Augsburger Allgemeine (Land West)
100 Jahre nach der Spanischen Grippe: Pandemiegefahr!
Millionen von Menschen starben Anfang des vergangenen Jahrhunderts an der Spanischen Grippe, insgesamt rund ein Drittel der Weltbevölkerung erkrankte an dem Virus. Seitdem sind hundert Jahre vergangen und aus der Epidemie wurden Lehren gezogen. Dennoch ist die Menschheit laut einer neuen Studie auf eine nächste große Grippe-Epidemie schlecht vorbereitet. Die Autoren warnen, der demografische Wandel, Antibiotika-Resistenzen und der Klimawandel könnten die Bekämpfung der Krankheit erschweren, sodass bis zu 150 Millionen Menschen sterben könnten.
„Wir stehen nun Herausforderungen gegenüber wie einer alternden Bevölkerung, Menschen mit Grunderkrankungen wie Fettleibigkeit und Diabetes“, sagt Carolien van de Sandt von der Universität Melbourne. Mit Kollegen hat sie für eine Studie, veröffentlicht im Fachblatt Frontiers in Cellular and Infection Microbiology, einige große Grippe-Epidemien analysiert – und Schlüsse für die Gegenwart gezogen. Ergebnis: Die nächste große Grippe-Epidemie wird anders verlaufen und besonders ältere und chronisch kranke Menschen in den Industrieländern treffen wird. Schließlich gibt es hier besonders viele Übergewichtige und Diabetiker.
Die Forscher sprechen von einer „doppelten Bürde“: Die Ausbreitung eines Grippevirus werde durch weitverbreitete Unterernährung in den Entwicklungsländern sowie durch die Überernährung in reicheren Ländern gefördert. Und auch der fortschreitende Klimawandel könnte sich auf kommende Grippewellen auswirken. Van de Sandt weist darauf hin, dass viele Grippeviren-Stämme sich zuerst in Vögeln entwickeln. Der Klimawandel könne die Flugrouten von Vögeln verändern und damit „potenziell pandemische Viren in neue Orte bringen und potenziell eine größere Bandbreite an Vogelarten“befallen.
Hinzu kommt das Risiko, dass grippegeschwächte Patienten leichter an bakteriellen Infektionen erkranken. Diese können anders als das Grippe-Virus mit Antibiotika behandelt werden. Allerdings werden wegen des massenhaften Einsatzes von Antibiotika in der Medizin und der Tierzucht immer mehr
Megastädte sind ein Risiko, das Internet ist eine Chance
Bakterien resistent. Damit steige das Risiko, dass Menschen bei der nächsten Grippe-Epidemie an bakteriellen Folge-Infektionen sterben.
Es gibt mittlerweile sieben Milliarden Menschen auf der Erde, zahlreiche dicht besiedelte Mega-Städte und einen regen erdüberspannenden Flugverkehr. Das erleichtert die Verbreitung von Grippeviren – und einen universalen Impfstoff gegen die zahlreichen, sich ständig neu entwickelnden Varianten der Grippe gibt es noch nicht. Andererseits könnte etwa die schnelle Kommunikation via Internet im Falle einer Pandemie helfen. Schließlich laute eine der wichtigsten Lektionen aus der Spanischen Grippe, „dass eine gut vorbereitete Reaktion der Öffentlichkeit viele Leben retten kann“. Patrick Galey, afp