Augsburger Allgemeine (Land West)
Eidechsen ziehen selbst um
Biologen kamen am Gersthofer Bahnhof zu spät
Gersthofen Die letzten warmen Sonnenstrahlen im Herbst genießen die Gersthofer Zauneidechsen in ihrem neuen Zuhause. Mit ihrem grünen Bauch und dem braungestreiften Rücken sonnen sich die Reptilien auf den Steinen im neuen Biotop auf dem Gelände der ehemaligen Baumschule Ortolf.
Vor einigen Monaten lebten die europaweit geschützten Tiere noch in einem Wäldchen rund um den abgerissenen alten Gersthofer Bahnhofsbau. Weil die Stadt jedoch das Gelände umgestaltet, musste sie für die Tiere ein neues Zuhause finden und sie dorthin umsiedeln.
Eigentlich sollte ein Team von Biologen den Umzug organisieren, die Tiere einfangen und sie dann am Ortolf-Gelände absetzen. Doch die Zauneidechsen waren schneller. Im Frühsommer machten sie sich selbstständig auf den Weg. Mittlerweile wurden schon einige Exemplare im Biotop gesichtet.
Als die Biologen im August zum geplanten Umzugstermin mit ihren Fanggeräten anrückten, war kein einziges Tier mehr im Wäldchen zu finden. Nach Angaben der Stadt Gersthofen lagen die Biologen dort mehrere Tage und Nächte rund um die Uhr auf der Lauer, doch den Wissenschaftlern ging kein Tier ins Netz. Sie vermuten, dass das Wäldchen bereits so verwildert und zugewuchert
Zahl der betroffenen Tiere ist nur schwer zu schätzen
war, dass die Eidechsen eigenständig loszogen, um sich ein neues Zuhause zu suchen. Wie viele Tiere genau von dem Umzug betroffen waren, kann die Stadt Gersthofen nur schwer schätzen. Während der kalten Monate ziehen sich die Tiere meistens zurück, erst im Frühling werden sie wieder aus ihren Verstecken kommen.
Im Landkreis Augsburg waren die Gersthofer Zauneidechsen in den vergangenen Jahren nicht die einzigen Tiere, die einem Bauvorhaben im Wege standen. Bei der Sanierung der St.-Stephans-Kirche in Dinkelscherben-Häder vor einigen Jahren verzögerten sich die Arbeiten, weil im Dachstuhl Fledermäuse lebten. Und beim Ausbau der Autobahn 8 zwischen Adelsried und Zusmarshausen im Jahr 2014 musste sogar eine ganze Kolonie Waldameisen umsiedeln.