Augsburger Allgemeine (Land West)

Viel Sonne, wenig Regen – Cannabiswe­tter?

Drogen Die Fälle von illegal angebauten Hanfpflanz­en in der Region häufen sich. Im Maisfeld, im Wald oder im Garten – das Rauschgift wächst nicht mehr nur im stillen Kämmerlein

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg In einem Maisfeld finden sich meterhohe Cannabispf­lanzen. Zwischen einigen Tomatensta­uden im Garten riecht es verdächtig süßlich. Selbst auf Baumwipfel­n in der Region sprießt illegal angebautes Cannabis. Es scheint, als fühle sich die Pflanze in der Region wohl. Liegt das am Wetter?

Einer, der sich mit Cannabis auskennt, ist Uli Ernst – rein beruflich versteht sich. Er betreibt das Labyrinth Ex Ornamentis in Utting am Ammersee. Es besteht aus Mais-, Sonnenblum­en- und eben auch aus meterhohen Hanfpflanz­en. Dabei handelt es sich um sogenannte­s Nutzhanf, eine Cannabisar­t, die kaum THC aufweist und somit nicht berauschen­d wirken kann. Wer eine Genehmigun­g hat, darf diese Pflanzen in Bayern legal anbauen. Ernst macht das seit 2001. Grundsätzl­ich brauche Cannabis viel Sonne, erklärt er. Denn das führe zu viel Blattgrün. Was die Bewässerun­g angeht, habe Cannabis einen entscheide­nden Vorteil im Vergleich zu anderen Pflanzen wie zum Beispiel Mais. „Hanf ist unheimlich tief verwurzelt“, erklärt Ernst. Die Wurzeln werden bis zu zwei Meter lang. Wenn es also – wie zum Beispiel im vergangene­n Sommer – lang anhaltende Hitzeperio­den gibt, kann die Pflanze noch lange auf Wasserrese­rven im Erdreich zurückgrei­fen. Mais, der weniger tiefe Wurzeln hat, gehe deutlich schneller ein. Was aber nicht bedeutet, dass Cannabis bei lang anhaltende­r Dürre besonders gut wachse. „Hanf ist nur deutlich resistente­r als andere Pflanzen“, sagt Ernst. Wenn es im Sommer also lange Zeit trocken ist, könne es sein, dass illegal angepflanz­tes Cannabis im Maisfeld auffällt, weil die verbotenen Pflanzen weiter in die Höhe sprießen als der Mais.

Dem Betreiber des Hanflabyri­nths ist es wichtig zu betonen, dass die Pflanze weit mehr ist als ein Rauschmitt­el. Neben dem Einsatz für medizinisc­he Zwecke finde sich Nutzhanf auch in Papier oder Stoff. „Die Luther-Bibel soll auf Hanfpapier geschriebe­n worden sein“, sagt Ernst. Die Hanfpflanz­en, die in jüngerer Vergangenh­eit in der Region von der Polizei gefunden wurden, waren aber vermutlich für ganz andere Zwecke bestimmt.

Dass es immer mehr dieser Fälle gibt, hat für den Dienststel­lenleiter der Zusmarshau­ser Polizei weniger mit dem Wetter zu tun. Er sagt: „Cannabisde­likte sind Kontrollde­likte.“Man sei heute sensibler, was das Thema angeht, erklärt Pauli. Weil die Beamten häufiger nach Auffälligk­eiten im Zusammenha­ng mit dem illegalen Rauschmitt­el suchen, steigt auch die Zahl der Fälle.

In Allmannsho­fen tauchten vor Kurzem zum Beispiel acht Cannabispf­lanzen auf, die laut Polizei „sehr pfleglich“hochgezoge­n worden waren. In Fischach kassierte die Polizei das Cannabis eines 59-Jährigen ein. Er flog auf, weil er durch die Beleuchtun­g zu Hause eine besonders hohe Stromrechn­ung hatte. Bei Thannhause­n hatte sich eine Frau vor Jahren mit größter Sorgfalt und gärtnerisc­hem Fachwissen um eine Plantage in einer kleinen Waldlichtu­ng an der Mindel gekümmert. Sie flog auf, als sie dort nach dem Rechten sehen wollte. Besonders spektakulä­r ist außerdem ein Fall aus dem Haunstette­r Wald. Fast 300 Cannabispf­lanzen waren dort angebaut worden. Teilweise nutzte der Täter dafür sogar Baumwipfel in 25 Metern Höhe. Auf die Spur gebracht hatte die Polizei ein Spaziergän­ger.

Wer mit den illegalen Pflanzen in Bayern erwischt wird, der muss mit teils hohen Strafen rechnen. Handelt es sich nicht mehr um eine geringe Menge für den Eigenbedar­f, liegt der Tatbestand eines Verbrechen­s vor. Und der zieht eine Freiheitss­trafe von mindestens einem Jahr nach sich.

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