Augsburger Allgemeine (Land West)
„Grabstein zu verschenken“
Der Trend geht zum Gebrauchten. Weshalb eine Frau aus Gablingen tatsächlich einen Grabstein verschenkt
Landkreis Augsburg Es gibt Dinge, die erwartet man auf der Kleinanzeigenseite unserer Zeitung. Gebrauchte Fahrräder zum Beispiel oder ein Klavier. Doch was sich da am Wochenende zwischen einer Anzeige zu einem gebrauchten Wohnzimmertisch und einer alten Orgel versteckte, kam unerwartet. „Grabstein, ohne Gravur und mit viel Zubehör zu verschenken“, stand da. Kurios.
Dahinter steckt Anita Layer aus Gablingen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie einen Grabstein über unsere Zeitung verschenkt. Einmal habe es schon geklappt, versichert die 59-Jährige. Damals ging es um das Grab ihrer Großmutter, das eigentlich aufgelöst werden sollte. „Ich hatte nicht die Zeit, mich immer um das Grab zu kümmern“, sagt Layer. Denn das bedeutet viel Arbeit. Blumen pflanzen, pflegen, gießen. „Dabei brauche ich keinen Grabstein, um an meine tote Oma zu denken“. Und so wollte Layer das Grab ihrer verstorbenen Großmutter eigentlich auflösen. Das sei allerdings nicht günstig. „Da habe ich den Grabstein lieber verschenken wollen“, meint Layer – Selbstabholung versteht sich. Und tatsächlich habe sich schnell ein Abnehmer gefunden, der den Stein mitnahm.
Nun möchte die 59-Jährige auch das rund 40 Jahre alte Grab ihrer Eltern auflösen. Nicht nur den Grabstein möchte Layer deshalb verschenken. Inklusive sind eine Steckvase, Pflanzenringe, ein Kreuz und ein paar Engel. Auch weil der Stein keine Gravur hat, hätten sich schon ein paar Interessenten gemeldet. Einer, erzählt Layer, hätte den Stein gerne für eine Halloweenparty gehabt. Dem sei der Grabstein dann aber zu groß gewesen. Verschenkt hätte Layer ihn gerne an den Mann – auch zu Halloween. „Da kenn ich nix“. Mittlerweile hätten sich aber auch andere Interessenten gemeldet.
Eine die sich mit Grabsteinen auskennt, ist Bettina Eisele. Die Mitarbeiterin des Steinmetz Eisele aus Welden erklärt, dass die Anzeige von Anita Layer kein Einzelfall ist. Häufig komme es allerdings nicht vor, dass Grabsteine verschenkt werden. „Die meisten wollen sie verkaufen“, erklärt Eisele. Empfehlen könne sie das aber nicht. Abgesehen von alten Grabsteinen aus der Zeit um die Jahrhundertwende seien gebrauchte Steine kaum noch etwas wert. Zudem müssten sie – vorausgesetzt sie sollen wieder auf einem Grab stehen – abgeschliffen werden. Und da wird es schwierig. Denn Grabsteine, erklärt Eisele, müssen eine bestimmte Dicke haben.
Je nach Kommune zwischen 14 und 20 Zentimetern. Ansonsten dürfen sie nicht auf einem Friedhof stehen. Muss bei einem gebrauchten Stein zu viel abgeschliffen werden, darf er also nicht mehr verwendet werden.
Eines weiß Anita Layer übrigens schon heute. Sie selbst möchte einmal keinen Grabstein, sondern lieber eine Urnenbestattung. „Da muss sich niemand mehr um den Stein Gedanken machen.“