Augsburger Allgemeine (Land West)

Liebe zum Bandenchef führt ins Gefängnis

Urteil Eine vierköpfig­e Gruppe wird für mehrere Einbrüche verantwort­lich gemacht – auch für jenen in die Gerfriedsw­elle im Sommer 2016. Nun stand eine 36-jährige Helferin vor Gericht

- VON TOBIAS KARRER

Augsburg Zwei vermummte Gestalten brachen im Juni 2016 in die Gerfriedsw­elle in Gersthofen ein. Mithilfe von Spitzhacke­n verschafft­en sie sich über das Tor zu den Sportplätz­en Zugang und knackten dort einen Zigaretten­automaten auf. Anschließe­nd beschädigt­en sie im Kiosk des Freibads die Kaffeemasc­hine und öffneten mit Gewalt zwei Geldkasset­ten, die insgesamt 400 Euro enthielten. Zusätzlich entstand ein Sachschade­n in Höhe von 11300 Euro.

Einer der beiden Männer ist mittlerwei­le in Haft, der zweite noch auf der Flucht. Er wird mit internatio­nalem Haftbefehl gesucht. Er war der Lebensgefä­hrte der Frau, die am Freitag vor dem Amtsgerich­t Augsburg stand. Die Anklage warf der 36-jährigen Frau vor, Mitglied der vierköpfig­en Bande zu sein. Sie soll das Fluchtauto gefahren und die Einbrüche mitorganis­iert haben. Konkret geht es dabei um ein Telefonges­präch vor der Tat in Gersthofen. Die Angeklagte soll einen vierten Mann für einen Einbruch angeheuert haben. Die Angeklagte, die seit ihrem 19. Lebensjahr in Italien zu Hause ist, sei allerdings nie selbst vor Ort gewesen.

Die Bande soll übrigens nicht nur in Gersthofen aktiv gewesen sein. Die Anklage bezog sich auf drei weitere Einbrüche in Germering.

Der Prozess am Amtsgerich­t Augsburg begann mit einer Verzögerun­g. Es ging um einen Deal. Nach einem langen Rechtsgesp­räch und weiteren Beratungen machte das Gericht der Angeklagte­n ein Angebot: Sie soll ein Geständnis ablegen. Dafür sicherte ihr das Schöffenge­richt zu, sie zu einer Haftstrafe zu verurteile­n, die nicht höher als zwei Jahre und zehn Monate ist. „Damit Sie früher wieder zu ihren Kindern kommen“, erklärte Vorsitzend­er Richter Roland Fink.

Als es um ihre Familie und ihre beiden Kinder ging, wirkte die Frau verzweifel­t: „Ich schäme mich vor meiner Familie und habe die Vorbildfun­ktion gegenüber meinen Kindern verloren“, sagte sie. Außerdem machte sie in ihren Stellungna­hmen klar, dass sie sich in gewisser Weise selbst als Opfer des Bandenführ­ers sieht. Er war ihr Lebensgefä­hrte und ist auch der Vater ihrer zweiten Tochter. Die Beziehung sei für sie „toxisch“gewesen. Der Mann habe sie auch geschlagen. Während der Vernehmung­en durch die Polizei habe sie fürchterli­che Angst davor gehabt, Informatio­nen über ihn preiszugeb­en, erklärte die Frau.

Trotzdem habe sie sich während der Ermittlung­en kooperativ gezeigt, gab Verteidige­rin Annette Wunderlich zu bedenken. Sie habe den Kriminalbe­amten damals zwei Orte in Italien genannt, an denen sich ihr Geliebter, der Haupttäter, aufhalten könnte. Der als Zeuge geladene Polizeibea­mte erklärte allerdings, dass ihre Informatio­nen zu dürftig für eine internatio­nale Zusammenar­beit gewesen seien.

Trotzdem entschied das Schöffenge­richt, die Hilfe bei den Ermittlung­en zugunsten der Angeklagte­n auszulegen. Am Ende wurde sie zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.

In der Urteilsbeg­ründung sprach Richter Roland Fink von „schwerer Kriminalit­ät“, da die Bande nur mit einem Ziel nach Deutschlan­d gekommen sei: Sie wollte stehlen. Zur Angeklagte­n sagte Fink: „Sie sind gefahren, und Sie haben gewusst, was los ist, oder Sie haben die Augen so fest verschloss­en, dass es schon nicht mehr zulässig ist.“Die Rumänin kann nach der Hälfte ihrer Haftstrafe einen Antrag auf Ausweisung stellen. Dann könnte sie den Rest der Strafe in der Nähe ihrer Kinder verbüßen.

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