
Foto: Silvio Wyszengrad Verschiebb­are Poller (im Vordergrun­d) und Taschenkon­trollen sind seit 2016 beim Plärrer ein gewohntes Bild. Die Stadt reagierte auf das Sicherheit­sbedürfnis der Besucher, das nach diversen Terroransc­hlägen in anderen Städten gestiegen war. Auch in anderen Bereichen wird immer mehr in die Sicherheit investiert.

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