Augsburger Allgemeine (Land West)
Hier fehlt nur die FDP
Landtag Die Riege der Abgeordneten aus der Region ist mit der Wahl vom Sonntag größer und bunter geworden. Es hätten sogar noch mehr werden können. Doch es gab eine Überraschung – und auch Verlierer
Region Augsburg Vor mehr als 150 Jahren schlug in Augsburg die Geburtsstunde der bayerischen Sozialdemokratie, heute stellen die Genossen vom Lech nicht einmal mehr einen Landtagsabgeordneten. Denn Harald Güller, der für sie im Augsburger Westen sowie in Neusäß und Gersthofen letztlich mit Erfolg kandidierte, kommt aus Neusäß. Auch bei Augsburgs CSU hat sich etwas Einschneidendes verändert – nur war das schon vor dem Wahlsonntag klar. Bernd Kränzle, seit 1990 als Vertreter der Stadt im Landtag, hat es diesmal nicht mehr geschafft. Als Listenbewerber grüßte der 76-Jährige zwar noch freundlich von vielen Wahlplakaten, doch das war angesichts des Gesamtergebnisses seiner Partei nur eine Abschiedsgeste. Diese zwei Beispiele zeigen: Die Landtagswahl hat die politischen Gewichte in der Region verschoben. Zunächst einmal gibt es mehr Abgeordnete. Aus zehn wurden 14. Und ihre Zusammensetzung ist vielfältiger.
Auf kleinstem Raum sichtbar wird dies weit im Osten von „Greater Augsburg“: Die Gemeinde Merching hat gut 3000 Einwohner, vier Ortsteile und bald zwei Abgeordnete, die auch noch Nachbarn sind. Der erneute Einzug von CSUMann Peter Tomaschko, der seinen Aichach-Friedberg souverän verteidigt hatte, war erwartet worden. Aber die Grüne Christina Haubrich hatten vor dem Sonntag nicht viele auf dem Zettel. Die dreifache Mutter und selbstständige Heilpraktikerin machte auf der Liste zwei Plätze gut und gehört zu den sechs schwäbischen Grünen-Abgeordneten im Maximilianeum. Am Donnerstag hat die Merchingerin ihren ersten Termin mit den neuen Kollegen in München. Haubrichs Erfolg demonstriert ebenso wie der von Max Deisenhofer, dass die Grünen auch auf dem Land punkten können: Der 31-jährige Lehrer aus Augsburg, der aus dem Kreis Günzburg kommt, war im Stimmkreis Augsburg-Land-Süd angetreten und dort auf Anhieb auf Rang zwei in der Wählergunst gekommen.
Komplettiert wird das GrünenQuartett aus der Region von den beiden Augsburgern Stephanie Schuhknecht und Cemal Bozoglu. Schuhknecht – Nachfolgerin von Christine Kamm, die sich freiwillig zurückzog – war mit mehr als 60 000 Stimmen insgesamt die unangefochtene Stimmenkönigin bei Schwabens Grünen, Listenplatz eins hatte bestimmt geholfen. Das gilt auch für Markus Bayerbach. Auf Platz eins der Schwabenliste fielen ihm viele Zweitstimmen zu. Allein im Groß- sammelte der Augsburger Stadtrat fast 28 000 Stimmen.
Dem Biberbacher Johann Häusler reichten dagegen gut 17500 Stimmen zum Wiedereinzug ins Parlament. Der FW-Mann hatte ein wenig zittern müssen, doch das war nichts im Vergleich zu dem Wechselbad der Gefühle vor fünf Jahren. Damals hatte es erst als Nachrücker zu einem Mandat gereicht – dem ersten überhaupt in der Geschichte der Freien Wähler im Augsburger Land. Diesmal sind es sogar zwei: Der erst 29-jährige Fabian Mehring aus Meitingen – bisher Häuslers persönlicher Referent – sitzt jetzt selbst ebenso im Landtag, wo die FW ja ganz gerne mit der CSU zusammenarbeiten würden.
Die Union hat wieder alle fünf Direktmandate „gebucht“. Carolina Trautner, Staatssekretärin aus Stadtbergen, ist ebenso wieder dabei wie Johannes Hintersberger, ehemaliger Staatssekretär aus LechhauStimmkreis sen. Peter Tomaschko haben wir schon erwähnt, noch nicht aber den Neuling im „schwarzen Quintett“: Andreas Jäckel, Stadtrat in Augsburg und bislang Kreissparkassenberater, tritt in Kränzles Fußstapfen. Und da ist auch noch der Senior der Runde: Georg Winter, 67, seit 1990 Abgeordneter und beheimatet in Höchstädt im Kreis Dillingen. Denn Winters Stimmkreis erstreckt sich bis vor die Tore Gersthofens.
Das kam so: Nach der Verkleinerung des Landtags 2003 wurde der Landkreis Augsburg in insgesamt drei Stimmkreise aufgeteilt. Neusäß und Gersthofen sind mit den westlichen Stadtteilen Augsburgs zusammengeworfen worden, der nördliche Teil des Landkreises mit dem Kreis Dillingen. Im Süden dann der eigentliche Stimmkreis AugsburgLand aus dem großen Rest des drittgrößten bayerischen Landkreises. Hinzu kommen noch der Augsburger Stimmkreis Ost und AichachFriedberg.
Für den Wähler mag diese Vielfalt verwirrend sein, den Kandidaten kleinerer Parteien aber eröffnet sie in Kombination mit dem bayeriraum schen Wahlrecht gewisse Möglichkeiten – nach dem Motto: Kandidiere in der Nachbarschaft und sammle daheim Zweitstimmen.
Auch die Stadtberger SPD-Politikerin Simone Strohmayr hat auf diese Weise genügend Stimmen zusammenbekommen, um ein viertes Mal ins Parlament zu rutschen. Mit ihrer Wiederwahl habe sie schon gar nicht mehr gerechnet, räumte Strohmayr ein, die neben Güller das zweite schwäbische SPD-Mandat hat und Augsburgs Ex-OB Paul Wengert (heute Füssen) hinter sich ließ. Schließlich hatte sie in Margarete Heinrich und Herbert Woerlein zwei starke Konkurrenten vor Ort.
Womit wir bei den Verlierern wären. Zu ihnen zählt zweifelsfrei der 60-jährige Woerlein aus Stadtbergen. Nach fünf Jahren im bayerischen Parlament geht es für den SPD-Mann wohl zurück in den Schuldienst. Auch Karlheinz Faller (FDP) verpasste den (erstmaligen) Einzug ins Maximilianeum: Der Spitzenkandidat der schwäbischen Liberalen wurde von der Nummer zwei, Dominik Spitzer aus Kempten, überflügelt. Faller vermutet, dass manchem Augsburger Wähler wohl nicht bewusst gewesen sei, dass sein Wohnort Dasing auch zur Region gehört. Er wäre Abgeordneter Nr. 15 gewesen.