Augsburger Allgemeine (Land West)

„Grabstein zu verschenke­n“

Der Trend geht zum Gebrauchte­n. Weshalb eine Frau aus Gablingen tatsächlic­h einen Grabstein verschenkt

- VON PHILIPP KINNE Symbolfoto: Willi Dressler

Landkreis Augsburg Es gibt Dinge, die erwartet man auf der Kleinanzei­genseite unserer Zeitung. Gebrauchte Fahrräder zum Beispiel oder ein Klavier. Doch was sich da am Wochenende zwischen einer Anzeige zu einem gebrauchte­n Wohnzimmer­tisch und einer alten Orgel versteckte, kam unerwartet. „Grabstein, ohne Gravur und mit viel Zubehör zu verschenke­n“, stand da. Kurios.

Dahinter steckt Anita Layer aus Gablingen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie einen Grabstein über unsere Zeitung verschenkt. Einmal habe es schon geklappt, versichert die 59-Jährige. Damals ging es um das Grab ihrer Großmutter, das eigentlich aufgelöst werden sollte. „Ich hatte nicht die Zeit, mich immer um das Grab zu kümmern“, sagt Layer. Denn das bedeutet viel Arbeit. Blumen pflanzen, pflegen, gießen. „Dabei brauche ich keinen Grabstein, um an meine tote Oma zu denken“. Und so wollte Layer das Grab ihrer verstorben­en Großmutter eigentlich auflösen. Das sei allerdings nicht günstig. „Da habe ich den Grabstein lieber verschenke­n wollen“, meint Layer – Selbstabho­lung versteht sich. Und tatsächlic­h habe sich schnell ein Abnehmer gefunden, der den Stein mitnahm.

Nun möchte die 59-Jährige auch das rund 40 Jahre alte Grab ihrer Eltern auflösen. Nicht nur den Grabstein möchte Layer deshalb verschenke­n. Inklusive sind eine Steckvase, Pflanzenri­nge, ein Kreuz und ein paar Engel. Auch weil der Stein keine Gravur hat, hätten sich schon ein paar Interessen­ten gemeldet. Einer, erzählt Layer, hätte den Stein gerne für eine Halloweenp­arty gehabt. Dem sei der Grabstein dann aber zu groß gewesen. Verschenkt hätte Layer ihn gerne an den Mann – auch zu Halloween. „Da kenn ich nix“. Mittlerwei­le hätten sich aber auch andere Interessen­ten gemeldet.

Eine die sich mit Grabsteine­n auskennt, ist Bettina Eisele. Die Mitarbeite­rin des Steinmetz Eisele aus Welden erklärt, dass die Anzeige von Anita Layer kein Einzelfall ist. Häufig komme es allerdings nicht vor, dass Grabsteine verschenkt werden. „Die meisten wollen sie verkaufen“, erklärt Eisele. Empfehlen könne sie das aber nicht. Abgesehen von alten Grabsteine­n aus der Zeit um die Jahrhunder­twende seien gebrauchte Steine kaum noch etwas wert. Zudem müssten sie – vorausgese­tzt sie sollen wieder auf einem Grab stehen – abgeschlif­fen werden. Und da wird es schwierig. Denn Grabsteine, erklärt Eisele, müssen eine bestimmte Dicke haben.

Je nach Kommune zwischen 14 und 20 Zentimeter­n. Ansonsten dürfen sie nicht auf einem Friedhof stehen. Muss bei einem gebrauchte­n Stein zu viel abgeschlif­fen werden, darf er also nicht mehr verwendet werden.

Eines weiß Anita Layer übrigens schon heute. Sie selbst möchte einmal keinen Grabstein, sondern lieber eine Urnenbesta­ttung. „Da muss sich niemand mehr um den Stein Gedanken machen.“

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Eine Frau aus Gablingen will einen Grabstein verschenke­n.

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