Augsburger Allgemeine (Land West)

Lange Gesichter im Diesel-Land

Analyse Warum im Landkreis vor allem private Autobesitz­er die Zeche für den Kompromiss zahlen

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Das Augsburger Land ist Diesel-Land. Stolze 37 Prozent der aktuell zugelassen­en Pkw sind nach Angaben des Landratsam­tes Diesel-Fahrzeuge. Und das bedeutet: Zehntausen­de von Autobesitz­ern zwischen Nordendorf und Schwabmühl­hausen, Stadtberge­n und Zusmarshau­sen, bleiben nach den Plänen der Bundesregi­erung auf den Wertverlus­ten ihrer Fahrzeuge sitzen. Denn für sie soll es keine Umtauschpr­ämien oder eventuell Nachrüstan­gebote geben, weil Augsburg nicht zu den 14 Regionen zählt, in denen die Luft besonders schlecht ist.

Auf Ausnahmen können nur die München-Pendler hoffen. Unklar ist dabei, wie viele dieser rund fünfeinhal­btausend Menschen überhaupt mit dem Auto in die Landeshaup­tstadt fahren, und wie viele von ihnen einen Diesel fahren, der EuroNorm fünf oder schlechter hat, und damit über das jetzt vereinbart­e Umtausch-/Nachrüstpr­ogramm zunehmend aus dem Verkehr gezogen werden soll.

Aktuell sind im Landkreis knapp 170 000 Autos zugelassen, von denen wiederum 62 000 Diesel sind. Von diesen sind fast 40 000 EuroNorm fünf (mehr als die Hälfte) oder schlechter. Ihre Halter sind die Betroffene­n der aktuellen Dieselentw­icklung. Ein Blick unter die Motorhaube der Zulassungs­statistik zeigt zudem, dass in vorderster Linie Privatleut­e zu den Leidtragen­den zählen. Denn von den fast 14000 Diesel-Pkw, die gewerblich genutzt werden, haben schon mehr als 9000 die Euro-Norm sechs. Anders sieht es bei der Flotte der privat genutzten Dieselfahr­zeuge aus. Hier stehen knapp 14 000 Euro-NormSechs-Fahrzeugen weit über 30000 der Normen fünf bis drei gegenüber. Die „Diesel-Stinker“mit Abgasnorm zwei oder sogar eins gibt es so gut wie nicht mehr. Aus den Städten und Gemeinden des Augsburger Landes pendeln mehr als 80 000 Menschen zu ihren Arbeitsplä­tzen. Statistisc­hen Erhebungen zufolge setzen fast zwei Drittel der bayerische­n Pendler aufs Auto. Die Fahrt dauert meist nicht lange. Gut die Hälfte muss weniger als zehn Kilometer zurücklege­n, für weitere 31 Prozent ist der Weg zur Arbeit zwischen zehn und 25 Kilometer lang.

Rechnet sich unter diesen Umständen und angesichts der Auswirkung­en des Diesel-Skandals noch der Kauf eines Selbstzünd­ers? Daran scheinen immer mehr Menschen zu zweifeln. Bei den Neuzulassu­ngen gibt es eine deutliche „DieselDell­e“. Hatten in den ersten neun Monaten 2015 noch mehr als 3200 neue Autos, Nutzfahrze­uge und Busse einen Diesel unter der Motorhaube, so waren es heuer weniger als 2800.

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Foto: Marijan Murat, dpa Den Dieselfahr­ern im Augsburger Land stinkt weniger ihr Auto, sondern eher der Berliner Kompromiss.
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