Augsburger Allgemeine (Land West)
Lange Gesichter im Diesel-Land
Analyse Warum im Landkreis vor allem private Autobesitzer die Zeche für den Kompromiss zahlen
Landkreis Augsburg Das Augsburger Land ist Diesel-Land. Stolze 37 Prozent der aktuell zugelassenen Pkw sind nach Angaben des Landratsamtes Diesel-Fahrzeuge. Und das bedeutet: Zehntausende von Autobesitzern zwischen Nordendorf und Schwabmühlhausen, Stadtbergen und Zusmarshausen, bleiben nach den Plänen der Bundesregierung auf den Wertverlusten ihrer Fahrzeuge sitzen. Denn für sie soll es keine Umtauschprämien oder eventuell Nachrüstangebote geben, weil Augsburg nicht zu den 14 Regionen zählt, in denen die Luft besonders schlecht ist.
Auf Ausnahmen können nur die München-Pendler hoffen. Unklar ist dabei, wie viele dieser rund fünfeinhalbtausend Menschen überhaupt mit dem Auto in die Landeshauptstadt fahren, und wie viele von ihnen einen Diesel fahren, der EuroNorm fünf oder schlechter hat, und damit über das jetzt vereinbarte Umtausch-/Nachrüstprogramm zunehmend aus dem Verkehr gezogen werden soll.
Aktuell sind im Landkreis knapp 170 000 Autos zugelassen, von denen wiederum 62 000 Diesel sind. Von diesen sind fast 40 000 EuroNorm fünf (mehr als die Hälfte) oder schlechter. Ihre Halter sind die Betroffenen der aktuellen Dieselentwicklung. Ein Blick unter die Motorhaube der Zulassungsstatistik zeigt zudem, dass in vorderster Linie Privatleute zu den Leidtragenden zählen. Denn von den fast 14000 Diesel-Pkw, die gewerblich genutzt werden, haben schon mehr als 9000 die Euro-Norm sechs. Anders sieht es bei der Flotte der privat genutzten Dieselfahrzeuge aus. Hier stehen knapp 14 000 Euro-NormSechs-Fahrzeugen weit über 30000 der Normen fünf bis drei gegenüber. Die „Diesel-Stinker“mit Abgasnorm zwei oder sogar eins gibt es so gut wie nicht mehr. Aus den Städten und Gemeinden des Augsburger Landes pendeln mehr als 80 000 Menschen zu ihren Arbeitsplätzen. Statistischen Erhebungen zufolge setzen fast zwei Drittel der bayerischen Pendler aufs Auto. Die Fahrt dauert meist nicht lange. Gut die Hälfte muss weniger als zehn Kilometer zurücklegen, für weitere 31 Prozent ist der Weg zur Arbeit zwischen zehn und 25 Kilometer lang.
Rechnet sich unter diesen Umständen und angesichts der Auswirkungen des Diesel-Skandals noch der Kauf eines Selbstzünders? Daran scheinen immer mehr Menschen zu zweifeln. Bei den Neuzulassungen gibt es eine deutliche „DieselDelle“. Hatten in den ersten neun Monaten 2015 noch mehr als 3200 neue Autos, Nutzfahrzeuge und Busse einen Diesel unter der Motorhaube, so waren es heuer weniger als 2800.