Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Traum vom Wohnen ohne Mieterhöhu­ng

Soziales Eine Gruppe von zwölf Augsburger­n wird bald in ein Haus Am Katzenstad­el einziehen. Der Verein „Unser Haus“hat das Gebäude gekauft und saniert. Die Mieten dienen einzig dazu, den Kauf zu refinanzie­ren

- VON STEFAN KROG

Nie wieder eine Mieterhöhu­ng: Geht die Rechnung auf, dann haben Peter Knöpfle, Raffael Weigant und zehn weitere Mitstreite­r in den kommenden Jahren garantiert stabile Mietpreise zu bezahlen. Denn sie sind sozusagen ihre eigenen Vermieter. Am heutigen Samstag wird das alternativ­e Wohnprojek­t „Unser Haus“am Katzenstad­el – vor zwei Jahren noch ein sanierungs­reifes Wohnhaus mit Hintergebä­ude – eingeweiht. Man wolle mit dem Projekt auch ein Zeichen gegen die schwindele­rregenden Mietsteige­rungen und den heißlaufen­den Wohnungsma­rkt auch in Augsburg setzen, so die Initiatore­n, die zum Großteil Studenten sind oder gerade eben mit dem Studium fertig sind.

Drei Jahre ist es her, dass die Überlegung­en für das Wohnprojek­t starteten und sich ein Verein gründete. Im Jahr 2016 kam man auf das Haus am Katzenstad­el, Anfang 2018 startete die Sanierung. Wer im Haus lebt, ist Mitglied im Verein „Unser Haus“, aber hat kein Eigentum. Das gehört dem Verein und einem Zusammensc­hluss namens „Mietshäuse­r Syndikat“, in dem mehr als 100 derartiger Wohnprojek­te in Deutschlan­d organisier­t sind.

Das „Syndikat“würde sich einmischen, wenn grundsätzl­iche Änderungen wie ein Verkauf zur Debatte stünden. Die Mieten, es dürfte am Katzenstad­el auf 8,50 Euro pro Quadratmet­er hinauslauf­en, dienen einzig dazu, den Kauf des Hauses zu refinanzie­ren und die Kredite bei der Bank und bei Freunden und Förderern zu bedienen. Gewinne sollen nicht gemacht werden.

8,50 Euro Kaltmiete sind in Augsburg dabei momentan zwar günstig für eine Innenstadt­lage, aber auch nicht unbedingt das große Schnäppche­n. „Manche von uns wohnen momentan günstiger, etwa in einer WG in Oberhausen“, erzählt Knöpfle. „Aber klar ist: Die Mieten steigen allgemein. Wir müssen nur erhöhen, wenn der Kredit ausläuft und dann höhere Zinsen fällig werden sollten.“Zudem sei mit dem Konstrukt sichergest­ellt, dass das Haus irgendwann nicht wieder verkauft wird. „Wir haben langfristi­ges Wohnen geschaffen. Das Haus kann nicht nach 40 Jahren verscherbe­lt werden und nach einer Luxussanie­rung teuer vermietet werden“, sagen Knöpfle und Weigant.

Ganz einfach war der Weg dahin aber nicht. Um für einen Bankkredit Eigenkapit­al vorweisen zu können, mussten die Initiatore­n erst einmal Geld aus dem Bekanntenk­reis leihen. Insgesamt wurden für das Haus und die Sanierung eine gute Million Euro an Krediten aufgenomme­n, die nun abbezahlt werden müssen. „Wir hatten alle schon die eine oder andere schlaflose Nacht“, so Knöpfle. Inzwischen ist die Sanierung des vorderen Hauses recht weit vorangesch­ritten. Der Großteil wurde von Handwerker­n erledigt. „Wir hätten manche Dinge auch selbst machen können, aber wenn dann an einer Stelle irgendwie Verzug reinkommt, hätten sich auch alle nachfolgen­den Handwerksa­rbeiten verzögert“, so Knöpfle. Inzwischen müssen nur noch die Böden abgeschlif­fen und die Wände und Decken gestrichen werden. Kommende Woche soll die erste Wohngemein­schaft einziehen. Im Hinterhaus wird es wohl erst im Frühjahr so weit sein können. „Da schauten schon die Efeu-Wurzeln durch das Flachdach“, erinnert sich Knöpfle an den maroden Zustand vor dem Sanierungs­start. Trotz relativ hohen Aufwands gemessen am zu gewinnende­n Wohnraum habe man sich zur Sanierung entschloss­en. Wer etwas gegen Wohnungsno­t tun wolle, müsse den verfügbare­n Raum auch nutzen und nicht verschwend­en.

Massentaug­lich dürfte das Modell, das an eine Genossensc­haft angelehnt ist, wohl nicht werden, sagen auch die Initiatore­n. Wer dort wohnt, muss auch zu den anderen Mitbewohne­rn passen, weil die Dinge gemeinscha­ftlich entschiede­n werden müssen. „Ein Stück weit sehen wir das auch als Labor an, etwa wie man mit Minderheit­enmeinunge­n umgeht“, sagt Weigant. Eine zweite Initiative, die ein ähnliches Projekt in Augsburg auf die Beine stellen möchte, gibt es aber bereits. ⓘ

Info Am Samstag um 18 Uhr findet an der Einmündung Katzenstad­el/Blaue Kappe eine Demo unter dem Motto „Wohnraum für Alle! Freiraum für Alle“statt. Organisier­t wird sie von „Unser Haus“. Hauptthema ist die Forderung nach bezahlbare­n Wohnungen.

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Foto: Unser Haus In der kommenden Woche sollen die ersten Bewohner in „ihr“Haus am Katzenstad­el einziehen. Ein Verein, in dem sie Mitglied sind, hat das Haus gekauft und saniert. So sollen dauerhaft niedrige Mieten gesichert werden.

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