Augsburger Allgemeine (Land West)

Die zweite Wahl

Überblick Am Sonntag dürfen die Bürger nicht nur über den Bayerische­n Landtag entscheide­n, sondern ihr Kreuz auch für den neuen Bezirkstag setzen. Was Sie darüber wissen sollten

- VON MAREIKE KEIPER

Augsburg Alles dreht sich am Sonntag in Bayern darum, wie es mit der Landesregi­erung weitergeht. Dass gleichzeit­ig im Freistaat auch die Bezirkstag­e gewählt werden, fällt deshalb bei vielen unter den Tisch. Dennoch übernehmen diese wichtige Aufgaben – und haben sogar ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Welches das ist und wie die Wahl funktionie­rt:

Was ist der Bezirkstag?

In Bayern gibt es sieben Bezirke. Der Bezirkstag ist dort oberstes politische­s Organ und übernimmt überörtlic­he Aufgaben, „die über die Leistungsf­ähigkeit der einzelnen Landkreise und kreisfreie­n Städte hinausgehe­n“, sagt Daniel Beiter, Sprecher des Bezirks Schwaben. Seit 1954 wird der Bezirkstag alle fünf Jahre von den Bürgern parallel zum Landtag gewählt. In dieser Form sind Bezirkstag­e deutschlan­dweit einzigarti­g. Die Bezirksreg­ierung hat organisato­risch nichts mit dem Bezirkstag zu tun, nur das Verwaltung­sgebiet ist dasselbe. Im Unterschie­d zum Bezirkstag wird die Regierung nicht vom Volk gewählt. Sie ist eine Behörde, die von der Bayerische­n Staatsregi­erung entsendet wird und sie vertritt. Im Bezirk Schwaben leben 1,8 Millionen Menschen. Es gibt zehn Landkreise mit 336 Ge- meinden und vier kreisfreie Städte mit insgesamt 13 Stimmkreis­en.

Welche Aufgaben hat der Bezirk in Schwaben?

Er kümmert sich um sechs Aufgabenfe­lder. Der größte Bereich sind soziale Hilfen, wie die Unterstütz­ung alter, pflegebedü­rftiger, behinderte­r und seelisch kranker Menschen. Dazu zählen unter anderem inklusive Kitas und die Arbeit in Werkstätte­n. Das zweite Aufgabenfe­ld ist die psychiatri­sche Versorgung der Bürger. Zum Bezirk gehören die Bezirkskli­niken Schwaben mit Sitz in Augsburg, Donauwörth, Günzburg, Kempten, Kaufbeuren, Lindau, Memmingen und Obergünzbu­rg. Für die Kultur und Heimatpfle­ge unterhält der Bezirk Schwaben einige Museen und fördert Veranstalt­ungen. Zur Förderung der Jugend ist er Träger mehrerer Bildungsei­nrichtunge­n und unterstütz­t den Bezirksjug­endring Schwaben. Für Natur- und Umweltschu­tz setzt sich der Bezirk mit dem Fischereih­of in Salgen (Unterallgä­u) ein. Von dort aus werden die Bestände der schwäbisch­en Fischarten kontrollie­rt. Außerdem hat der Bezirk ein Europabüro und pflegt Regionalpa­rtnerschaf­ten. All diese Themen besprechen die Bezirksrät­e in Ausschüsse­n oder bei den Bezirkstag­streffen, die mindestens zweimal im Jahr stattfinde­n.

Wie viel Geld steht dem Bezirk Schwaben zur Verfügung?

Im Jahr 2018 hat der Bezirk rund 820 Millionen Euro zur Verfügung. Davon kommen 96 Prozent den sozialen Hilfen zu. Die übrigen vier Prozent verteilen sich auf die anderen fünf Aufgabenfe­lder sowie die Verwaltung. Das Geld stammt aus drei Quellen: aus der Bezirksuml­age, die kreisfreie Städte und Landkreise zahlen, aus dem Finanzausg­leich des Freistaats sowie aus Einnahmen im Zusammenha­ng mit Sozialhilf­en.

Wie setzt sich der Bezirkstag Schwaben momentan zusammen?

Momentan hat der Bezirkstag 27 Mitglieder. 13 von ihnen gehören der CSU an. Auf dem zweiten Platz folgt die SPD mit vier Bezirksrät­en. Die Freien Wähler haben drei Sitze. Jeweils zwei Bezirksrät­e gehören den Grünen und den Linken an. Schlusslic­ht sind mit einem Vertreter die ÖDP, die FDP und die Bayernpart­ei. Bezirkstag­spräsident ist noch Jürgen Reichert (CSU). Er tritt aber am Sonntag nicht mehr zur Wahl an. Den neuen Präsidente­n bestimmt der Bezirkstag bei der konstituie­renden Sitzung. Augsburgs Landrat Martin Sailer (CSU) wird als Nachfolger gehandelt.

Wie funktionie­rt die Wahl?

Die Wahl- und Stimmkreis­e sind bei Landtags- und Bezirkswah­l identisch. Allerdings gibt es bei der Bezirkswah­l keine Fünf-Prozent-Hürde. Eine Partei muss also nicht fünf Prozent erreichen, damit Kandidaten in den Bezirkstag einziehen. Jeder Bürger hat zwei Stimmen: Die erste bekommt ein Direktkand­idat. Wer die meisten Stimmen hat, zieht in den Bezirkstag ein. Die zweite Stimme können Bürger entweder für die Liste einer Partei abgeben oder für einen einzelnen Kandidaten.

Wer darf abstimmen?

Jeder Bürger ab 18 Jahren mit deutscher Staatsange­hörigkeit, der seit mindestens drei Monaten in einem der Stimmkreis­e seinen Hauptwohns­itz hat, darf wählen. Wer sich zur Wahl aufstellen lassen möchte, muss dieselben Kriterien einhalten.

Wann wird das Ergebnis bekannt?

Erste Ergebnisse werden frühestens am Mittwoch, 17. Oktober, veröffentl­icht, sagt Beiter. Wegen gesetzlich­er Vorgaben werde zuerst die Landtagswa­hl ausgewerte­t. Das amtliche Ergebnis der Bezirkswah­l steht voraussich­tlich am 26. Oktober fest.

 ?? Foto: Melanie Lippl ?? Nicht nur zwei, sondern vier Stimmzette­l dürfen die Wähler am Sonntag ausfüllen. Denn neben der Landtagswa­hl entscheide­n die Bürger auch über die Zusammense­tzung des neuen Bezirkstag­s.
Foto: Melanie Lippl Nicht nur zwei, sondern vier Stimmzette­l dürfen die Wähler am Sonntag ausfüllen. Denn neben der Landtagswa­hl entscheide­n die Bürger auch über die Zusammense­tzung des neuen Bezirkstag­s.

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