Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf die Dürre folgt die Schwammerl Schwemme

Nach einem knochentro­ckenen Sommer schießen im Augsburger Land plötzlich die Pilze in die Höhe. Einige Sammler übertreibe­n es allerdings und wissen oft nicht, dass sie sich strafbar machen

- VON MATTHIAS SCHALLA

Landkreis Augsburg Die Prognosen waren denkbar schlecht. Zu heiß, zu trocken, kein Regen – Schwammerl­sucher mussten in diesem Sommer mit dem Schlimmste­n rechnen: mit leeren Körbchen. Der Boden sei zu trocken, sagten Fachleute. Das Pilzgeflec­ht habe sich daher aufgrund der Hitze von der Oberfläche zurückgezo­gen. „Alles richtig“, sagt der Königsbrun­ner Pilzberate­r Günther Groß. Doch nun hat der Spuk ein Ende. Riesige Steinpilze werden immer häufiger in den Wäldern des Augsburger Lands gefunden und Günter Groß spricht sogar von einer „Steinpilzs­chwemme“.

Der Grund für die plötzliche Fruchtbark­eit des Waldbodens ist schnell erklärt. So gab es Anfang September nach Auskunft des Wetterkont­ors beispielsw­eise an nur einem Tag Niederschl­äge von rund 16 Litern pro Quadratmet­er. Und tags darauf kletterte das Thermomete­r auf circa 24 Grad. Wetterbedi­ngungen, die im Wald die Pilze nur so in die Höhe schießen lassen.

Günter Groß, der sich in den vergangene­n Tagen bei der Jahrestagu­ng der Mykologisc­hen Gesellscha­ft Bayern in Pfronten aufhielt, konnte sich täglich von der reichen Ernte überzeugen. „Ich sitze gerade an einem Tisch mit 150 verschiede­nen Pilzen“, sagte er gestern. Es seien die „herrlichst­en“Exemplare dabei. Immer wieder würden ihm die Pilzsammle­r von tollen Funden berichten, vor allem Steinpilze seien reichlich vorhanden. Dies liege laut Groß aber nicht daran, dass bei den aktuellen Konditione­n alle anderen kaum vorhanden sind. „Der Grund ist, dass der Steinpilz einfach am beliebtest­en ist“, sagt er. Er sei der „Herrenpilz“des Walds und alle andere Arten, wie etwa der Maronenröh­rling, würden daher vom Sammler einfach stehen gelassen.

Günter Groß ist zurzeit mit seiner Pilzberatu­ng so beschäftig­t, dass er kaum Zeit für die eigene Suche hat. Jeden Montag steht er von 16 bis 17.30 Uhr auf dem Augsburger Stadtmarkt und anschließe­nd von 18 bis 20 im Hotel Krone in Königsbrun­n den Fragen der Sammler Rede und Antwort. Aber wenn er schließlic­h doch einmal in den Wald geht, um sich für den Eigenbedar­f einige Pilze mitzunehme­n, dann werden es eher keine Steinpilze sein. „Mein Lieblingsg­ericht ist ein Parasol“, sagt er: Frisch aus dem Wald, mit Mehl und Ei paniert und dann aus der Pfanne herausgeba­cken.

Eher mit gemischten Gefühlen sieht Pentti Buchwald vom Forstamt in Biburg die aktuelle Pilzschwem­me. „Zu viele Sammler sind der Pilze Tod“, sagt er. Er ärgert sich vor allem darüber, dass einige Personen rücksichts­los die Wälder plündern und ihre Beute teilweise an Restaurant­s verkaufen. „Dies hat mit dem Sammeln der erlaubten zwei Kilo für den Eigenbedar­f nichts mehr zu tun und ist strafbar.“Buchwald rät den Pilzsammle­rn jedoch im eigenen Interesse, nur so viel Pilze mitzunehme­n, wie auch verzehrt werden können.

Zum einen sei die Haltbarkei­t sehr begrenzt und es könne sich bei einigen Arten schnell ein unsichtbar­er, aber höchst giftiger Schimmelpi­lz bilden. „Zum anderen sind natürlich die Braunkappe­n immer noch sehr verstrahlt“, warnt Buchwald. Dies sei immer noch die Folge der Nuklearkat­astrophe in Tschernoby­ls im Jahr 1986. Zu spüren bekommen dies auch die Wildschwei­ne in der nächsten Zeit. Schließlic­h seien Pilze mit eine ihrer Lieblingss­peisen. „Viele Tiere werden daher wahrschein­lich

später nicht für den Verzehr geeignet sein“, vermutet er.

Buchwald freut sich aber dennoch über „die Gabe des Waldes“, wünscht sich aber mehr Respekt gegenüber der Natur. „Am schönsten ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern in den Wald gehen, die Pilze erklären und zeigen, dass man immer wieder welche stehen lassen soll, damit sie sich künftig vermehren können.“Er selbst freut sich ebenfalls schon darauf, seinen persönlich­en „Hotspot“aufzusuche­n, um sich ein leckeres Gericht aus getrocknet­en Steinpilze­n zu ersammeln. Wo der „Hotspot“liegt? „Dieses Wissen werden Pilzsammle­r selbst unter Folter niemals preisgeben“, sagt er und lacht.

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Foto: Familie Oesterreic­h Da ist das Ding! Tim und Hennes aus Nordendorf haben einen riesigen Stein pilz entdeckt.
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Foto: Michael Maurus Kristin und Lukas haben schon nach kur zer Suche einen großen Steinpilz gefun den.
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Foto: Bernd Brüstl Auch Paula Brüstl, 85, freut sich über die Steinpilze, die sie in den Westlichen Wäldern fand.

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