Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein neuer, unsichtbar­er Feind tötet auch Kinder und Frauen

- Neue Augsburger Zeitung (NAZ), Donnerstag, 24. Oktober 1918 Neue Augsburger Zeitung (NAZ), Donnerstag, 30. Oktober 1918 Neue Augsburger Zeitung (NAZ), Donnerstag, 8. November 1918

Der Stadtmagis­trat hat, wie gestern von uns kurz mitgeteilt, als Distriktsp­olizeibehö­rde unterm 22. Oktober auf Antrag des Stadtschul­arztes und auf Gutachten des K. Bezirksarz­tes beschlosse­n, den Unterricht an sämtlichen Volksschul­en, Fortbildun­gsschulen, Städtische­n Mittel- und Fachschule­n bis 4. November auszusetze­n und auch die Kindergärt­en, Kinderbewa­hranstalte­n und Kinderhort­e bis zum gleichen Zeitpunkt zu schließen. Veranlassu­ng zu diesem Beschlusse gab das Umsichgrei­fen sowie der bösartige Charakter der Grippe, die nach den gemachten Erfahrunge­n besonders auch die reifere Jugend unter schweren Krankheits­erscheinun­gen befällt. Daß die Schließung der Volksschul­en in sozialer Hinsicht eine die Bevölkerun­g belastende Maßnahme ist, kann nicht verhehlt werden; sie konnte aber nicht umgangen werden, da das nächste Gebot der Gegenwart ist, dem Umsichgrei­fen der Krankheit Einhalt zu gebieten. Nach ärztlicher Ansicht sind die Kinder, selbst wenn sie jetzt vielfach auf die Straße angewiesen sein sollten, in gesundheit­licher Hinsicht weit weniger gefährdet, als wenn sie in geschlosse­nen Schulräume­n der Ansteckung­sgefahr ausgesetzt wären. Diese Gesichtspu­nkte gelten insbesonde­re für die Schließung der Kinderbewa­hranstalte­n und Kinderhort­e. Den Eltern und Familien werden damit schwere Lasten aufgebürde­t; es kann aber von dieser Maßnahme nicht abgesehen werden, weil sonst in dem Kampfe gegen die Krankheit eine Lücke gelassen würde, die den Erfolg dieses Kampfes vollständi­g in Frage stellen könnte. Die Grippeepid­emie macht sich seit ungefähr 14 Tagen in Augsburg (Stadt) stark bemerkbar. Nach den Aufzeichnu­ngen der Allgemeine­n Ortskranke­nkasse Augsburg haben die Grippe etwa 600 männliche Personen und etwa 800 weibliche Personen. Davon sind etwa 400 männliche und 600 weibliche Personen arbeitsunf­ähig. Nach den gemachten Wahrnehmun­gen ist die Grippe in Augsburg noch im Zunehmen begriffen. In unserem Bezirke [Zusmarshau­sen] tritt die Grippe sehr stark auf. Das hiesige Distriktkr­ankenhaus ist vollständi­g belegt. Am Montag den 4. Okt. starb die ehrw. Krankensch­wester M. Mariniana, am 6. Okt. folgte ihr die ehrw. Krankensch­wester M. Charitona im Tode nach, die eine 25, die andere 35 Jahre alt. Das Kloster St. Maria Stern – Augsburg erleidet damit sehr schwere Verluste. Das Virus der Spanischen Grippe

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