Augsburger Allgemeine (Land West)
Multitalent mit Zahnspange und Riesenbrille
Kabarett Constanze Lindner schaut zwar niedlich aus. Aber sie kann auch anders, wie sie in Wörleschwang beweist
Zusmarshausen-Wörleschwang Wenn Constanze Lindner die Bühne betritt, dann ist gute Laune vorprogrammiert. Ihr Lachen, ihre Heiterkeit steckt an. Man muss sie einfach mögen. Auch wenn sie es nicht lassen kann: Als „Harmonie-Viech“rennt sie los und umarmt Leute im Publikum. „Die armen Deppen in der ersten Reihe, werden Sie jetzt denken.“Nix da, bis zur hintersten Reihe wurde gebusselt. Ja, Harmonie hat sie verbreitet, auch „notfalls mit Gewalt, wenn’s sein muss“, sagt das Multitalent bei ihrem Auftritt im Kultur-Stadl in Wörleschwang. Als Kind sei sie ein ganz hinterlistiges, böses, kleines Monster gewesen. „Ich schau’ zwar niedlich aus, aber lasst Euch nicht täuschen. Keine Gewalt ist auch keine Lösung“, lautet ihr Motto.
Mit ihrem Programm „Jetzt erst mal für immer“hat die waschechte Münchnerin ihr liebenswertes Figurenkabarett ausgepackt: Ob die grantige Oma Walli, die russische Grande Dame Victoria Witchbopp, die selbsternannte Comedy-Kanone Cordula Brödke mit Zahnspange, übergroßer Brille, grüner Wollmütze und suboptimalem Sexappeal – Constanze Lindner ist nicht nur wandlungsfähig, sondern ein echtes Energiebündel. Nur blöd, wer im Kultur-Stadl in der ersten Reihe saß. Der kam bei Constanze Lindner gerade recht, wenn es um „Gruppenkuscheln in Wörleschwang“geht und sie dann gleich auf dem Schoß eines von ihr ausgewählten Besuchers Stefan landet. „Eine Ehe kann ganz schnell vorbei sein, man muss es nur wollen“, sagt sie zu ihm und seiner Frau. Die Stanzerl, wie sie von allen liebevoll genannt wird, ist halt eine Rampensau, und da gehört die Nähe zum Publikum einfach dazu. Das gefällt den Zuschauern.
Ihre schauspielerischen Fähigkeiten setzt Constanze Lindner präzise ein, die Pointen sitzen an der Stelle, wo sie auch sein sollen. Der quirligen Kabarettistin kann ohnehin niemand böse sein, wenn sie mit Unschuldsmiene erklärt: „Früher hat meine Mutter keine Partys gefeiert, nein, es waren Orgien. ’Fifty shades of grey’ ist dagegen Kinderfasching.“Früher war alles anders. Rauchverbot gab es damals nicht einmal auf der Säuglingsstation, erklärt sie. „Verstehen Sie mich nicht falsch. Meine Mutter hat während der Schwangerschaft nicht geraucht, nein, nein – nur gesoffen. Aber auf höchstem Niveau.“Richtig faustdick hinter den Ohren hat es Oma Walli, die permanent unter Schwiegertochter-Intoleranz leidet. Ein bisschen dement ist die Oma leider auch schon. Mit ihrem Mann hat sie zuletzt vor 17 Jahren gesprochen, als er sagte, er holt sich ein Bier aus dem Keller. „Jessas, da müsst ich eigentlich nachschauen.“
Das Multitalent kann aber auch noch mehr, als nur Kabarett und Singen. Obwohl: Ihren Zaubertrick „Die zersägte Jungfrau“konnte sie dann doch nicht vorführen. „Ist eine zersägte Jungfrau im Saal? Ist überhaupt eine Jungfrau hier? Nein? Was seid Ihr denn für ein Jahrgang?“Und noch heute wartet Constanze Lindner darauf, dass der dritte Wunsch in Erfüllung geht. An der Wursttheke in der Metzgerei Schnallenberger sei ihr nämlich ausgerechnet am unsinnigen Donnerstag eine Fee begegnet. Jetzt wohnt sie bei ihr und fresse und fresse. „Wie nennt man ein Tier, wenn’s tot ist und man es trotzdem liebt?“Die Antwort: „Schnitzel.“